Der italienische Geliebte (German Edition)
Augen. Ihr strahlender Held, Milo Rycroft, in den sie sich auf dem Künstlerball in Chelsea unsterblich verliebt hatte, hatte Geheimratsecken bekommen.
»Wie geht es Mona und Helen?«, fragte sie.
»Hervorragend. Das blühende Leben. Unser Neuankömmling übrigens auch.«
»Milo!«, sagte sie verblüfft. »Wann war denn das freudige Ereignis?«
»Laura ist jetzt neun Monate alt.«
»Laura – das ist ein hübscher Name.«
»Getauft wurde sie Laurabeth. Das war Monas Wunsch.« Milo zog seine Brieftasche heraus und reichte Rebecca ein Foto.
Das ältere Mädchen, Helen, stand neben ihrer Mutter; das Baby, Laurabeth, saß auf Monas Schoß. Die Mädchen, beide sehr niedlich, hatten die gleichen dicken dunklen Haare wie ihre Mutter. Mona war hübsch, aber Rebecca fand, ihre Miene habe etwas Eisernes, was, dachte sie, vielleicht hieß, dass Mona Milo fester an der Kandare hatte als sie ihn früher.
»Sie sind wirklich süß«, sagte sie und gab ihm den Schnappschuss zurück.
»Von mir finde ich kaum etwas bei den beiden. Helen ist allerdings eine leidenschaftliche Leseratte. Verkriecht sich am liebsten irgendwo mit einem Buch. Mona ist davon nicht begeistert, sie meint, Helen verdirbt sich damit nur die Augen.«
»Du bist bestimmt stolz auf die beiden.«
»Ja.« Er schob das Foto wieder in die Brieftasche. »Aber ich glaube, ich bin nicht zum Vater geschaffen. Ich bin zu egoistisch.«
»Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung«, sagte sie trocken.
Milo zuckte die Achseln. »Ich weiß, dass ich egoistisch bin. Das ist keine große Offenbarung. Ich kann nicht schreiben, wenn ich nicht egoistisch bin. Ich brauche Ruhe und Frieden und jemanden, der mir meine Mahlzeiten hinstellt und meine Hemden bügelt. Jemanden, der nicht beleidigt ist, wenn ich allein lange Spaziergänge machen muss. Sonst klappt es nicht. Es gibt eine bestimmte innere Verfassung, die mir das Schreiben möglich macht, ohne dass es zu einer allzu großen Anstrengung wird. Ein Zustand, in dem ich wirklich arbeiten kann.«
»Eine Art Ruhe«, sagte sie. »Nicht nur das Fehlen von Lärm, sondern eine geistige Ruhe.«
»Ja.« Er sah sie überrascht an. »Genau. Ich kann nicht schreiben, wenn die Telefone läuten und die Kinder herumtoben. Mona macht das wirklich gut, sie hält sie von mir fern, aber deswegen sind sie natürlich trotzdem da, ich weiß die ganze Zeit, dass sie irgendwo in der Nähe sind.«
»Kannst du nicht an der Universität arbeiten?«
»Ich versuche es«, sagte er verdrießlich, »aber die Studenten stören mich dauernd.«
»Ach du meine Güte, Milo.« Sie konnte sich das Lächeln nicht verkneifen. »Deine Mänaden haben dich also immer noch am Wickel.«
»Ich glaube, sie sehen eine Vaterfigur in mir«, sagte er beinahe entschuldigend. »Sie erwarten, dass ich mir ihre Probleme anhöre – und was für banale kleine Problemchen, Rebecca, Liebeskummer und Streit mit den anderen Frauen im Wohnheim. Ich könnte ein Buch darüber schreiben, aber ich würde mich dabei zu Tode langweilen. Ehrlich gesagt, ich war froh, hierherkommen zu können. Drei Wochen, in denen ich ausschließlich an mich selbst denken kann. Und natürlich wollte ich England wiedersehen.«
»Haben wir dir gefehlt?«
»Mehr als ich für möglich gehalten hätte. Obwohl, London – das war schon ein Schock. Ich meine, der Krieg ist jetzt länger als drei Jahre vorbei und die Stadt sieht immer noch aus wie eine Ruinenlandschaft. Manches habe ich gar nicht wiedererkannt.« Es klang vorwurfsvoll.
»Wir haben kein Geld, Milo«, erklärte sie geduldig. »Und wir sind ausgelaugt. Es waren harte Jahre. Und das Leben ist auch jetzt noch hart.«
»Natürlich. Ich wollte nicht –« Er brach ab, dann sagte er: »Ich habe mich wahrscheinlich an den amerikanischen Pioniergeist gewöhnt. Und ich muss sagen, wenn das hier Amerika wäre, sähe es wohl nicht mehr so aus.«
Rebecca dachte an die brennende Spitfire , die über dem Wäldchen in der Nähe des Mayfield-Hofs abgestürzt war, und an das junge Mädchen in London, das sie aus den Trümmern zu scharren versucht und das der weiße Staub in eine Marmorstatue verwandelt hatte.
Sie wechselte das Thema. »Und wie geht es dir mit deiner Arbeit?«
»Glänzend.«
Danach folgte Schweigen. Sie schaute zur Uhr über dem Tresen hinauf. Zwanzig nach sechs. Sie sollte um sieben bei Simone zum Abendessen sein.
Sie wollte sich gerade
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