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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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seiner Verletzungen nach England zurücktransportiert, zuerst in ein Krankenhaus, danach in ein Genesungsheim. Noch heute trug er auf der Stirn eine dünne, kaum wahrnehmbare Narbe. »Eine Kriegsverletzung«, sagte er immer, wenn jemand danach fragte. Aber Charlie war es, der den Grabenkrieg und die blutigen Gefechte mitgemacht hatte, nicht Milo. Manchmal beneidete Milo ihn darum, aber nicht oft.  
    Jetzt war Charlie Eigentümer von drei Autohäusern, einem in Oxford und zwei weiteren in London. Obwohl sie ganz unterschiedliche Wege eingeschlagen hatten, waren die beiden Männer Freunde geblieben. Charlie hatte einige Jahre vor Milo geheiratet; einer war der Trauzeuge des anderen gewesen. Milo hatte Glyn Mason immer etwas zu maskulin gefunden – der Name Glyn, den sie sich statt des weiblicheren Glynis zugelegt hatte, das sehr kurz geschnittene, krause aschblonde Haar, das immer gebräunte Gesicht und der straffe, sehnige Körper, dem die Rundungen fehlten. Wenn sie eine lange Hose oder Tennisshorts anhatte (Glyn spielte Tennis wie der Teufel), konnte man sie beinahe für einen etwas schmächtigen jungen Mann halten. Er hatte sich manchmal gefragt, wie es wäre, mit Glyn zu schlafen – amüsant, wahrscheinlich, aber nicht so weich und kuschelig wie mit Rebecca. Er hatte es natürlich nie versucht, weil er Charlie so etwas niemals hätte antun können. Die Rycrofts und die Masons trafen sich oft zum Abendessen. Die Frauen gaben sich freundschaftlich, aber Milo spürte, dass sie nicht wirklich befreundet waren, dazu waren sie zu verschieden, sie machten einfach aus der Not eine Tugend. Im Übrigen hatte Rebecca für Freundschaften mit Frauen ohnehin nie viel übriggehabt.  
    Milo bedauerte es jetzt, dass er noch einen letzten Whisky mit Charlie getrunken hatte, nachdem die anderen Gäste gegangen waren. Von Whisky bekam er Kopfschmerzen. Und eine Bemerkung Charlies während ihres Gesprächs machte ihm unangenehm zu schaffen. Charlie hatte ihn gefragt, ob er und Rebecca am Sonntag zum Mittagessen kommen wollten, um den Geburtstag seiner älteren Tochter Margaret mitzufeiern. »Wahrscheinlich werden wir nicht darum herumkommen, auch ihren Freund einzuladen«, hatte Charlie hinzugefügt. »Ihren Freund? «, hatte Milo ganz verdutzt wiederholt. »Es ist kaum ein Wort aus ihm herauszubringen«, war Charlie fortgefahren. »Er sitzt immer da wie das Kaninchen vor der Schlange.« – »Sie hat einen Freund? «, hatte Milo dümmlich gefragt, und Charlie hatte ihn mit amüsiertem Blick daran erinnert, dass Margaret siebzehn war, nur ein Jahr jünger als Glyn bei ihrer Hochzeit.  
    Milo hatte sich wieder gefasst und zu einem halbwegs vernünftigen Kommentar aufgeschwungen. Aber es war ein Schock zu hören, dass Margaret Mason, die für ihn immer noch ein kleines Mädchen war, einen Freund hatte. Es konnte sein, dass Charlie seine Tochter schon im nächsten Jahr als Brautvater zum Altar geleitete – guter Gott, und vielleicht im Jahr darauf Großvater wurde. Und da Charlie und er gleich alt waren, hätte er in der gleichen Lage sein können, hätten er und Rebecca Kinder gehabt. In zwei Jahren wurde er vierzig, aber er fühlte sich immer noch als junger Mann.  
    Während er sich jetzt um halb zwei Uhr morgens im Bad die Zähne putzte, dachte er nur erleichtert, wie gut es doch war, dass sie keine Kinder hatten. Das Nachrücken der nächsten Generation machte einem deutlicher als alles andere das Verrauschen der Jahre bewusst. Wer Kinder hatte, alterte schneller – er wusste, dass er jünger aussah als Charlie, der schon grau zu werden begann.  
    Milo spie Zahnpasta ins Waschbecken und spülte sich den Mund aus. Dann drehte er den Kaltwasserhahn auf, schöpfte mit beiden Händen Wasser und schwappte es sich ins Gesicht. Nach einem Fest hatte Rebecca immer Lust, mit ihm zu schlafen, und obwohl er jetzt lieber allein gewesen wäre, um über die Ereignisse des Tages nachzudenken, wusste er, dass das nicht infrage kam. Rebecca hatte ein bisschen komisch reagiert, als er sich mit Grace King unterhalten hatte, dabei hatte sie weiß Gott keinen Grund dazu – Grace, die bei seinen Vorlesungen immer in der ersten Reihe hockte, hatte ein albernes Lachen und Hasenzähne.  
    Als Milo ins Schlafzimmer kam, saß Rebecca, immer noch in dem roten Kleid, an ihrem Toilettentisch und rieb sich das Gesicht mit Feuchtigkeitscreme ein. Er trat zu ihr und streichelte ihre Schulter. Sie drückte ihre Wange an seine Hand und ließ einen

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