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Der Jäger

Der Jäger

Titel: Der Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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lesen. Sie sah nur die Schrift. »Frank, vielleicht sollten wir die Tagebücher von der Müller und der Albertz mal einem Graphologen vorlegen, wegen einer Persönlichkeitsanalyse. Was meinst du?«
    Hellmer zuckte die Schultern. »Keine Ahnung, ob das was bringt. Was willst du denn über die beiden wissen?«
    »Wie sie waren, ihr Charakter, ihr seelischer und emotionaler Zustand kurz bevor sie starben, na ja, was ein Graphologe eben so rausfinden kann.«
    »Humbug.«
    »Quatsch, ich kenn einen, der macht aus jedem einen gläsernen Menschen. Der Typ hat mich nie gesehen und nie gehört, er wusste nicht einmal, dass ich bei der Kripo bin, und dann hat er mir ein Gutachten erstellt, das mich vom Hocker gerissen hat. Der hat nicht nur gesehen, wie es augenblicklich um mich bestellt war, er hat auch ganz konkrete Angaben zu meiner Vergangenheit gemacht. Und nicht nur irgendwelche Sachen gesagt, die auf jeden zutreffen könnten, sondern die wirklich nur auf mich zutrafen. Den würde ich gerne einschalten.«
    »Mach von mir aus, was du willst. So, und jetzt zur Weidmann?«
    »Bis zwölf ist noch eine Menge Zeit. Das schaffen wir. Außerdem ist das gleich bei Richter um die Ecke.«

Dienstag, 10.45 Uhr
     
    »Könnten wir bitte Herrn oder Frau Weidmann sprechen?«, fragte Durant, als sich eine junge weibliche Stimme durch die Sprechanlage vernehmen ließ.
    »Wen darf ich melden?«
    »Durant und Hellmer von der Kriminalpolizei.«
    »Einen Augenblick bitte.«
    Sie warteten etwa eine Minute, bis Ilona Weidmann am Tor erschien.Sie war eine attraktive, jugendlich wirkende Frau Mitte vierzig, mit kurzem dunklem Haar und einem solariumgebräunten Gesicht, das, so vermutete Durant, mindestens einmal in der Woche von einer Kosmetikerin gepflegt wurde. Sie trug ein schlichtes hellgrünes Kleid, doch es war gerade diese auffallende Schlichtheit, die verriet, dass es nicht von der Stange war. Sie war schlank und eine Idee größer als Durant, hatte große dunkle Augen und volle, dezent geschminkte Lippen.
    »Frau Durant«, sagte sie und öffnete das Tor, »was führt Sie zu mir?«
    Die Kommissarin reichte ihr die Hand. Sie erinnerte sich noch gut an die freundliche Frau, an die Art und Weise, wie sie den Tod ihrer Tochter aufgenommen hatte. Sie war nicht zusammengebrochen und hatte auch keinen Schreikrampf bekommen, sie hatte ihre Trauer mit sich selbst ausgemacht. Und, wie sie etwas später verraten hatte, mit Gott.
    »Dürfen wir uns noch einmal kurz mit Ihnen über Ihre Tochter unterhalten?«
    »Natürlich. Wenn Sie mir bitte folgen wollen.«
    Sie gingen in das Haus, das nicht nur von außen, sondern auch von innen einen imposanten Eindruck machte. Doch im Gegensatz zu vielen anderen Villen, die Durant betreten hatte, fühlte sie sich hier von einer wohltuend angenehmen, warmen Atmosphäre umgeben.
    »Bitte, nehmen Sie Platz«, sagte Ilona Weidmann und deutete auf die Sitzgruppe, die genau gegenüber vom großen Fenster stand. »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Tee, Kaffee?«
    »Nein danke, wir sind nicht gekommen, um …«
    »Ich bitte Sie! Warten Sie einen Moment, ich werde unserem Au-pair-Mädchen kurz Bescheid sagen, dass sie uns einen Tee bringen soll.«
    Als sie zurückkam, setzte sie sich in einen der drei weißen Ledersessel.
    »Also, was kann ich für Sie tun?«
    »Es geht um Ihre Tochter. Wir brauchen noch ein paar Auskünfte zu ihrer Person.«
    »Bitte fragen Sie.«
    Das Mädchen kam mit dem Tee, stellte die Tassen auf den Tisch und schenkte ein.
    »Danke, Michelle. Wenn du rausgehst, mach bitte die Tür zu. Wir möchten eine Weile ungestört sein.«
    »Frau Weidmann, am Wochenende sind zwei weitere Frauen getötet worden, und zwar auf die gleiche Weise wie Ihre Tochter und Frau Albertz. Und da wir damals keine Verbindung zwischen Ihrer Tochter und Frau Albertz finden konnten, müssen wir jetzt noch einmal ein paar Details wissen, die unter Umständen eine Verbindung erkennen lassen …«
    »Es sind wieder zwei Frauen umgebracht worden? Du meine Güte! Was geht nur in solch einem kranken Hirn vor?«
    »Das werden wir hoffentlich bald wissen. Was uns interessiert, sind zwei Dinge – zum einen, ob Ihre Tochter Tagebuch geführt hat, eine Frage, die wir damals schon gestellt haben, und zum andern, ob sie ein Faible für ausgefallene, teure Dessous hatte. Können Sie uns dazu etwas sagen?«
    Ilona Weidmann senkte für einen Moment den Blick, überlegte, nahm ihre Tasse, nippte an dem noch heißen Tee. Sie stellte die

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