Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
imstande sein - Callahan, weil er paralysiert war, und Hildreth, weil man ihn hinten eingesperrt hatte. Die Fenster würden sich nicht bewegen lassen: Der Mann hatte sie gerade weit genug abgesenkt, dass das Wasser schneller einströmen konnte. Hildreths ultrasicheres Fahrzeug war zur Krypta geworden.
    Der Wagen kam jetzt mit leicht nach oben gerichteter Vorderhälfte im Flussbett zum Stillstand, vermutlich weil sich das hintere Abteil bereits mit Wasser gefüllt hatte. Wasser strömte durch das Fenster und ein Dutzend unsichtbarer Lüftungsöffnungen herein. Es stieg schnell, an Callahans Brust, den Hals, sein Kinn. Höher.
    Er atmete jetzt durch die Nase, aber wie viele Sekunden noch? Und dann verschwammen all seine Fragen, wurden von einer anderen Frage verdrängt: Wer konnte so etwas tun?
    Das Wasser drang ihm in Mund und Nase, floss in seine Lungen, und in ihm breitete sich eine machtvolle Empfindung aus, vielleicht die mächtigste Empfindung, die der menschliche Körper überhaupt erfahren kann, die des Erstickens. Er war am Ertrinken. Er konnte keine Luft kriegen. Er dachte an seinen Onkel Jimmy, der an einem Emphysem gestorben war, in einem Stuhl sitzend, mit Sauerstoff, der durch durchsichtige Röhrchen in seine Nase strömte, mit einem Sauerstofftank, der ihn überallhin begleitete, so wie früher sein gelber Labrador. Er malte sich aus, wie er sich mit kräftigen Stößen seiner Arme und Beine befreien und zur Oberfläche des Flusses auftauchen würde. Dann versuchte er sich vorzustellen, wie er gute, saubere Luft atmete, stellte sich vor, wie er auf der Aschenbahn seiner Schule in West Lafayette, Indiana, gerannt war, aber als er das tat, wurde ihm bewusst, dass er das Wasser nur noch schneller inhalierte. Luft quoll in einem pulsierenden Strom in Blasen aus seiner Nase und seinem Mund.
    Und die Qual der Atemlosigkeit nahm nur noch zu.
    Der Druck auf seine Trommelfelle - er war stark, stark wurde qualvoll, gesellte sich dem schrecklichen Gefühl des Erstickens hinzu. Doch das bedeutete auch etwas. Das bedeutete, dass er noch nicht tot war. Der Tod war nicht schmerzhaft. Was er empfand, war das letzte Pulsieren des Lebens, sein Abschiedsschmerz, sein verzweifeltes Bemühen, die Welt nicht zu verlassen.
    Er wollte um sich schlagen, und in seinem Bewusstsein fingen seine Hände an, das Wasser aufzuwühlen: Aber nur in seinem Bewusstsein. Seine Gliedmaßen zuckten schwächlich, das war alles.
    Er erinnerte sich an das, was der Mann gesagt hatte, und auch andere Dinge wurden ihm jetzt ganz klar. Sie haben Ihren Passagier mit dem eigenen Leben zu schützen: jetzt kein Thema mehr. Wenn man den Wagen schließlich aus dem Fluss zog, würden sie beide tot sein. Beide ertrunken. Ein Fahrer, vom Aufprall betäubt, auf seinem Platz ertrunken. Ein Passagier, das Opfer von Sicherheitsvorkehrungen. Die einzige Frage würde sein, weshalb Callahan von der Brücke gefahren war.
    Aber es war nass, der Asphalt war schlüpfrig, und Callahan neigte schließlich dazu, die Geschwindigkeitsbegrenzung zu überschreiten, nicht wahr? Oh ja, man würde ihm die Schuld geben, dem Kleinen.
    So sollte es also zu Ende gehen. Er dachte an alles, was in seinem Leben schief gelaufen war. Er dachte an das Sportstipendium an der State University, das er nicht bekommen hatte, weil er an dem Tag, an dem der Scout da gewesen war, um sich umzusehen, was die West Lafayette Highschool zu bieten hatte, nicht beim Training gewesen war. Und dann hatte der Coach ihn wegen dieser bescheuerten Knieverletzung nicht bei den regionalen Meisterschaftsspielen mitmachen lassen. Er dachte an die Wohnung, die er und Irene hatten kaufen wollen, bis sich herausgestellt hatte, dass sie das Geld für die Anzahlung nicht zusammenkratzen konnten, und sein Vater weigerte sich, ihnen zu helfen, wütend, weil sie sich darauf verlassen hatten, dass er etwas beisteuern würde, ohne ihn vorher zu fragen, und deshalb verloren sie sogar die Anzahlung, ein Verlust, den sie nur mit Mühe meistern konnten. Er erinnerte sich, wie Irene kurz darauf das Weite gesucht hatte. Er hätte es ihr eigentlich nicht übel nehmen sollen, aber er tat es natürlich. Er erinnerte sich an die Jobs, um die er sich beworben hatte, und die Reihe verletzender Ablehnungsschreiben. Gefahrgut war das Etikett gewesen, das man ihm aufgeklebt hatte, und so sehr er sich auch bemühte, das Etikett hatte sich nie ganz abgelöst. Wie die klebrige Masse, die an der Stoßstange kleben bleibt, wenn man einmal

Weitere Kostenlose Bücher