Der Ire
hinuntergehen.«
Sie gingen hundert Meter weiter. Von dort aus war nicht nur Rydal Water, sondern auch Grasmere deutlich zu sehen.
»Siehst du den Bach zwischen den beiden Seen?« fragte Hannah. »Dort führt eine kleine Brücke nach einem Gatter übers Wasser, und der Weg geht nach Elterwater. Von dort aus folgt man einer kaum befestigten Straße über den Wrynose Paß. Ungefähr sechs Meilen von hier gabelt sich die Straße. Wenn man den Duddon River entlang durch Seathwite und Ulpha fährt, kommt man nach etwa zehn Meilen auf die Straße nach Whicham.«
»Und wie weit ist es dann noch dorthin?«
»Neun oder zehn Meilen.«
»Und Marsh-End ist nur ein paar Meilen von Whicham entfernt.« Rogan nickte zufrieden und faltete die Karte zusammen. »Ist die Straße wenig befahren?«
»Um diese Jahreszeit würdest du unterwegs wahrscheinlich keinen Menschen sehen. Aber bei schlechtem Wetter wäre es nicht leicht, über den Paß zu kommen. Du würdest einen guten Wagen brauchen. Onkel Paddys alter Lastwagen wäre dafür ungeeignet.«
»Den würde ich in dem Fall, den ich meine, auch nicht benutzen.« Rogan zündete sich eine Zigarette an. »Scardale ist kein ideales Versteck, weil von dort nur eine Straße wegführt. Notfalls könnte Brendans Stollen sich als gute Hintertür erweisen, und dieser Jeep wäre dann auch praktisch.«
»Willst du den Lastwagen nicht mehr benützen?«
Rogan schüttelte den Kopf. »Nein, dabei bleibt es vorläufig. Weiß dein Onkel von dem Stollen?«
Hannah nickte. »Ja, aber er ist nie durchgefahren. Das hält er für unmöglich, glaube ich.«
»Morgan und Fletcher wissen also auch nichts davon?« Rogan lächelte zufrieden. »Das soll auch so bleiben. Was tun wir jetzt?«
Der Regen, der vorhin nachgelassen hatte, setzte nun wieder ein. Hannah sah zum Scardale Fell hinauf, dessen Gipfel in Wolken gehüllt war. »Wir könnten dort oben in einer Hütte essen. Brendan könnte das Boot zurückbringen, von der anderen Seite herauf klettern und sich oben mit uns treffen.«
Der Junge nickte eifrig und lief zwischen den Bäumen davon. Rogan und Hannah folgten dem steilen Weg, der sich in Serpentinen in die Höhe wand. Es regnete unaufhörlich, aber sie achteten schon gar nicht mehr darauf. Hannah ging voraus, und
Rogan folgte ihr schweigend.
Er war so in Gedanken versunken, daß er zusammenzuckte, als Hannah ihn anrief. Er hob den Kopf und sah sie zehn Meter vor sich neben einer niedrigen Steinhütte stehen. Sie lächelte ihm aufmunternd zu.
»Ist Brendan schon zu sehen?« wollte er wissen.
Sie schüttelte den Kopf. »Er braucht mindestens noch zwanzig Minuten. Auf der anderen Seite kommt man schlechter voran.«
In der Hütte standen ein Tisch, zwei Holzbänke und ein Eimer mit Brennholz. Rogan setzte sich an den Tisch und nahm den Rucksack ab. Hannah holte Sandwiches, Obst und eine Thermosflasche daraus hervor. »Fangen wir gleich an oder warten wir auf Brendan?«
»Wir trinken Kaffee und warten noch.«
Hannah ließ sich Feuer für ihre Zigarette geben. »Hast du das Gefühl, daß alles klappt, Sean?« fragte sie dann zögernd.
Rogan nickte gelassen. »Es klappt bestimmt«, versicherte er.
»Was tust du dann?«
»Dann fahre ich nach Hause«, antwortete er. »In Kerry wartet eine Farm auf mich.«
»Und eine Frau?«
Rogan berührte zart ihr Gesicht. »Ich bin zwanzig Jahre zu alt für dich, ist dir das klar?«
»Du hast aber lange im Gefängnis gesessen«, antwortete Hannah lächelnd, »und diese Zeit zählt natürlich nicht.«
Er lachte schallend.
Hannah stimmte ein, aber dann verstummte ihr Lachen. Sie senkte den Kopf und küßte seine Hand. Rogan stand auf, zog sie zu sich hoch und hielt sie mit ausgestreckten Armen fest.
»Hier ist nicht gerade die richtige Umgebung dafür, aber ...
willst du mich heiraten?«
Sie starrte ihn ungläubig an. Dann nickte sie stumm, als könne sie nicht mehr sprechen, und warf sich in seine Arme. Rogan drückte sie an sich.
Als draußen Steine polterten, weil jemand sich der Hütte näherte, machte Hannah sich los und wischte sich die Tränen aus den Augen. Sie trat an den Tisch und packte die Sandwiches aus. Im nächsten Augenblick kam Brendan herein.
Rogan klopfte ihm auf die Schulter, als der Junge verlegen stehenblieb. »Setz dich, wir haben auf dich gewartet.«
Brendan biß in den Sandwich, den Hannah ihm gab, und
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