Der italienische Geliebte (German Edition)
gähnte wieder.
»Möchtest du noch etwas? Kakao – heiße Milch…?«
»Nein, danke.«
»Dann geh jetzt mal lieber schlafen.«
»Und du?«
Tessa hatte sich eine Zigarette angezündet. »Ich bleibe vielleicht noch ein bisschen auf.«
»Tessa, was ist los?«
»Wieso? Nichts. Gar nichts.« Tessa blickte rauchend zum Fenster hinaus.
Freddie setzte sich aufs Sofa und zog die Beine hoch. »Ich bin kein kleines Kind mehr«, sagte sie.
»Ich wollte dich nicht –« Tessa wedelte abwehrend mit den Händen.
»Geht es dir nicht gut? Was hast du? Kopfweh? Oder hast du deine Tage?«
»Schön wär’s.« Tessa lachte kurz auf.
Freddie starrte sie an. »Oh!« Sie war plötzlich hellwach. »Oh, Tessa!«
Tessa biss sich auf die Lippen. »Ich hoffte, es wäre blinder Alarm. Ich hatte das schon ein-, zweimal und bin immer mit dem Schrecken davongekommen.«
»Aber diesmal nicht?«
Tessa schüttelte den Kopf. »Nein, diesmal nicht.« Sie starrte ihre Zigarette an. »Widerliche Angewohnheit. Ich nehme mir dauernd vor aufzuhören.« Sie drückte die Zigarette in einem Aschenbecher aus. »Ich dachte schon daran, etwas zu tun – wegen der Schwangerschaft, meine ich. Eine Freundin hat mir jemanden genannt – mein Arzt hätte mir nie geholfen, der ist viel zu spießig –, aber dann…«
Freddie hätte beinahe gesagt Etwas tun? Wie meinst du das? Dann begriff sie. Ihre Schwester hatte in ihrer Not erwogen, das Kind, das sie erwartete, einfach wegmachen zu lassen.
»Ach, Tess, du Arme«, sagte sie.
»Ich brauche dir nicht leid zu tun. Ich habe es mir selbst zuzuschreiben. Natürlich bemühe ich mich, vorsichtig zu sein, aber ich war offensichtlich nicht vorsichtig genug.«
»Was willst du tun?«
Tessas Lachen klang gepresst. »Ich werde in fünf Monaten ein Kind zur Welt bringen.« Sie verstummte einen Augenblick und schüttelte den Kopf. »Ich kann es mir nicht vorstellen. Es kommt mir so unwirklich vor.«
»Ist es von Paddy?«, fragte Freddie und hoffte, dass das nicht stimmte.
Tessa antwortete nicht. Sie stand mit hängenden Schultern, Freddie den Rücken zugekehrt.
»Tessa!«
Tessa drehte den Kopf. »Wer der Vater ist, sage ich nicht. Auch dir nicht, Freddie.«
»Hast du es ihm gesagt?«
»Nein.«
»Aber das musst du, Tessa.«
»Ich will nicht. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
Es bestürzte Freddie, ihre Schwester so ratlos zu sehen. »Heiratest du ihn?«, fragte sie.
»Ganz bestimmt nicht. Die Frage stellt sich gar nicht.« Tessas Gesicht verschloss sich wieder. Sie wandte sich ab. »Ich schaffe das schon allein. Ich brauche niemanden.«
»Du musste es nicht allein schaffen. Du hast immer noch mich. Ich helfe dir. Ich gehe von der Schule ab und helfe dir mit dem Baby.«
»Nein«, entgegnete Tessa scharf. »Das will ich nicht. Aber danke dir, dass du es mir angeboten hast, Schatz, das ist lieb von dir.« Sie schien sich zusammenzuraffen. »Es wird alles gut, ich weiß es. Vielleicht macht es ja sogar Freude.«
Tessa hatte eine weltfremde Seite, die Freddie manchmal erschreckte. »Tessa«, sagte sie, »auch wenn du es keinem Menschen verraten willst, dem Vater des Babys musst du es sagen.«
»Findest du? O je.« Tessa seufzte. »Er wird überhaupt nicht erfreut sein, das weiß ich.« Sie krampfte die Hände ineinander. »Als ich sagte, dass sich die Frage gar nicht stellt, meinte ich, dass er nie Kinder haben wollte und auch jetzt keines haben will. Mit einem Kind hat er nie gerechnet.«
»Du doch auch nicht.«
»Bei Frauen ist es anders. Wir wissen doch immer, dass wir ein Risiko eingehen. Und wenn wir dieses Risiko nicht wollen, bleiben wir brave Mädchen und bewahren uns unsere Unschuld bis zum Hochzeitstag. Ich bin nie ein braves Mädchen gewesen.«
Freddie fühlte sich flau. Das Essen im Mirabelle, vermutete sie, oder der Champagner. Vielleicht war der ganze Abend ein bisschen viel für sie gewesen, schwer zu verdauen.
»Liebst du ihn?«, fragte sie neugierig.
»Zu sehr wahrscheinlich.« Tessas Stimme klang müde. »Und ich habe Angst.«
»Wovor?«
»Dass das hier dazwischen kommt.«
»Geht’s dir sehr schlecht?«
»Im Moment ist es besser. Aber morgens kann ich mich kaum auf den Beinen halten vor Übelkeit.« Tessa zog die Nadeln aus den Cremehörnchen, und ihr Haar fiel in aschblonden Wellen auf ihre Schultern hinunter.
Freddie hatte von
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