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Der Jesus vom Sexshop: Stories von unterwegs

Der Jesus vom Sexshop: Stories von unterwegs

Titel: Der Jesus vom Sexshop: Stories von unterwegs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helge Timmerberg
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vor, daß ich sein Stellvertreter werde. Also zweitmächtigster Polizist der Stadt. Dafür gäbe er mir seine Tochter zur Frau.
    Es wurde Zeit, daß ich verschwand. Die Ärzte rieten ab. Sie wollten der Elephantiasis eine Überdosis verabreichen, sie wollten mich beobachten, sie wollten ganz sicher sein. Und meine Krankenschwester weinte, als ich meinte, ich sei nicht mehr krank. Wer kann Frauen weinen sehen? Ich weiß, daß es manche Männer können. Ich weiß aber auch, daß es Menschen gibt, die keine Seele haben. Denen sind Tränen von Haus aus egal. Mir nicht. Ich fuhr trotzdem.
    Das Krankenhaus wollte keinen Pfennig sehen, sondern lediglich meine Unterschrift auf einem Stück Papier, auf dem zu lesen stand, daß ich gegen den Rat der Ärzte gehe. Ich unterschrieb das gern. Danach hieß es Abschied nehmen. Das gesamte Personal des Krankenhauses versammelte sich vor dem Portal, der Polizeichef, der Künstler, und jeder nahm mich in den Arm. Zum letzten Mal fühlte ich Leilas Busen beben. Zum letzten Mal.
    Mit geheilten Beinen und gebrochenem Herzen ging ich die lange, wie mit dem Lineal gezogene Allee hinunter, die vom Portal des Krankenhauses bis zum Zentrum der Stadt führt, und winkte, bis mir fast die Hand abfiel. Ziel: der Bahnhof von Zahedan. Er ist, wie schon berichtet, an das Eisenbahnnetz des subindischen Kontinents angeschlossen. Jeden Montag um acht Uhr dreißig verließ der Taftan-Expreß die Stadt in Richtung Lahore. Ich kannte mich aus. Ich buchte dritter Klasse und suchte mir einen Waggon mit netter pakistanischer Großfamilie. Ich denke, jeder von uns hat das Recht auf eine zweite Chance.

Neulich im Heiligen Land
    (Tel Aviv)
    M e, I was in Tel Aviv. Ich hatte dort beruflich zu tun. Und was ich an Auslandsjobs besonders mag, ist der Feierabend. An der Rezeption empfahl man mir eine Diskothek, deren Name mir inzwischen entfallen ist (die Sache ist ein bißchen her), aber im Taxi wußte ich ihn noch. «No problem, Klaus», sagte der Fahrer. Er gab Gas, ich freute mich auf einen angenehmen Abend im mediterranen Klima, die Quatscherei begann.
    «Zum ersten Mal in Tel Aviv, Klaus?» fragte der Taxifahrer.
    «Nein, zum dritten Mal. Und ich heiße auch nicht Klaus.»
    «Haha, das ist gut, du heißt nicht Klaus. Und du glaubst, damit kommst du durch, Klaus?»
    Mir war es im Grunde egal, meinetwegen sollte ich Klaus für ihn sein, aber er machte sich geradezu einen Spaß daraus, jeden seiner Sätze entweder mit Klaus zu beginnen oder zu beenden.
    «Hör mal», sagte ich, «wie heißt du?»
    «Ich heiße Joschua, aber alle nennen mich Joschi. Schön, daß du danach fragst, Klaus.»
    «O.   k., Joschi, ich heiße Helge.»
    Joschi schien langsam ärgerlich zu werden. Er könne verstehen, daß ich nicht immer und überall erkannt werden wolle, er habe Verständnis für das Menschenrecht auf Anonymität, aber ich solle ihn auch nicht für einen Neandertaler halten, der gerade aus der Höhle gekrochen sei. Er gehe oft ins Kino, strenggenommen sei er Cineast, und ich sei nun mal Klaus Kinski, da laufe das mit der Anonymität nicht. «Was soll man machen. Das ist der Preis des Ruhms, Klaus.»
    Wir fuhren inzwischen nicht mehr durch das Zentrum von Tel Aviv, auf den Bürgersteigen tat sich kaum noch etwas, auf der Fahrbahn auch. Es sah nach Vorstadt aus, und es war nicht einmal Mitternacht. Ich fragte Joschi, wie er auf so ’nen Scheiß komme.
    «Du siehst aus wie Klaus Kinski. Du sprichst Englisch wie Klaus Kinski …»
    «Aber ich bin nicht so tot wie Klaus Kinski.»
    «Hör mal, Klaus, damit scherzt man nicht.»
    Ich scherzte keineswegs. Kinski war im Jahr zuvor gestorben. Ich hatte selbst darüber geschrieben. Als ich Joschi das sagte, wurde er still. Er war betroffen, nein, traurig. Er hatte ein halbes Jahr zu spät von dem Tod erfahren, und er war, wie es schien, ein Klaus-Kinski-Fan. Ich ließ ihn Abschied nehmen und sah schweigend aus dem Fenster. Ein melancholischer Moment. Leider regnete es nicht. Aber ein bißchen Wind war da, und der wiegte die Palmen. Etwa zu dem Zeitpunkt, als wir die Auffahrt zur Stadtautobahn erreichten, begann Joschi wieder zu lachen. «Alles klar, Klaus! Ich bin doch tatsächlich für einen Moment darauf reingefallen. Ich habe einfach vergessen, daß du Schauspieler bist.»
    Wir fuhren in einem großen Bogen um Tel Aviv, in der Dunkelheit waren die Lichter der Strandhotels und hinter ihnen die Positionsleuchten der Schiffe zu sehen. Vielleicht hätte ich jetzt gern davon

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