Der Joker
wovon du redest?«
»Okay, okay.« Er tut so, als ob ich der größte Mistkerl auf der ganzen weiten Welt sei und er große Lust hätte, seinerseits aufzulegen. »Es ist nur so, dass ein paar Typen gefragt haben, ob du nun dabei bist oder nicht.«
»Wobei?«
»Du weißt schon.«
»Sag’s mir, Marv.«
»Du weißt schon - beim Knochenbrecher.«
Verdammt, dieses Scheiß-Footballspiel des Jahrhunderts. Ich schelte mich innerlich selbst. Wie zum Teufel konnte ich das nur vergessen? Was für ein selbstsüchtiger Dreckskerl ich doch bin! »Ich habe ehrlich gesagt noch nicht darüber nachgedacht, Marv.«
Er ist nicht gerade erfreut. Ganz und gar nicht erfreut.
Marv kocht. Er stellt mir ein Ultimatum. »Dann mach das gefälligst, Ed. Sag mir in den nächsten vierundzwanzig Stunden Bescheid, ob du spielen kannst. Wenn nicht, holen wir jemand anderen. Es gibt eine ziemlich lange Warteliste, klar? Der Knochenbrecher hat Tradition, und Jungs wie Jimmy Cantrell und Horse Hancock würden alles dafür tun, dabei sein zu dürfen.« Ich klinke mich aus. Horse Hancock? Ich will nicht mal darüber nachdenken, wer um alles in der Welt das ist. Erst als das Telefon anfängt zu tuten, merke ich, dass Marv aufgelegt hat. Ich sollte ihn später anrufen und ihm sagen, dass ich spielen werde. Immerhin besteht die Möglichkeit, dass mir jemand auf diesem riesigen Unkrautacker den Hals bricht. Das wäre schön.
Sobald ich das Telefon aufgelegt habe, nehme ich eine Plastiktüte, gehe raus zum Taxi und hole den Beweis meiner Schuld aus dem Kofferraum. Ich lege ihn wieder in die Schublade und versuche, ihn aus meinen Gedanken zu verbannen. Es gelingt mir nicht.
Ich schlafe.
Die Stunden um mich herum sind wie gelähmt. Ich liege im Bett.
Ich träume von letzter Nacht, von dem Zucken der Morgensonne und dem zitternden Riesen. Ist er schon wieder in der Stadt? Ist er zu Fuß gegangen, oder hat er jemanden gefunden, der ihn mitnimmt? Ich versuche, nicht daran zu denken. Jedes Mal wenn diese Gedanken zu mir ins Bett klettern, drehe ich mich um und will sie mit meinem Körper zerquetschen. Sie sickern unter mir hervor.
Es kommt mir vor, als wäre es Nachmittag, als ich endgültig
aufwache, aber es ist gerade mal elf Uhr. Der Türsteher küsst mich mit seiner nassen Nase. Ich liefere das Taxi ab, gehe wieder nach Hause und mache mit dem Türsteher einen Spaziergang.
»Halt die Augen offen«, sage ich zu ihm draußen auf der Straße. Die Paranoia hat mich am Wickel. Ich denke an den Kerl aus der Edgar Street, obwohl ich weiß, dass er wahrscheinlich meine geringste Sorge ist. Viel mehr Sorgen machen muss ich mir um die Person, die mir das Karo-Ass geschickt hat. Ich habe das ungute Gefühl, dass derjenige weiß, dass ich die Aufgaben auf der Karte erfüllt habe, und dass schon bald die nächste in meinem Briefkasten landen wird.
Pik. Herz. Kreuz.
Ich frage mich, welche Karte es sein wird. Pik würde mich am meisten beunruhigen, glaube ich. Das Pik-Ass macht mir Angst, schon immer. Ich will nicht daran denken. Ich fühle mich beobachtet.
Am späten Nachmittag gehen wir noch mal raus und laufen zu Marvs Haus, wo ein paar Jungs hinten im Garten abhängen.
Ich geh rüber zu ihnen und rufe nach Marv. Zuerst hört er mich nicht, aber als er dann zu mir kommt, sage ich einfach: »Ich bin dabei, Marv.«
Er schüttelt mir die Hand, als hätte ich ihn gefragt, ob er mein Trauzeuge sein will. Für Marv ist es wichtig, dass ich mitspiele, denn wir beide sind seit ein paar Jahren regelmäßig dabei, und er möchte, dass das zu einer Art Tradition wird. Marv glaubt an so etwas, und ich weiß, dass ich das nicht geringschätzen sollte. Es ist, wie es ist.
Ich schaue Marv an und die anderen Leute in seinem Garten.
Sie werden diese Stadt nie verlassen. Sie haben es nie gewollt und das ist auch in Ordnung.
Ich unterhalte mich noch ein bisschen mit Marv und will dann wieder gehen, obwohl mir von etlichen Kühlboxen schleppenden Kleinstädtern Bier angeboten wird. Sie tragen karierte Shorts, Unterhemden und Hosenträger. Marv begleitet mich hinaus vor die Gartentür, wo der Türsteher wartet. Als ich schon halb die Straße hinuntergegangen bin, ruft er mich zurück.
»He, Ed!«
Ich drehe mich um. Der Türsteher nicht. Er mag Marv nicht besonders.
»Danke, okay?«
»Kein Thema«, sage ich und laufe weiter. Ich bringe den Türsteher nach Hause und gehe dann zur Arbeit. Während ich durch die Stadt fahre, denke ich wieder an
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