Der italienische Geliebte (German Edition)
Schwangerschaft und Geburt wenig Ahnung. In der Schule hatten sie nur die Vermehrung der Kaninchen durchgenommen, und auch die nur recht oberflächlich.
»Ab wann kann man es sehen?«
Tessa sah an sich hinunter. »Du denkst immer so praktisch, Schatz, aber wahrscheinlich sollte ich mir darüber auch mal Gedanken machen. Eine Kollegin hat mir gesagt, dass sie es bis zum Ende des sechsten Monats verheimlichen konnte. Und zur Not gibt es ja immer noch Mieder.«
Eine Zeit lang saßen sie schweigend beieinander. Freddies Blick wanderte durch das Zimmer und verweilte einen Moment auf der schwarz-weiß gefliesten Umrandung des offenen Kamins, den Fotografien an den Wänden, der Uhr mit dem eleganten quadratischen Gehäuse. Es war kurz vor sieben Uhr morgens.
»Du solltest jetzt wirklich schlafen gehen, Schatz«, sagte Tessa. »Es ist sehr spät.«
In ihrem Zimmer hängte Freddie das kaffeefarbene Abendkleid auf einen Bügel. Im Bett nahm sie ein Buch zur Hand, aber sie konnte sich nicht auf ihre Lektüre konzentrieren. Sie knipste die Lampe aus und zog die Decke hoch. Es wird alles gut, ich weiß es. Es fiel ihr schwer, das zu glauben.
Der Sommer nahm den gewohnten Verlauf. Anfang August reisten die Rycrofts nach Frankreich. Sie machten immer am selben Ort Urlaub, in einem kleinen Steinhaus im Département Lot, das einem Freund Milos aus Oxford gehörte. In diesem Jahr schien Milo ruhelos. Er stecke mitten in einem neuen Roman, hatte er vor ihrer Abreise aus England gemurrt; er wolle den Fluss jetzt nicht unterbrechen. In seinem Verhalten war ein Hauch von Vorwurf, der Rebecca ärgerte – als wäre er nur ihr zuliebe mit in den Urlaub gefahren. Sie schlug ihm vor, morgens zu arbeiten – sie würde außer Haus gehen, um ihn nicht zu stören, und seine Sekretärin, Miss Tyndall, könne alles abtippen, wenn sie nach England zurückkehrten. Gleich am nächsten Tag fuhr sie in dem angerosteten Citroën los, den Milos Freund ihnen zur Verfügung gestellt hatte, und verbrachte eine vergnügliche Stunde auf einem Dorfmarkt, wo sie Wurst und Käse einkaufte. Der Tag war warm und feucht. Nach den Einkäufen parkte sie das Auto unter dicht belaubten Bäumen, zog ihren Badeanzug an und schwamm im trägen grünen Wasser der Dordogne. Als sie nach Hause kam, saß Milo mit einem Glas Wein im Garten. Viel zu heiß, um zu arbeiten, sagte er, geschweige denn um zu denken.
Sie kehrten schließlich eine Woche früher als geplant in die Alte Mühle zurück. Rebecca war es gar nicht so unrecht, sie wollten Anfang September zur Feier der Veröffentlichung von Milos neuem Buch, Der zerbrochene Regenbogen, ein Fest geben, das vorbereitet sein wollte, und der Garten machte ihr Sorge. Aber als sie auf der Überfahrt über den Kanal Seite an Seite an der Reling standen und die weißen Felsen aus dem blaugrünen Meer emporsteigen sahen, verdichteten sich die diffusen Ängste, die sie seit Monaten mit sich herumtrug. Misstrauen – ein leise raunendes Wort, das die Qualen, die es bedeutete, nicht ahnen ließ. Da war etwas in Milos Blick, das ihn verriet, ein Glanz aufgeregter Erwartung, etwas Selbstzufriedenes, Eitles und Verschwiegenes, ein Ausdruck, den er ausblendete, sobald er merkte, dass sie ihn ansah. In diesem Augenblick erklärte sich vieles – seine Stimmungsschwankungen vom Anfang des Jahres, dieser Wechsel von glücklicher Beschwingtheit und Zerfahrenheit, sein Widerwille gegen diesen Urlaub und seine Ungeduld, wieder nach Hause zu kommen. Er hatte eine Geliebte; sie war ganz sicher.
Aber oft zerrann ihr diese Gewissheit zwischen den Fingern wie trockener Sand. Der zermürbende Wechsel zwischen Verdacht und Erleichterung rieb sie auf, machte sie müde und gereizt. Bei genauer Prüfung erschienen ihr die Beweise fadenscheinig. Ein scharfer Blick darauf und sie lösten sich in nichts auf.
Das Gartenfest zur Feier der Veröffentlichung von Der zerbrochene Regenbogen fand in der zweiten Septemberwoche statt. Das Wetter war gnädig und durch die offene Terrassentür des Esszimmers, wo ein Streichquartett spielte, strömten die Klänge der Musik ins Freie hinaus. Gäste standen in Gruppen auf dem Rasen und auf der Terrasse. Rebecca trug ein weißes Leinenkleid, das mit großen blauen Mohnblumen bedruckt war. Zélie, bei der sie es gekauft hatte, hatte betont, dass nur eine große Frau es wagen könne, so ein Muster zu tragen.
Toby Meade, einer der wenigen Freunde Rebeccas aus Studienzeiten, mit dem
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