Der Jäger
eigentlich schon mal ein Horoskop erstellen lassen?«
»Wieso willst du das wissen?«, fragte sie erstaunt zurück.
»Einfach so. Hast du oder hast du nicht?«
»Ja, hab ich. Warum?«
»Und was ist dein Aszendent?«
»Keine Ahnung, müsste ich nachgucken. Ich hab das nur machen lassen, weil mich eine Freundin dazu gedrängt hat. Besser gesagt, meine Freundin hat’s für mich anfertigen lassen. Ich hab’s irgendwo in Düsseldorf oder auf Mallorca. Interessierst du dich neuerdings etwa auch noch für Astrologie?«
»Nein, nicht direkt. Es war bloß eine Frage. Ich möchte nur, dass du in nächster Zeit vorsichtig bist.«
»Hä? Sprichst du immer in Rätseln? Was ist los?«
»In letzter Zeit sind hier in Frankfurt einige Skorpionfrauen umgebracht worden. Die Öffentlichkeit weiß bis jetzt nicht, dass die Opfer alle Skorpion waren, aber ich habe für die Polizei ein Täterprofil erstellt. Du bist nicht zufällig Aszendent Löwe?«
»Ich weiß es wirklich nicht. Ich hab das vor zwei Jahren oder so machen lassen und es mir nicht einmal durchgelesen, weil es mich nicht interessiert hat. Du solltest wissen, dass ich an solchen Humbug nicht glaube. Und mich bringt bestimmt keiner um, nur weil ich zufällig Skorpion bin. Es gibt ja außer dir kaum jemanden, der weiß, dass ich hier eine Wohnung habe.«
»Dann ist es gut.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Ich geh jetzt mal besser, damit du morgen früh fit bist. Und vielleicht sehen wir uns ja noch mal, bevor du abfliegst. Sonst am 15. November in deinem Haus.«
»Weißt du was, Herr Professor? Wenn ich nicht so wahnsinnig viel unterwegs wäre, könnten wir ein tolles Paar abgeben. Oder was meinst du?«
»Jeanette, Liebling, du weißt so gut wie ich, dass wir niemals ein gutes Paar abgeben würden. Du bist genauso wenig bindungsfähig wie ich. Lassen wir’s einfach so, wie es ist. Und ich weiß auch nicht, wie lange ich deinem Feuer noch standhalten kann. Schlaf gut, ich finde allein hinaus.«
Er küsste sie noch einmal, zog sich an und winkte ihr zu. Sie lächelte. Auf der Heimfahrt dachte er unentwegt an sie. Vielleicht hätten sie tatsächlich ein gutes Paar abgegeben, es wäre zumindest einen Versuch wert gewesen.
Als er weit nach Mitternacht zu Hause eintraf, war die Wohnung leer, Susanne wieder einmal ausgeflogen. Der Fernseher lief noch, er schaltete ihn mit der Fernbedienung aus. Dann machte er es sich auf der Couch bequem und dachte über den zurückliegenden Abend nach. Er lächelte. Jeanette Liebermann, eine Frau, für die es keine Tabus gab. Er legte eine CD mit der Musik von Brahms ein. Entspannung.
Er lag etwa eine Stunde mit geschlossenen Augen auf der Couch und zuckte kurz zusammen, als er die warmen Lippen auf seinen spürte. Er setzte sich langsam auf.
Halb drei.
»Komm, Schatz, gehen wir hoch«, sagte sie. »Ich bin hundemüde. Vielleicht sollten wir uns für morgen etwas Schönes vornehmen.«
Er folgte ihr wortlos nach oben ins Schlafzimmer. Sie entkleidete sich, legte sich nackt ins Bett, zog die Bettdecke bis über die Schultern und schlief fast augenblicklich ein. Richter trank noch einen Cognac, putzte sich die Zähne und legte sich zu ihr. Seine Gedanken aber waren bei Jeanette Liebermann.
Freitag, 4.30 Uhr
Julia Durant hatte noch lange wach gelegen, Nadine war bis um halb zwei bei ihr geblieben, während Frank Hellmer ins Bett gegangen war. Die Kommissarin war in einen oberflächlichen Schlaf gefallen, aus dem sie immer wieder für kurze Zeit aufwachte, einschlief und wieder aufwachte. Sie war zweimal auf der Toilette gewesen und hatte sich das Gesicht gewaschen. Beim zweiten Mal verspürte sie eine leichte Übelkeit. Sie ging auf Zehenspitzen in die Küche, um sich ein Bier zu holen, trank es und schlief wieder ein.
Es dauerte eine Weile, bis sie das piepende Geräusch ihres Handys wahrnahm. Sie öffnete die Augen, schaltete die Nachttischlampe an und griff nach dem Telefon.
»Ja?«, murmelte sie verschlafen.
»Hier Meier vom KDD. Frau Durant?«
»Ja, was gibt’s denn?«
»Kommen Sie bitte so schnell wie möglich zum Holzhausenpark. Wir haben hier eine weibliche Leiche, etwa achtzehn biszwanzig Jahre alt. Die Beschreibung könnte auf eine gewisse Maria van Dyck zutreffen.«
Julia Durant war mit einem Mal hellwach, sie setzte sich auf, rieb sich mit einer Hand über die Augen. In ihren Schläfen pochte es, ihr Herz schlug wie ein Dampfhammer in ihrer Brust, ihr Mund war wie ausgetrocknet.
»Sind Sie sicher?«,
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