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Der Jade-Pavillon

Der Jade-Pavillon

Titel: Der Jade-Pavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zog sie sich über den Kopf. Die jungen, lachenden Gesichter von Lida und Jian strahlten Zhang Shufang an, und dann umarmten sie einander wieder, küßten sich auf die Wangen, lachten und weinten zugleich und schämten sich nicht.
    Sie setzten sich unter den Magnolienbaum und tranken Tee. Chen kam in das Haus; er war gar nicht erstaunt, als wisse er alles schon, ging in die Küche und bereitete das Abendessen zu.
    »Onkel Zhang, hörst du mein Herz? Es ist wie ein Trommelwirbel. Du bist zu uns gekommen«, sagte Jian glücklich.
    Lida fragte, wie immer mißtrauisch nach den Ereignissen in Beijing: »Woher wußtest du, wer Deng Jintao und Hao Peihui sind?«
    »Ich habe es geahnt. In Dali hörte ich, daß ein Wundermönch mit einer Frau im Jadegipfel-Tempel die ärmsten Kranken heilt. Das war schon vor einem Jahr.«
    »Und du bist erst heute gekommen?«
    »Aus Vorsicht, meine Kinder. Viermal war die Geheimpolizei bei mir und verhörte mich. Aber was sollte ich sagen? Ich wußte ja wirklich nichts. Dann kamen, Jian, zweimal dein Vater und deine Mutter zu mir, aber auch ihnen konnte ich die Wahrheit sagen: Ich habe Jian nie wieder gesehen. Und dann habe ich gewartet, voll Angst und Mißtrauen, daß mich die Geheimpolizei beobachtet und jeden meiner Schritte verfolgt. Wie konnte ich es da wagen, nach Lijiang zu kommen? Ein ganzes Jahr habe ich gewartet, und als Deng Xiaoping China wieder für den Westen öffnete, war ich sicher, daß sie nicht mehr nach dir suchten. Aber der Ruhm und die Heiligkeit des Wundermönches Jintao flog von Mund zu Mund. Jetzt kannst du fahren, dachte ich, und mit dem Bus bin ich nun gekommen. Erzähle, Jian, was du zwischen Beijing und dem Jadedrachen-Berg erlebt hast.«
    »Das war ein langer Weg, Onkel Zhang. Dafür brauchen wir einen ganzen Tag.« Jian legte seine Hand auf Zhangs Knie. »Wie geht es meiner Mutter?«
    »Sie ist eine tapfere Frau und tröstet sich mit ihrem Enkel. Fengxia hat einen Jungen geboren, und – ich konnte es nicht glauben – sie haben ihn Jian genannt. Im Herzen der Familie bist du ein Held geworden.«
    »Und mein Vater?«
    »Für ihn bist du tot, irgendwo erschossen. Er ist ein alter Mann geworden und schreibt an einem Buch über moderne und traditionelle chinesische Medizin. Damit will er seine Lebensarbeit abschließen.«
    »Onkel Zhang, es sind alles so schöne Nachrichten.« Jian blickte zur Küche hinüber, aus der der Duft von gebratenem Fleisch kam. »Unser Leben verdanken wir Chen Xue. Er hatte die Idee mit den Masken und dem Wundermönch. Mit den Spenden der Kranken konnte er Tempel und Kloster wieder aufbauen, und Lida hat so viel gespart, daß wir einen Neuanfang wagen können.«
    »Hast du auch etwas von meinem Vater gehört?« fragte sie leise, aber mit fester Stimme.
    »Nur einmal, von einem reichen Miao, der zwei Bilder bei mir kaufte. Bei deinem Vater war keine Geheimpolizei, er ist weiter Lehrer in Huili. Dein Bruder Tifei hat geheiratet und hat jetzt sechs Lastwagen in Kunming laufen. Er ist mit staatlicher Hilfe ein Kapitalist geworden und nennt die Funktionäre der Partei seine Freunde. Für deine Eltern bist du wie Jian tot.« Zhang stützte beide Hände auf seine Knie. »Nun sprecht von euren Plänen, Kinder. Wollt ihr bis zu eurem Lebensende die wundertätigen Heiligen spielen? Jeden Tag die Masken tragen, wenn die Kranken zu euch pilgern? Auch das ist eine Aufgabe für einen Arzt, ich weiß. Aber sah so dein Ziel aus, Jian?«
    »Ich warte ab, bis Lida genug Geld gespart hat.«
    »Ich habe es. Es reicht!« fiel sie ihm ins Wort.
    »Und was wollt ihr damit tun?« fragte Zhang.
    »Wir werden über die Grenze nach Burma gehen und von dort nach Europa fliegen. Ich hoffe, an einer deutschen Universität einen Studienplatz zu bekommen und meinen Freund Holger Pohland wiederzusehen.«
    »Und dann bleibst du als Arzt in Deutschland.«
    »Nein.« Jian griff nach Lidas Händen und drückte sie, und sie lächelte ihn an. »Wir kommen nach China zurück. Ich bin ein chinesischer Arzt und muß meinem Volk dienen. Einmal wird China für jeden offen sein, auch für mich. Darauf warte ich, und ich glaube an den Tag, an dem wir in einem Flugzeug sitzen, das von Deutschland nach Beijing fliegt. Wir gehören zu unserem Land, und auch die krummsten Pfade erreichen einmal ihr Ziel. Geduld ist immer die Stärke der Chinesen gewesen. Damit haben wir fünftausend Jahre überlebt. Die Zeit ist unser größter Freund.«
    »Beten wir, daß unser Glaube uns nicht

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