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Der Joker

Titel: Der Joker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak Alexandra Ernst
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ist.
    Aber.
    Wie blöd kann man eigentlich sein?

    Ich hätte den Kerl umbringen sollen, und nun hocke ich hier und mache mir Sorgen, ob es ihm gut geht. Ich fühle mich schuldig wegen dem, was ich ihm angetan habe, aber andererseits fühle ich mich auch schuldig, weil ich ihn nicht getötet habe. Denn das war es, wofür ich dorthin geschickt wurde. Die Pistole in meinem Briefkasten lässt daran wohl keinen Zweifel zu.
    Vielleicht ist er bis zur Schnellstraße gekommen und einfach weitergelaufen.
    Vielleicht ist er in den Abgrund gesprungen.
    Ich bremse mich, bevor ich mir jedes einzelne mögliche Szenario ausmale. Bald schon werde ich keine Zeit mehr haben, mir Sorgen zu machen. Noch ein paar Tage.
     
     
    Eines Nachts komme ich vom Kartenspielen heim und das Haus riecht anders. Der Gestank des Türstehers ist da, aber da ist auch noch etwas anderes. Es riecht wie Gebackenes. Und da weiß ich es...
    Pastete.
    Zögernd schleiche ich in Richtung Küche. Das Licht ist an. Da sitzt jemand in meiner Küche und isst Pastete, die er aus der Kühltruhe geholt und aufgebacken hat. Ich rieche das heiße Fleisch und die Soße. Die Soße ist unverkennbar.
    Mit groteskem Optimismus schaue ich mich nach etwas um, was ich als Waffe benutzen könnte, aber da ist nichts außer dem Sofa.
    Als ich die Küchentür öffne, sehe ich eine einsame Gestalt.
    Ich bin schockiert.
    Am Küchentisch sitzt ein Mann mit einer wollenen Skimaske, die nur Augen und Mund freilässt, und isst Fleischpastete
mit Soße. Durch mein Gehirn sausen tausend Fragen, aber keine bleibt stehen. Dies ist ein Anblick, der einen nicht jede Nacht beim Heimkommen erwartet.
    Während ich noch darüber nachdenke, was ich tun soll, merke ich mit nicht unerheblicher Panik, dass noch ein zweiter Mann im Raum ist. Hinter mir.
    Nein!
     
     
    Ein Schlabbern weckt mich.
    Der Türsteher.
    Gott sei Dank, dir ist nichts passiert , sage ich zu ihm. Und dabei schließe ich vor Erleichterung die Augen.
    Er schlabbert wieder, und seine Zunge ist rot von dem Blut, das mein Gesicht verschmiert. Er lächelt mich an.
    »Ich hab dich auch lieb«, sage ich. Meine Stimme ist wie die Wahrheit. Ich weiß nicht genau, ob sie aus meinem Mund kommt oder nicht. Habe ich noch eine Stimme? Mir wird bewusst, dass ich außerhalb von mir selbst nichts höre. Es ist alles in mir drin, wie statisches Rauschen.
    Beweg dich , befehle ich mir, aber ich kann nicht. Ich bin auf dem Küchenboden fest zementiert. Ich begehe sogar den Fehler zu versuchen, mich daran zu erinnern, was passiert ist. Das führt dazu, dass mich ein Lärm durchschießt und sich das Gesicht des Türstehers über mir auflöst. Es scheint mir wie der Vorbote des Todes. Ein Prolog, sozusagen.
    Mein Geist faltet sich zusammen.
    In den Schlaf.
    Ich falle tief in mich hinein und fühle mich gefangen. Ich stürze durch mehrere Schichten von Dunkelheit, habe fast den Grund erreicht, als mich eine Hand an der Kehle packt
und hochzieht, zurück in den Schmerz der Wirklichkeit. Zumindest fühlt es sich so an. Nein, jemand schleift mich tatsächlich durch die Küche. Das fluoreszierende Licht sticht mir in die Augen und der Geruch nach Pastete und Soße verursacht mir Übelkeit.
    Ich werde hochgezerrt und sitze jetzt auf dem Boden, kaum bei Bewusstsein, und halte meinen Kopf in meinen Händen.
    Bald darauf verbinden sich die beiden Gestalten mit dem gleißenden Licht und ich kann sie in der Weißheit der Küche sehen.
    Sie lächeln.
    Aus dem Innern ihrer dicken Skimasken werfen sie mir ihr Lächeln zu. Beide sind etwas größer als der Durchschnitt, muskulös und kräftig gebaut, besonders im Vergleich zu mir selbst.
    Sie sagen:
    »Hallo, Ed.«
    »Wie fühlst du dich?«
    Meine Gedanken treten Wasser.
    »Mein Hund«, stöhne ich. Mein Kopf zerfließt in meinen Händen und meine Worte ertrinken. Ich habe bereits vergessen, dass es der Türsteher war, der mich wieder zu Bewusstsein brachte.
    »Er müsste mal wieder baden«, sagt der eine.
    »Geht’s ihm gut?« Leise Worte. Worte der Angst, die zerbrechen und zittern und darum kämpfen, an die Oberfläche zu kommen.
    »Ein Flohhalsband wär auch nicht schlecht.«
    »Flöhe?«, sage ich. Meine Stimme fällt zu Boden. »Er hat keine Flöhe...«

    »Und was ist dann das da?«
    Einer der beiden Männer packt mich sanft an den Haaren und hebt meinen Kopf hoch, damit ich mir seinen Unterarm betrachte, der mit Insektenbissen übersät ist.
    »Die sind nicht vom Türsteher«, beharre ich und frage mich

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