Der italienische Geliebte (German Edition)
du bei Jerry?«, fragte sie.
»Ja.« Wieder lächelte er. »Ein sauberer kleiner Einbruch.«
»Hast du etwas gefunden?«
»Ja, die Geschäftsbücher, aber keine Spur von Jerry . Keine Leichen im Badezimmer, Gott sei Dank, und nicht der kleinste Hinweis darauf, wo er geblieben ist.«
»Könnte es nicht sein, dass er –«
»Was?«
»Dass er unterwegs ist, um Aufträge an Land zu ziehen, und nur vergessen hat, dir Bescheid zu geben.«
»Hm, könnte sein.«
Er stand mit dem Rücken zu ihr und löffelte Pulverkaffee in die Becher. Sie sah an seiner Haltung, dass er selbst nicht daran glaubte.
»Oder vielleicht ist er krank geworden«, sagte sie verzweifelt.
Lewis trat zum Schreibtisch. »Die habe ich im Haus gefunden.« Er hob ein Bündel Briefe hoch. »Jerry hat außer einer Schwester in London keine Familie. Das sind ihre Briefe an ihn. Ich habe sie gelesen. Ich weiß, so etwas tut man nicht, aber ich muss wissen, was vorgeht.«
»Und? Hast du etwas entdeckt?«
Er schüttelte den Kopf. »Nichts besonderes. Aber eine Telefonnummer habe ich gefunden. Ich habe mir gedacht, ich rufe einfach mal bei ihr an.«
»Das kann ich machen, wenn du willst.« Sie sah, dass er widersprechen wollte und fügte schnell hinzu: »Mit einer Frau redet sie vielleicht eher.«
Er runzelte die Stirn. »Hm. Möglich.«
Das Wasser kochte, er goss den Kaffee auf. Sie setzte sich auf einen Klappstuhl und zwang sich zu sagen: »Du hast gestern gesagt, dass die Firma pleite ist, Lewis. Ist es wirklich so schlimm?«
»Nein.« Er lachte. »Wir werden uns schon irgendwie durchwursteln. Mach dir bloß keine Sorgen. Gestern Abend – da hat der Alkohol gesprochen.«
»Vielleicht kauft Tim doch noch ein Boot.«
»Ja, vielleicht.«
Er sah erschöpft aus, beinahe krank. »Mach doch Schluss für heute«, sagte sie, »und gönn dir eine Pause. Du siehst so müde aus. Es ist ein herrlicher Morgen, wir könnten irgendwohin fahren und alles vergessen.«
»Nein, das geht nicht. Ich muss mir einen Überblick verschaffen.« Er wies auf die Rechnungsbücher und die Stapel von Rechnungen und Quittungen auf dem Schreibtisch. »Sonst würde ich nur ständig daran denken. Jerry hat ein fürchterliches Durcheinander hinterlassen. Aber wenn ich das erledigt habe, fahren wir für ein Wochenende nach London und besuchen unsere Freunde. Ich verspreche es dir, Freddie.«
»Dann iss wenigstens die Brote.«
»Ja. Danke.«
Sie sah ihm bei der Arbeit zu. Es war kalt in dem Holzbau, und sie war froh, dass sie Mantel und Handschuhe angezogen hatte. Ihr Blick schweifte über die Borde hinter dem Schreibtisch, die Reihen von Aktendeckeln, Ordnern, Hauptbüchern. Das scharfe weiße Meereslicht glitzerte in den schmalen Spalten zwischen den Holzplanken der Wände.
Plötzlich blickte Lewis vom Schreibtisch auf. »Warum muss alles so schwer sein, Freddie?«, fragte er unglücklich. »Warum konnte nicht wenigstens einmal etwas klappen? Ich versuche doch wirklich alles. Manchmal komme ich mir vor, als hätte mich dieses gottverdammte Land durchgekaut und ausgespuckt und lässt mich jetzt einfach verrotten. Lieber Gott, wenn ich eine Alternative wüsste, wäre ich längst weg.«
Sie strich ihm durch die Haare und drückte die Daumen in seine verkrampften Schultern. Er presste sein Gesicht an sie und seufzte.
»Ich möchte dich nicht enttäuschen.«
»Das tust du doch auch nicht. Bitte, Darling, bitte denk das nicht einmal.«
»Ich fühle mich als kompletter Versager. Ich weiß nicht, was ich machen soll, wenn hier alles in die Binsen geht.«
»Wenn es zum Schlimmsten kommt, fangen wir einfach noch einmal von vorn an. Wir schaffen es schon.«
Er blickte zu ihr hinauf, schien etwas sagen zu wollen, schwieg dann aber.
»Wie schlimm ist es wirklich?«, fragte sie vorsichtig. »Du kannst es mir sagen. Geteiltes Leid ist halbes Leid.«
Er tippte mit dem Finger auf das Auftragsbuch. »Es kommt keine Arbeit herein. Wenn wir nicht in den nächsten Tagen neue Aufträge bekommen, muss ich Walter sagen, dass ich nichts mehr für ihn zu tun habe. Ich habe ihn bis jetzt mit kleinen Reparaturarbeiten beschäftigt.«
»Kannst du nicht versuchen, mehr von diesen kleinen Aufträgen zu bekommen, damit ihr euch wenigstens über Wasser halten könnt?«
»Ja, prima Idee.« Seine Munterkeit klang künstlich.
»Wie ist es mit Schulden?« Sie wartete angespannt auf seine
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