Der Jäger
Veranlassung, die Ehefrauen davon zu unterrichten. Sie brauchen sich also keine Sorgen zu machen.«
»Das ist gut. Und wenn Sie ihr die Fotos vorlegen, dann sagen Sie einfach, dass Frau Kassner eine Studentin war und Sie gehört hätten, dass sie ein paar Mal auf einem unserer Feste war. Das weiß meine Frau selbst. Sie war ja nicht nur bei uns zu Gast, sondern auch bei unseren anderen Bekannten, den Kleibers, den van Dycks, bei Richter und Lewell, und … Na ja, sie war eben ein gern gesehener Gast, sie hat dort, wie ich vermute, auch diverse Kontakte geknüpft.«
»Eine Frage habe ich noch. Was können Sie mir über Herrn Lewell sagen?«
»Ich weiß zwar nicht, warum Sie sich gerade über ihn erkundigen, aber ich möchte Sie auch in diesem Fall bitten, meinen Namen aus dem Spiel zu lassen. Ich kenne ihn, ich weiß, was er macht, aber …«
»Aber?«
»Er ist ein komischer Kauz. Auf der einen Seite sehr intelligent und belesen, es gibt kaum etwas, über das man sich nicht mit ihm unterhalten könnte. Er beschäftigt sich mit allen Bereichen, die wir mit unseren fünf Sinnen nicht wahrnehmen können. Er ist ein Allroundgenie im Bereich der Esoterik und der Grenzwissenschaften. Astrologie, Kartenlegen und so weiter. Meine Frau und ich haben bei ihm schon astrologischen Rat eingeholt, wenn Sie verstehen. Ich war zuletzt vor knapp drei Wochen bei ihm. Meine Frau hingegen fährt etwa einmal in der Woche nach Kronberg, um sich beraten zu lassen.« Er hielt inne, sah Hellmer nachdenklich an und fuhr dann fort: »Nun, das ist die eine Seite von Lewell. Die andere ist eher negativer Natur. Er neigt zu etwas unkontrolliertem Verhalten, zumindest habe ich das einmal mitbekommen, als ich bei ihm war und Zeuge eines Telefonats wurde, in dem er Dinge gesagt hat, die ich in dieser Form von ihm nichterwartet hatte. Und jemand anders hat mir erzählt, er schrecke in bestimmten Situationen sogar vor körperlicher Gewalt nicht zurück. Aber das weiß ich nur vom Hörensagen, bestätigen kann ich es nicht.«
»Körperliche Gewalt gegen wen? Frauen?«
Wieder zögerte Maibaum. »Ja, aber es ist nur ein Gerücht. Er scheint ein Problem mit Frauen zu haben, oder besser gesagt, er hat ein Problem mit sich selbst, was Frauen betrifft. Nur, um Himmels willen, sagen Sie ihm bloß nicht, dass Sie das von mir haben.«
»Nein, das bleibt selbstverständlich unter uns. Aber bevor wir zu Ihrer Frau und meiner Kollegin gehen, noch eine Frage. Seit wann waren Sie mit Frau Kassner näher bekannt?«
Maibaum überlegte einen Augenblick, bevor er sagte: »Seit August vergangenen Jahres. Es war auf unserer alljährlichen Gartenparty, als ich sie näher kennen lernte. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nichts von ihr, da wusste ich nicht einmal, dass sie Studentin an meiner Uni war. Ich kann nicht jeden Studenten persönlich kennen, das werden Sie verstehen. Tja, damals fing alles an. Und leider war es nur eine Art Freundschaft, die uns verbunden hat. Mehr hätte es auch nie sein dürfen, denn ich wollte meine Frau nie betrügen, das müssen Sie mir glauben. Ich wollte nur sehen, ob ich noch ein Mann bin … Lassen Sie uns zu meiner Frau und Ihrer Kollegin gehen. Vielleicht kann meine Frau Ihnen weiterhelfen.«
Sie erhoben sich, gingen über den Flur auf die andere Seite zum Wohnzimmer. Julia Durant und Carmen Maibaum unterhielten sich leise. Sie blickten auf, als die beiden Männer das Zimmer betraten. Carmen Maibaum sah tatsächlich jünger aus, wie ihr Mann schon gesagt hatte. Sie hatte ein offenes, freundliches Gesicht mit strahlend blauen Augen und trug das volle, rötlich blonde, schulterlange Haar offen.
»Schatz«, sagte Maibaum, während er die Tür hinter sich zumachte,»der Kommissar möchte dir ein paar Bilder zeigen und dich fragen, ob du die Damen kennst. Ich habe ihm gesagt, dass du nie ein Gesicht vergisst und ihm vielleicht weiterhelfen kannst.«
Carmen Maibaum neigte den Kopf ein wenig zur Seite. »Ich habe mich bereits mit Frau Durant unterhalten. Es ist einfach furchtbar zu hören, dass so viele Frauen umgebracht werden. Und dann auch noch eine Studentin. Wir leben wirklich in einer sehr verderbten Welt. Aber lassen Sie mich doch mal einen Blick auf die Fotos werfen.«
Hellmer legte die Fotos auf den Tisch, Carmen Maibaum sah sich die Gesichter genau an, nickte schließlich und sagte: »Die hier kenne ich. Ich habe sie einmal gesehen. Und zwar bei den van Dycks.«
»Sind Sie sicher?«, fragte Durant, die wie elektrisiert
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