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Der Joker

Titel: Der Joker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak Alexandra Ernst
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»Es ist doch nur Papier. Nur Worte.« Er verschweigt, dass diese Worte Tod oder Vergewaltigung bedeuten können oder schreckliche, blutige Aufgaben.
    Oder Sophies und Millas , denke ich.
    Wie auch immer. Wir sitzen auf dem Sofa.
    Der Türsteher und ich.
    Nun? , fragt er, mit dem Kinn auf den Pfoten.
    Ich weiß.
    Es muss getan werden.
     
     
    Ich reiße den Umschlag auf und das Kreuz-Ass fällt heraus, gemeinsam mit einem Brief.
    Lieber Ed,
wenn du dies liest, scheint alles gut zu laufen. Ich hoffe
inständig, dass dein Kopf nicht allzu sehr wehtut. Zwei
fellos haben Keith und Daryl berichtet, dass wir sehr zu
frieden sind mit den Fortschritten, die du machst. Wenn
mein Gefühl mich nicht täuscht, werden sie auch er
wähnt haben, dass wir wissen, dass du den Mann aus der
Edgar Street nicht getötet hast. Gut gemacht. Du hast die
Situation auf eine saubere und überlegte Art und Weise
gemeistert. Sehr beeindruckend, wirklich. Glückwunsch.
Für den Fall, dass es dich interessiert: Mr Edgar Street hat
vor kurzem einen Zug bestiegen, in Richtung einer alten

Bergwerksstadt. Vermutlich freut es dich, das zu hören ...
Jetzt warten neue Herausforderungen auf dich.
Kreuz ist mit Vorsicht zu genießen, mein Freund.
Die Frage ist: Bist du bereit?
Oder ist diese Frage bedeutungslos? Denn für das Karo
Ass warst du ja sicher auch nicht bereit, oder?
Aber du hast es geschafft.
Viel Glück und mach weiter so. Du bist dir doch hoffent
lich bewusst, dass dein Leben davon abhängt?
Mach’s gut.
    Klasse.
    Einfach klasse.
    Ich zittere bei dem Gedanken, dass das Kreuz-Ass sogleich seine Absichten enthüllen wird. Meine Vernunft sagt mir, dass ich es nicht aufnehmen sollte. Ich stelle mir sogar vor, dass der Türsteher es auffrisst, obwohl das jeglicher Realität entbehrt.
    Das einzige Problem ist, dass ich fühlen kann, wie die Karte an meinem großen Zeh lehnt. Das verdammte Ding ist wie die Schwerkraft selbst. Wie ein Kreuz, das mir auf den Rücken geschnallt wurde.
    Jetzt ist sie in meinen Händen.
    Ich halte sie.
    Sie ist in meinen Augen.
    Ich lese sie.
    Kennst du das Gefühl, wenn du etwas tust und erst Sekunden später bemerkst, dass du es tatsächlich getan hast? So fühle ich mich im Augenblick und erwarte daher, als ich auf das Kreuz-Ass starre, eine weitere Liste mit Adressen.
    Ich liege falsch.

    Typisch, so einfach ist es nicht. Diesmal sind es keine Adressen. In diesem Spiel gibt es keine Regeln, kein Muster. Nichts, was irgendwie sicher wäre. Es ist eine Prüfung, und Teil der Prüfung ist, dass man mit allem rechnen muss.
    Diesmal sind es Worte.
    Nur Worte.
    Da steht:
    Sprich ein Gebet
am Berg der Brüder
    Sag’s mir. Bitte. Kannst du mir bitte erklären, was das bedeuten soll? Die Adressen waren wenigstens eine klare Ansage. Der Berg der Brüder kann alles Mögliche sein. Überall. Vielleicht sogar eine Person. Wie soll ich einen Ort finden, der kein Gesicht hat? Wie soll ich ihn finden, wenn ich den Weg nicht weiß?
    Die Worte flüstern mir zu.
    Die Karte spricht sanft in mein Ohr, als ob die Erinnerung unverzüglich emporsteigen müsste.
    Aber da ist nichts.
    Nur die Karte und ich und ein schlafender, sanft schnarchender Hund.
     
     
    Später wache ich auf, liege zusammengekauert auf dem Sofa und merke, dass ich wieder aus der Wunde am Hinterkopf blute. Auf dem Sofa ist Blut und auf meinem Nacken rostfarbener Schorf. Der Schmerz ist zurückgekehrt, aber nicht so scharf und bohrend wie zuvor. Nur dauernd.
    Die Spielkarte liegt auf dem Couchtisch, weich gebettet auf Staub. Sie wächst daraus empor.

    Draußen ist es dunkel.
    Das Licht in der Küche kreischt.
    Es betäubt meine Ohren, als ich darauf zugehe.
    Das rostige Blut kratzt mir am Nacken und rutscht dann meinen Rücken hinab. Ich beschließe auf dem Weg zur Küche, dass ich etwas trinken muss. Ich knipse das Licht aus und schlurfe in der Dunkelheit auf den Kühlschrank zu. Ganz hinten steht noch ein Bier. Ich gehe zurück ins Wohnzimmer, trinke und versuche, fröhlich zu sein. In meinem Fall heißt das: Ich versuche, die Karte zu ignorieren. Ich streichle den Türsteher mit meinen Füßen, frage mich, was für ein Tag heute ist und wie viel Uhr wir haben und was wohl im Fernsehen liefe, wenn ich mich dazu aufraffen könnte, das Gerät einzuschalten. Ein paar Bücher liegen auf dem Boden. Ich überlege, ob ich mir eins nehmen und es lesen soll.
    Etwas leckt an meinem Rücken.
    Mein Kopf fängt wieder an zu bluten.

4
    Nur Ed
    »Noch

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