Der Jäger
auch jede Freude.«
»Das tust du auch oft genug, Liebling. Denk mal drüber nach.« In der Tür drehte er sich noch einmal um. »Und vergiss nicht, wir haben nächste Woche einen Termin in Köln. Ich möchte, dass du an diesem Tag besonders hübsch aussiehst.«
»Ich werde mir Mühe geben, mein Herr und Gebieter«, rief sie ihm spöttisch hinterher.
Richter duschte, zog sich um, legte etwas Eau de Toilette auf und kämmte sich. Dann ging er nach unten. Seine Frau hatte seinen Aktenkoffer neben sich stehen und blätterte in den Akten. Er lief schnell zu ihr, riss sie ihr aus der Hand und fuhr sie an: »Hör zu, wenn ich sage, es ist absolut vertraulich, dann meine ich das auch so! Was immer du gelesen hast, wehe, du sprichst auch nur mit einem Menschen darüber!«
»Keine Angst, ich kann schweigen wie ein Grab. Du tust gerade so, als hätte ich eben ein schweres Verbrechen begangen.«
»Kein Wort, verstanden! Nicht einmal die Angehörigen wissen, wie die Frauen ums Leben gekommen sind. Sie wissen lediglich, dass sie erdrosselt wurden. Das ist alles. Und sie dürfen niemalsdie ganze Wahrheit erfahren. Du musst es mir hoch und heilig versprechen.«
»Ja«, sagte sie sichtlich genervt. »Aber es liest sich ganz schön grausam. Wenn ich mir vorstelle, irgend so ein Typ beißt mir die Brustwarzen ab …«
»Keiner beißt dir die Brustwarzen ab, wenn du aufpasst, Liebling. Ich zumindest tue es nicht.« Er schaffte es nicht, die Ironie in seinen Worten zu unterdrücken.
»Das hätte ich dir auch nicht zugetraut – Liebling!«, erwiderte sie ebenfalls ironisch.
Richter nahm den Aktenkoffer, ging in sein Büro, öffnete den Safe, von dem nur er allein die Kombination kannte, und stellte den Koffer hinein. Er atmete tief durch, schenkte sich einen Cognac ein und setzte sich für einen Moment zu seiner Frau auf die Couch. Er hatte noch weit über eine Stunde Zeit bis zu seinem Treffen mit Jeanette Liebermann und brauchte höchstens zwanzig Minuten bis zu ihrer Wohnung. Er legte seine Hand auf Susannes Oberschenkel, streichelte darüber. Sie zitterte leicht und sah ihn herausfordernd an.
»Kannst du nicht noch einen Moment bleiben?«, fragte sie mit sanfter Stimme. »Du weißt, wie gern ich das mag, wenn du mich so berührst. Es macht mich ganz wahnsinnig.«
»Nein, ich muss gleich weg. Aber vielleicht wird es ja doch nicht so spät. Und wenn du es gar nicht mehr aushältst, du weißt ja, wo dein Spielzeug liegt.«
»Ich mag aber nicht mit dem Spielzeug spielen, ich möchte lieber das hier«, sagte sie und fasste ihm mit festem Griff zwischen die Beine.
»Vielleicht nachher. So, und jetzt muss ich dich leider allein lassen. Es wird dir bestimmt nicht langweilig werden. Tschüss, Liebling. Und vielleicht sollten wir uns mal in der nächsten Zeit über ein paar Dinge unterhalten, die mit unserer Ehe zu tun haben.«
»Und über was?«, fragte sie mit naivem Augenaufschlag.
»Du weißt schon, was ich meine.«
Er stand auf und verließ das Haus ohne ein weiteres Wort. Er setzte sich in seinen Jaguar und lenkte ihn aus dem Hof. Es dauerte nicht einmal zwanzig Minuten, bis er bei Jeanette Liebermann war.
Donnerstag, 21.00 Uhr
Sie hatte ihr langes rotes Haar zu einem Zopf geflochten, ihre grünen Augen strahlten ihn an. Sie legte ihre Arme um seinen Hals und küsste ihn noch in der Tür leidenschaftlich.
»Ich freue mich so, dass du gekommen bist. Hat dein Frauchen etwas mitgekriegt?«
»Keine Ahnung, ist mir auch egal.«
Sie gingen ins Wohnzimmer, das stilvoll eingerichtet war, alles, von der Ledergarnitur bis zu den Gemälden, Geschenke von einem Freund, den sie vor seiner Zeit hatte. Seine Affäre mit ihr hatte kurz nach seiner Hochzeit mit Susanne begonnen, als Jeanette sich diese Wohnung gemietet hatte. Hier lebte sie, wenn sie in Frankfurt zu tun hatte, sonst wohnte sie in einem kleinen Dorf am Tegernsee oder in ihrem Haus auf Mallorca.
»Wie lange hast du Zeit?«, fragte sie und schenkte wie selbstverständlich zwei Gläser voll mit schottischem Pure Malt. Sie reichte ihm eines und trank ihres in einem Zug leer.
»Solange du willst«, entgegnete er.
»So wahnsinnig lange kann ich nicht. Unser Drehplan ist heute geändert worden, und ich muss schon um sechs wieder am Set sein. Und ein paar Stunden Schlaf brauche ich schon. Schlimm?«
Richter schüttelte den Kopf. »Nein. Als Schauspielerin musst du eben flexibel sein.«
»Das kannst du aber laut sagen. Ursprünglich wollten die heuteNacht drehen, da
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