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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Waffe konnte hinter meinem Kopf vorbeisausen, aber der Vorderreifen des Cadillacs würde genau in die Schussbahn des linken Revolvers hineinrollen. Dann würde er ans Tor knallen, den ganzen Schwung verlieren und mit geplatztem Vorderreifen und vermutlich beschädigter Lenkung ein leichtes Ziel sein. Paulie konnte noch zehnmal abdrücken, und selbst wenn ich nicht gleich tot war, würde ich schwer verletzt und der Wagen bewegungsunfähig sein. Dann würde Paulie in aller Ruhe zusehen, wie ich verblutete, während er nachlud.
    Ich konnte heimlich den Rückwärtsgang einlegen und rückwärts flüchten. Aber dieser Gang ist bei den meisten Autos ziemlich niedrig übersetzt, sodass ich relativ langsam wegkäme. Und ich würde mich in völlig gerader Linie von ihm entfernen, ohne die üblichen Vorteile eines beweglichen Ziels. Außerdem verlässt eine Remington Kaliber 44 Magnum den Revolverlauf mit über achthundert Meilen in der Stunde, sodass man ihr nicht so leicht entkommt.
    Ich konnte versuchen, meine Beretta zu ziehen und damit blitzschnell durch eine der Scheiben zu schießen. Doch das Fensterglas eines Cadillacs ist ziemlich dick. Selbst wenn es mir gelang, die Pistole zu ziehen und vor Paulie abzudrücken, würde es reiner Zufall sein, wenn ich ihn traf.
    Ich konnte mein Fenster herunterfahren. Aber das ginge nicht schnell genug, sodass mir klar war, was geschehen würde. Er würde den Colt in der rechten Hand bis auf einen Meter an meinen Kopf heranbringen. Selbst wenn ich es schaffte, die Beretta sehr schnell zu ziehen, hätte er einen erheblichen Vorsprung. Meine Chancen standen ziemlich schlecht. Bleib am Leben, hätte Leon Garber mir geraten. Bleib am Leben und warte ab, was die nächste Minute bringt.
    Was in dieser Minute geschah, diktierte Paulie.
    »Schalthebel auf P!«, rief er.
    Ich hörte seine Stimme deutlich, auch durchs dicke Glas, und tat, wie mir befohlen.
    »Rechte Hand hoch, damit ich sie sehen kann!«, rief er.
    Ich legte die rechte Handfläche mit gespreizten Fingern an die Scheibe.
    »Tür mit der linken Hand öffnen!«
    Ich tastete blindlings nach dem Türgriff und zog ihn mit der linken Hand auf. Drückte mit der Rechten an die Scheibe. Die Tür ging auf. Kalte Luft strömte herein.
    »Beide Hände oben lassen, damit ich sie sehen kann«, sagte er. Gleichzeitig richtete er auch den linken Colt auf mich. Ich starrte in beide Mündungen. Dabei kam ich mir vor, als säße ich auf dem Vorderdeck eines Schlachtschiffs und sähe in die Rohre zweier Schiffsgeschütze. Ich hielt die Hände so, dass er sie sehen konnte.
    »Füße aus dem Wagen«, befahl er.
    Ich drehte mich langsam nach links, stellte beide Füße auf den Asphalt.
    »Aufstehen«, sagte er. »Vom Wagen wegbewegen.«
    Ich stemmte mich hoch. Trat vom Wagen weg. Beide Colts zielten jetzt auf meine Brust. Paulie stand anderthalb Meter von mir entfernt.
    »Stehen bleiben, keine Bewegung«, sagte er.
    Ich tat wie mir geheißen.
    »Richard!«, rief er.
    Richard Beck trat aus der Tür des Pförtnerhauses. Er war blass. Hinter ihm im Schatten sah ich Elizabeth Beck. Ihre Bluse war vorn aufgerissen. Sie hielt sie mit beiden Händen zusammen. Paulie grinste. Ein jähes, verrücktes Grinsen. Aber die Revolvermündungen zielten weiter unbeirrbar auf mich.
    »Du bist ein bisschen zu schnell zurückgekommen«, sagte Paulie. »Ich wollte ihn gerade dazu zwingen, mit seiner Mutter zu bumsen.«
    »Du spinnst wohl?«, sagte ich. »Was geht hier vor?«
    »Ich hab einen Anruf gekriegt«, sagte er. »Das geht hier vor.«
    Du hättest vor einer Stunde und zwanzig Minuten wieder da sein müssen.
    »Beck hat angerufen?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Nicht Beck«, sagte er. »Mein Boss.«
    »Xavier?«, fragte ich.
    »Mr. Xavier«, sagte er.
    Paulie starrte mich herausfordernd an. Die Revolver blieben auf mich gerichtet.
    »Ich war einkaufen«, erklärte ich. Bleib am Leben und wart ab, was die nächste Minute bringt.
    »Was du gemacht hast, ist mir egal.«
    »Ich konnte nicht finden, was ich wollte. Deshalb komme ich so spät.«
    »Wir haben erwartet, dass du dich verspätest.«
    »Warum?«
    »Wir haben neue Informationen.«
    Dazu sagte ich nichts.
    »Du gehst jetzt rückwärts«, forderte er mich auf. »Durchs Tor.«
    Beide Revolver blieben aus anderthalb Meter Abstand auf mich gerichtet. Paulie marschierte vorwärts, während ich rückwärts durchs Tor ging. Er bewegte sich im Gleichschritt mit mir. Als das Tor sieben oder acht Meter entfernt war, hielt

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