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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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zielten die Spitzen zweier Spieße auf seine Kehle.
    Mit zusammengepreßten Lippen ließ er seinen eigenen Spieß zu Boden poltern.
    »Ihr braucht seine Feindschaft jetzt nicht mehr zu fürchten«, sagte der Kanzler mit tonloser Stimme.
    »Es ist nicht seine Feindschaft, die ich fürchte«, erwiderte der Kardinal langsam. »Es ist der Verlust seiner Freundschaft.«
    Raimund starrte den Kardinal mit steinerner Miene an.
    »Es ist unerheblich, was die beiden wissen«, sagte er. »Was Ihr in die Wege geleitet habt, läßt sich nicht mehr aufhalten. Laßt sie laufen.«
    »Das mag Euch genügen«, rief der Kanzler. »Mir nicht. Ihr seid beide unangreifbar. Ich dagegen bin dem Kaiser auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Wenn die beiden Nachricht zu ihm bringen über das, was hier geschehen ist und was wir besprochen haben, dann bin ich ein toter Mann. Frederico hat keine Nachsicht mit denen, die ihn hintergehen.«
    »Und was schlagt Ihr vor?« fragte der Kardinal.
    »Wir töten sie. Ich stimme dem Herrn von Siebeneich zu: Es ist unerheblich, was sie wissen und was nicht. Tötet sie, und die Gefahr ist auf jeden Fall gebannt.«
    Giovanni da Uzzano sah von einem zum anderen. Der Kanzler hatte zwei rote Flecken auf den Wangen. Raimunds Gesicht war noch immer so unbewegt wie zuvor.
    »Tut, was er sagt, und Ihr habt den unerbittlichsten Feind Eures Lebens«, erklärte Raimund.
    »Raimund, bitte«, sagte Giovanni da Uzzano und hob beide Hände.
    »Was soll ich tun?«
    Die drei Männer sahen sich an. Aude versuchte zu begreifen, daß sie über ihren und Philipps Tod nachdachten – oder besser: Sie versuchte zu begreifen, daß ihr Leben möglicherweise bald enden würde. Sie zuckte zusammen, als der Kardinal das Wort wieder ergriff.
    »Wir müssen uns beraten«, sagte er.
    Er gab den Wächtern ein Zeichen, und diese führten Aude und Philipp weg. Philipp sah starr geradeaus, während Aude sich noch einmal umdrehte und den Blick Raimunds suchte. Er wich ihr nicht aus, aber seine Miene zeigte auchkeine Regung. Audes Wächter steuerten die Treppe zum Obergeschoß an.
    »Bringt sie zusammen in die Küche hinunter«, sagte der Kardinal. »Warum sollten wir sie jetzt noch trennen?«
    Die Männer führten sie die Treppe hinunter und nahmen dann die Küche in Besitz. Die zwei, die Aude bewacht hatten, legten sich am Fuß der Treppe auf den Boden und wickelten sich in ihre Mäntel, während die beiden anderen sich auf den Block setzten und die Spieße ihrer Kameraden an sich nahmen. Philipp und Aude setzten sich neben den Kamin auf das Häufchen Stroh, das noch von Philipps erstem Aufenthalt übrig war. Nach kurzem Zögern legte Philipp seine Hand auf ihren Arm. Sie legte ihre Hand darauf. Die Wachen beobachteten sie und grinsten. Unwillkürlich zog Aude die Füße an und versuchte sie unter dem zerrissenen Rock zu verstecken. Philipp spürte die Kälte, als sie sie gegen seine Oberschenkel drängte, und er ließ ihre Hand los und begann die kalten Zehen zu kneten. Er beachtete die Männer nicht.
    »Glaubst du, sie werden uns umbringen?« flüsterte Aude nach einer Weile.
    »Ich weiß nicht. Es steht nicht viel zwischen uns und dem Tod.«
    »Nur dein Herr.«
    »Ja«, sagte Philipp bitter. »Mein Herr. Der mich überhaupt erst in die ganze Angelegenheit verwickelt hat.«
    »Er versucht uns zu helfen.«
    Philipp antwortete nichts darauf. Innerlich kochte er vor Zorn: auf Raimund, auf den Kardinal, auf Peter von Vinea, auf sich selbst. Der Zorn war so stark, daß er die Angst kaum aufkommen ließ. Oben saßen die drei Männer und beratschlagten über Audes und sein Schicksal.
    Einer der Wächter auf dem Boden brummte etwas über die Kälte in der Küche und richtete sich wieder auf. Er kroch zum Kamin und entzündete mit einiger Mühe ein Feuer. Während sein Kamerad offenbar eingeschlafen war, hockte er sich auf die Fersen, beobachtete die Flammen und schürte und fütterte sie, bis auch zu Philipp und Aude an der Flanke des Kamins ein Hauch von Wärme heranzudringen schien. Der Wächter machte ein zufriedenes Geräusch und rollte sich nicht weit von der Kaminöffnung entfernt wieder auf dem Boden zusammen.
    Aude sagte nichts mehr. Nach einer Weile ließ sie den Kopf hängen und sank gegen ihn, und er spähte nach unten in ihr Gesicht und dachte, sie würde weinen. Aber er sah, daß sie statt dessen gegen den Schlaf ankämpfte. Sie sah wieder auf.
    »Wie kann ich schlafen wollen?« murmelte sie. »Es geht um unser Leben. Aber ich bin so

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