Der italienische Geliebte (German Edition)
Feuermachen. Bücherverbrennung, dachte sie – was kommt als Nächstes?
Am folgenden Morgen erwachte sie hustend. Ihr Kopfkissen war nass. Als sie zur Zimmerdecke hinaufschaute, sah sie zu, wie sich oben langsam ein Wassertropfen formte, länger wurde, sich löste und auf das Bett herabfiel.
Sie weckte Harrison. Das Dach habe ein Leck, er müsse etwas tun.
»Was denn?«
»Du musst das Dach abdichten. Vielleicht ist eine Schindel locker.«
Er riss die Augen auf. »Himmelherrgott, Rebecca…«
»Draußen im Klohäuschen habe ich eine Stehleiter gesehen. Du musst hinaufsteigen und nachsehen.«
» Hinaufsteigen …«
»Ja, verdammt noch mal, aufs Dach«, sagte sie wütend. »Durch die Falltür, Harrison.«
Sie lief nach unten, um Eimer und Lappen zu holen. Ihr Kopf fühlte sich an wie mit Stroh gefüllt, und der ganze Brustkorb tat ihr weh. Als sie wieder ins Schlafzimmer kam, hatte Harrison die Stehleiter unter der Falltür aufgestellt.
»Ich habe Höhenangst«, sagte er.
»Sei nicht so eine Memme.«
»Ich kann da nicht raufsteigen.«
»Willst du im Regen schlafen und an Lungenentzündung sterben?«
»Vielleicht sollten wir nach London zurückfahren?«
»Nach London?« Sie war fassungslos.
»Ich sage Greg, dass das Wetter umgeschlagen hat.«
»Ich will nicht nach London. Mir gefällt es hier.«
»Es ist die reine Wildnis«, murrte er.
»Was hast du erwartet? Allen modernen Komfort? Du brauchst nur das Dach abzudichten, Harrison.«
»Dichte es doch selbst ab«, sagte er und ging nach unten.
Also kletterte sie die Leiter hinauf, öffnete den Riegel der Falltür und drückte mit der Schulter gegen die Klappe. Übelriechende Spinnweben zerrissen, als sie sich öffnete. Das Dach fiel sachte ab, und sie entdeckte, dass eine der Platten an einer Ecke gebrochen war. Auf Zehenspitzen stehend drückte sie die abgebröckelten Teile wieder an. Dann zog sie den Kopf ein, schloss die Falltür wieder und stieg die Leiter hinunter. Ächzend rückte sie das Bett weg, bis es nicht mehr unter dem Leck stand, und kroch fröstelnd unter die Decke. Lange blieb sie so liegen, hustend und zusammengekauert, um wieder warm zu werden.
Als sie nach unten kam, stand er am Herd und trank Tee. Er goss ihr auch einen Becher ein. »Tut mir leid«, sagte er. »Höhe macht mir einfach Angst.«
»Ist schon gut, ich habe es gerichtet.« Sie setzte sich in den Schaukelstuhl, die Hände um ihren Becher geschlossen.
»Wir sollten wirklich nach London zurückfahren. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.«
»Nein«, widersprach sie störrisch. »Du hast es versprochen, Harrison. Drei Wochen. Es kann ja nicht ewig regnen.«
Er röstete Brot und kochte ein paar Eier. Rebecca brachte nichts hinunter, da aß er es.
Nach dem Frühstück sagte er: »Uns gehen die Vorräte aus.«
Rebecca war von der Arbeit am Dach und dem Kampf mit dem Bett völlig erschöpft. »Diesmal musst du allein gehen«, sagte sie. »Ich fühle mich zu schlecht, um zu fahren.«
Harrison spülte das Geschirr, dann zog er seinen Mantel an, setzte eine Mütze auf und nahm den Rucksack. Von ihrem Platz am Fenster sah sie ihn davongehen und immer kleiner werden.
Rebecca kroch mühsam wieder nach oben ins Schlafzimmer. Auf Harrisons Seite des Betts, der trockenen Seite, kuschelte sie sich unter die Decke und schlief ein. Als sie wieder erwachte, hatte sie Schüttelfrost und hustete stark. Sie sah auf ihre Uhr. Es war nach drei. Sie hatte fünf Stunden geschlafen.
Mit einer Strickjacke über dem Pullover ging sie nach unten. Harrison war nicht da. Sein Regenmantel hing nicht am Haken, der Rucksack war nirgends zu sehen. Vielleicht hatte er beschlossen, in einem Pub zu Mittag zu essen. Noch eine Stunde verstrich, dann noch eine, und da wusste sie, dass er ohne sie nach London zurückgefahren war.
Zum Teufel mit ihm, dachte sie. Ohne ihn war sie sowieso besser dran. Sie würde einfach hierbleiben. Was sollte sie in London, wenn dort nichts auf sie wartete? Harrisons Freund schien das Haus wirklich nicht oft zu benutzen. Vielleicht würde sie anfragen, ob sie den Winter über bleiben konnte.
Milo wäre die Leiter hinaufgeklettert und hätte das Dach gerichtet. Harrison war ein Weichling ohne Mumm. Sie hatte ihn gemocht, weil er anders war als Milo und sie es feinfühlig fand, dass er sie nicht nach ihrer Vergangenheit gefragt hatte. Inzwischen hatte sie begriffen, dass
Weitere Kostenlose Bücher