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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Er trug einen Tornister auf dem Rücken.  
    »Ja, herrlich«, bestätigte sie.  
    »Dürfte ich Sie um ein Glas Wasser bitten?«  
    »Aber natürlich.« Rebecca ging in die Küche und füllte einen Becher. Er trank in durstigen Zügen.  
    »Sind Sie schon länger unterwegs?«  
    »Viele Tage.« Er lächelte.  
    »Bei dem vielen Regen?«  
    Er nickte. »Der Regen macht mir nichts aus.« Er hatte blaue Augen mit Lachfältchen in den Winkeln. »Man wird nass und dann wird man wieder trocken.«  
    Sein Lächeln war ansteckend. »Ja, da haben Sie recht.«  
    »Im ersten Moment, als ich Sie sah«, sagte er, »dachte ich, Sie weinten.«  
    Sie schaute verlegen zur Seite. »Es ist nichts.« Aber dann fügte sie hinzu: »Nein, das stimmt nicht. Aber es ist nicht zu ändern.«  
    Sie bemerkte, dass sein Becher leer war. »Kann ich Ihnen noch etwas Wasser bringen?«, fragte sie. »Oder möchten Sie vielleicht eine Tasse Tee? Ich wollte mir gerade welchen machen.«  
    »Wenn es Ihnen keine Mühe macht, sehr gern.«  
    Sie öffnete das Tor, um ihn in den Garten zu lassen, dann kochte sie Tee und goss zwei Tassen ein. Sie bemerkte, als sie ihm seine reichte, dass seine Jacke an den Manschetten durchgescheuert war und der Stoff an den Ellbogen abgetragen glänzte. Er sprach den leichten Dialekt der Einheimischen – vielleicht war er früher in einer Fabrik in Manchester oder Sheffield beschäftigt gewesen, hatte während der Rezession seine Arbeit verloren und nutzte die freie Zeit jetzt, um zu wandern.  
    Sie brachte ihm einen Stuhl heraus, und er setzte sich. »Ah, das tut gut«, sagte er aufatmend, legte Wanderstock und Mütze ins Gras und lockerte die Schnürsenkel seiner Stiefel.  
    Rebecca trank vorsichtig von ihrem Tee. »Wohin wollen Sie?«  
    »Vielleicht nach Bakewell. Mal sehen, vielleicht schaff ich’s auch bis Dovedale.«  
    »Planen Sie so etwas nicht?«  
    »Ach, ich gehe, wohin meine Füße mich tragen. Mit Plänen klappt das nicht immer so, finden Sie nicht auch?«  
    »Jeder Plan, den ich fasse, geht irgendwie schief«, sagte sie bitter.  
    »Wie kommt das denn?«  
    »Ich weiß es nicht. Pech wahrscheinlich.«  
    »Meine Mutter hat immer gesagt, jeder ist seines Glückes Schmied.«  
    »Dann habe ich mir vielleicht mein Pech selbst geschmiedet.« Unwillkürlich fügte sie hinzu: »Glauben Sie, man ist schuld, wenn infolge von etwas, was man getan hat, etwas Schreckliches passiert, auch wenn man es überhaupt nicht gewollt hat?«  
    Er überlegte. »Schwer zu sagen.«  
    »Ich fühle mich schuldig.«  
    »Was wollten Sie denn erreichen?«  
    » Das ganz bestimmt nicht.« Ehrlichkeit trieb sie zu ergänzen: »Aber ich wollte jemandem wehtun.« Neue Tränen, hinter denen das Gesicht des Fremden und die Landschaft verschwammen. »Ich wollte, ich könnte die Vergangenheit ändern«, sagte sie leise. »Ich wollte, ich könnte sie auslöschen und neu machen. Ich wollte, ich wüsste, was ich tun soll, wohin ich gehen soll.« Sie lachte verlegen. »Entschuldigen Sie, ich weiß nicht, warum ich Ihnen das alles erzähle. Bitte verzeihen Sie.«  
    »Vielleicht brauchten Sie jemanden zum Reden.« Sein Lächeln war milde und freundlich.  
    »Vielleicht.« Wie zur Erklärung setzte sie hinzu: »Es geht mir nicht besonders gut, wissen Sie.«  
    »Ja, Sie sehen nicht gerade munter aus. Und das ist ein einsamer Ort hier.«  
    »Ich bin nur vorübergehend hier.«  
    »Ich bin gern allein draußen in den Hügeln, aber es ist immer schön, zu Familie und Freunden zurückzukommen. Wenn man zu viel allein ist, fängt man an zu spintisieren.«  
    Hatte er das gesagt oder sie? Sie war sich nicht sicher. Seine Stimme schien in ihrem Kopf widerzuhallen. Das Licht auf dem Heideland war von einer unwirklichen Klarheit.  
    Eine Weile saßen sie schweigend beieinander und tranken ihren Tee. Als er ausgetrunken hatte, sagte er: »Der Tee war gut. Danke. Aber jetzt muss ich weiter. Man muss das schöne Wetter ausnützen, nicht?«  
    »Brauchen Sie etwas zu essen? Ich fahre heute nach Hause, und die Sachen würden nur schlecht werden.«  
    »Das wäre sehr freundlich«, erwiderte er.  
    Als sie Tassen und Untertassen zusammenstellte, sprach er noch einmal zu ihr.  
    »Sie sagen, Sie wüssten nicht, wohin. Ich würde vorschlagen, erst einmal zu einem Arzt zu gehen. Das ist ein böser Husten.« Er stand auf. »Und dann sollten Sie vielleicht darüber nachdenken hinauszutreten.«  
    Hinauszutreten? Sie waren

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