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Der Ire

Der Ire

Titel: Der Ire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Sie war eine mollige Frau mit blaßblauen, hervorquellenden Augen, und trug ein grünes Hauskleid.
      »Mrs. Jones? Ich bin Chefinspektor Vanbrugh. Dies hier ist Sergeant Dwyer. Ich möchte mich nach einem gewissen Soames erkundigen, der hier bei Ihnen gewohnt hat.«
      »Ich habe dem jungen Mann, der vorhin da war, schon alles genau erzählt, Inspektor!«
      »Vielleicht hat er ein paar Einzelheiten übersehen«, antwortete Vanbrugh geduldig. »Würden Sie uns vielleicht Mr. Soames' Zimmer zeigen?«
      Mrs. Jones ging die Treppe hinauf. »Ich weiß gar nicht, was meine anderen Gäste dazu sagen werden«, jammerte sie. »Mr. Soames ist immer als Gentleman aufgetreten. Angeblich war er Rechtsanwalt, wissen Sie.«
      »Wie lange hat er bei Ihnen gewohnt?«
      »Seit Anfang dieses Jahres. Gerade ein halbes Jahr.« Sie öffnete die Tür am Ende des langen Flurs und ging in das Zimmer voraus. Der Raum war sauber und gemütlich. Im vorderen Teil sah Vanbrugh ein modernes Waschbecken, zwei Einbauschränke und ein breites Bett. Hinter einem als Raumteiler gedachten Bücherbord befanden sich ein offener Kamin, ein Schreibtisch, zwei Sessel und eine Doppeltür, die auf einen kleinen Balkon hinausführte.
      »Scott hat schon alles durchsucht, Sir«, erklärte Dwyer ihm. »Aber er hat nichts Schriftliches gefunden.«
      Vanbrugh zog die Schreibtischschubladen auf. Sie waren leer. »Ein vorsichtiger Mann«, stellte er fest.
      Dwyer hatte inzwischen die Schränke geöffnet und durchsuchte Soames' Garderobe. Vanbrugh half ihm dabei. Aber aus den Taschen kam nichts Wichtiges zutage.
      Mrs. Jones beobachtete die beiden Eindringlinge mit einer Mischung aus Unsicherheit und Entsetzen. Vanbrugh erwartete schon, daß sie einen Haussuchungsbefehl verlangen würde, den er nicht hatte. Deshalb ging er gleich zum Angriff über.
      »Soames ist also am Samstag abgereist, Mrs. Jones?«
      »Ganz recht, Inspektor. Kurz vor dem Mittagessen. Das weiß ich noch gut, weil er gefragt hat, ob er etwas früher essen könne. Er wollte zum Zug.«
      »Ist er mit einem Taxi zum Bahnhof gefahren?« erkundigte Dwyer sich hoffnungsvoll.
      »Nein. Am Ende unserer Straße liegt eine U-Bahnstation. Mit der U-Bahn kommt man heutzutage wesentlich schneller als im Taxi voran.«
      »Und Soames hat Ihnen nicht den geringsten Hinweis auf sein Reiseziel gegeben?«
      Mrs. Jones schüttelte den Kopf. »Er hat nur von einer kleinen Geschäftsreise gesprochen. Er wollte eine Woche oder höchstens zehn Tage wegbleiben.«
      »Ist er auch früher verreist?«
      »O ja, sogar oft.«
      »Und er hat nie eine Nachsendeadresse angegeben?«
      »Ich habe ihn einmal danach gefragt. Aber er hat gesagt, das sei zwecklos, weil er ständig unterwegs sei.«
      »Wie hat er hier gelebt? Hat er oft Besuch bekommen?«
      »Nein, niemals. Er hat mir einmal gesagt, er ziehe es vor, Geschäft und Privatleben strikt voneinander zu trennen. Er war ein ruhiger, wohlerzogener Mann, der sehr zurückhaltend auftrat. Abends ist er meistens bei›George‹an der Ecke gewesen, um ein Bier zu trinken, aber er ist nie länger als eine halbe Stunde fortgeblieben. Er hat gern ferngesehen und mir im Garten geholfen. Er verstand viel von Blumen.«
      »Hat er viel Post bekommen?«
      Sie zuckte mit den Schultern. »Zwei oder drei Briefe pro Tag. Meistens nur Drucksachen.«
      »Auch interessante Briefe?«
      Mrs. Jones richtete sich empört auf. »Ich interessiere mich nicht für die Post meiner Mieter, Inspektor.«
      »Das habe ich keineswegs behauptet«, antwortete Vanbrugh geduldig. »Aber Sie müssen die Post doch morgens sortieren, wenn sie kommt. Dabei wäre es ganz normal, wenn einem etwas Außergewöhnliches, irgendeine Abweichung auffiele.«
      Mrs. Jones antwortete so prompt, als habe der Chefinspektor damit einen Reflex ausgelöst. »Ja, Sie haben ganz recht. Früher hat Mr. Soames fast nur Post aus London bekommen. Aber in letzter Zeit kommen die Briefe von überall.«
      »Können Sie sich an ein paar Orte erinnern?«
      »Er hat einige aus Manchester und mehrere aus dem Lake District bekommen. Am Tag seiner Abreise ist einer aus Taunton angekommen. Das liegt im West Country«, fügte sie hinzu. »Ich habe letztes Jahr ganz in der Nähe Urlaub gemacht.«
      Dwyer war unwillkürlich einen Schritt vorgetreten, aber Vanbrugh hob warnend die Hand. »Können Sie sich daran erinnern, aus welcher Gegend des Lake Districts diese

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