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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Wassertropfen spritzten auf die Straße. »Lewis!«, rief sie, aber er war schon weg. Sie kehrte ins Wohnzimmer zurück, goss sich noch einen Whisky ein und kippte ihn hinunter, obwohl ihr schon übel war.  
    Als sie am Morgen erwachte, war er nicht da. Aber er musste nach Hause gekommen sein; seine Seite des Betts war zerwühlt, und der Anzug, den er am Abend angehabt hatte, hing auf einem Bügel. Lewis war sehr ordentlich: Marinedrill.  
    Freddie setzte sich auf. Der Kopf tat ihr weh, sie hatte einen säuerlichen Geschmack im Mund. Der Whisky musste sie eingeschläfert haben – sie trug immer noch ihre Uhr, das Armband und die Kette. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es noch früh war, erst zehn vor sechs. Sie ging ins Bad und wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser. Der Streit fiel ihr ein, die Worte, die gefallen waren, wie zornig sie beide gewesen waren. Vor ihrer Ehe hätte sie jedem gesagt, dass sie Streitereien hasste und zu vermeiden suchte. Sie hatte sich nie als streitsüchtige Person empfunden.  
    Sie schlüpfte in ihren Morgenrock und ging nach unten. Es war kalt, als hätte der Herbst über Nacht beschlossen, dem Winter Platz zu machen. Lewis war nicht da, das wusste sie, schon bevor sie in den Zimmern nachsah. Sie wusste immer, wenn er da war, genau wie sie es früher bei Tessa immer gewusst hatte, es hatte mit der starken Ausstrahlung ihrer Persönlichkeiten zu tun, mit einer Großzügigkeit, die ihr, kleingeistig und engherzig, wie sie sich fand, fremd war.  
    In der Küche machte sie sich eine Tasse Tee und trank sie stehend, mit dem Rücken ans Spülbecken gelehnt. Die schmutzigen Teller und Gläser vom vergangenen Abend standen auf dem Tisch. Sie sollte Wasser einlaufen lassen, um sie zu spülen, aber sie tat es nicht. Die Werft ist pleite. Jerry ist abgehauen. Lewis hatte eine Neigung dazu, in tiefste Düsternis zu verfallen und alles schwarz zu sehen. Bestimmt war es nicht so schlimm, wie er fürchtete. Er hatte wie ein Wahnsinniger gearbeitet, um sich irgendwie allein über Wasser zu halten, kein Wunder, dass er sich solche Sorgen machte. Und sich verraten fühlte – er hatte Jerry als Freund betrachtet.  
    Sie belegte ein paar Brote und packte sie in Pergamentpapier, dann ging sie nach oben und zog sich an. Der Wind hatte sich gelegt, als sie aus dem Haus trat, und die Sonne glänzte über einem glatten, schimmernden Meer. Der Himmel war ungeheuer weit und blau, und sie fasste wieder Mut. Sie würden das schaffen, dachte sie. Es würde schon besser werden. Sie liebten einander, und das war doch das Einzige, was zählte. Jetzt brauchten sie nur noch ein bisschen Glück. Sie schob den Gedanken weg, der sich aufdrängte: dass sie in den dreieinhalb Jahren ihrer Ehe immer geglaubt hatte, alles würde besser, wenn sie nur ein bisschen Glück hätten, und dass das nie geschehen war.  
    Sie fuhr mit dem Rad zur Werft. Es war Flut, und das Wasser im Kanal schwappte träge an die Holzwände der Pier. Möwen schaukelten auf den grauen Wellen, und Fischerboote knarrten mit tuckerndem Motor den schmalen Wasserweg hinauf. Auf einem Holzpfosten hockte eine schwarze Katze und putzte sich.  
    Freddie lehnte das Fahrrad an eine Mauer und ging ins Büro. Lewis saß am Schreibtisch, vor sich einen Wust von Papieren. Er hob den Kopf, als sie hereinkam.  
    »Hier, die habe ich dir mitgebracht«, sagte sie und legte die Brote auf den Schreibtisch. »Ich wusste nicht, ob du gefrühstückt hast.«  
    »Danke.« Sein Gesicht war blass und müde. Er stand auf, nahm sie in die Arme und drückte sie fest an sich. »Ach Freddie«, murmelte er und strich ihr über die Haare. Sie roch den vertrauten Duft seiner Haut, in den sich Salz- und Teergeruch der Werft mischten.  
    »Ich habe keine Zigaretten mehr«, sagte er. »Hast du welche?«  
    »Nein. Ich kann zum Bahnhof radeln, wenn du willst, und am Automaten welche holen.«  
    »Nicht so wichtig.« Er trat einen Schritt zurück und sah sie an. »Es tut mir leid, Freddie. Es tut mir leid, dass ich gestern Abend so ekelhaft war. Ich sollte meine Wut nicht an dir auslassen. Die ganze Schweinerei ist nicht deine Schuld, sondern meine.«  
    Sie streichelte liebevoll sein Gesicht. »Mir tut es auch leid, dass ich mit dir gestritten habe. Du gibst dir solche Mühe, Lewis. Du solltest dir keine Vorwürfe machen. Du hast einfach Pech gehabt.«  
    Er lächelte schief. »Soll ich uns einen Kaffee machen?«  
    »Bitte.«  
    Er setzte das Wasser auf.  
    »Warst

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