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Der Joker

Titel: Der Joker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak Alexandra Ernst
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darf
nicht zulassen, dass mir dieser Gedanke in die Quere kommt. Ich bin wie besessen, während ich Gavin Rose zerschlage, seinen Körper und sein Gesicht. Es ist dunkel und ein auffrischender Wind fegt durch das Gebüsch.
    Niemand kann ihm helfen.
    Außer mir.
    Und wie stelle ich das an?
    Ich verpasse ihm einen letzten Tritt und sorge dafür, dass er sich wenigstens fünf oder zehn Minuten lang nicht mehr rührt.
    Dann lasse ich von ihm ab. Ich atme schwer.
    Gavin Rose bleibt, wo er ist.
     
     
    An meinen Händen klebt Blut, während ich mit schnellen Schritten das Gebüsch hinter mir lasse und die Straße entlanggehe. Im Vorbeilaufen kann ich den Fernseher im Haus der Roses hören.
    Ich biege um die Ecke, und vor mir sehe ich die Telefonzelle - und ein großes Problem: Jemand steht drin und telefoniert.
    »Es ist mir völlig egal, was sie sagt«, dröhnt ein sehr gro ßes Mädchen mit einem Bauchnabelpiercing. »Das geht mich doch gar nichts an...«
    Ich kann mich nicht beherrschen.
    Ich denke: Raus da, du blöde Kuh!
    Aber sie macht unbeirrt weiter und kommt jetzt zu den Einzelheiten.
    Eine Minute , beschließe ich. Ich gebe ihr eine Minute und dann gehe ich rein.
    Sie sieht mich, kümmert sich aber überhaupt nicht um mich. Sie dreht sich um und spricht weiter.

    Alles klar. Ich gehe rein. Ich klopfe gegen die Glasscheibe.
    Ihre Reaktion besteht aus einer schnellen Drehung in meine Richtung und einem »Was?« . Es kommt wie ein Pistolenschuss aus ihrem Mund.
    Ich versuche es mit Höflichkeit. »Entschuldigung, dass ich störe, aber ich muss wirklich dringend telefonieren.«
    »Verzieh dich.« Sie ist gelinde gesagt gar nicht erfreut.
    »Es ist so...« Ich halte meine Hände hoch und zeige ihr das Blut an meinen Handflächen. »Ein Freund von mir hatte gerade einen Unfall und ich muss einen Krankenwagen rufen.«
    Sie spricht wieder in den Hörer. »Kel? Ja, ich bin wieder dran. Hör zu, ich ruf dich in einer Minute zurück.« Sie starrt mich obszön an, während sie das sagt. »Okay?«
    Sie legt auf und schlendert aus der Telefonzelle. Ich gehe hinein und rieche die Mischung aus Schweiß und Deodorant. Nicht gerade angenehm, aber auch kein Vergleich mit dem Türsteher.
    Ich schließe die Tür und wähle.
    Nach dreimaligem Klingeln hebt Daniel Rose ab.
    »Hallo?«
    Ich flüstere mit cooler und harter Stimme: »Hör mir genau zu! Wenn du runter zu dem Gebüsch gehst, am Ende der Straße, dann findest du deinen Bruder. Er sieht gar nicht gut aus. Ich würde dir dringend empfehlen, jetzt gleich hinzugehen.«
    »Wer ist da?«
    Ich lege auf.
     
     
    »Danke«, sage ich zu dem Mädchen, nachdem ich wieder draußen bin.

    »Hoffentlich ist kein Blut am Hörer.«
    Sehr charmant.
     
     
    Ich erreiche die Straße, in der die Rose-Familie wohnt, gerade noch rechtzeitig.
    Daniel Rose bringt seinen Bruder nach Hause. Ich bin ein ganzes Stück weit entfernt, aber trotzdem sehe ich deutlich, dass er ihn stützt, dass er seinen Arm um die Schultern des Jüngeren gelegt hat. Zum ersten Mal sehen sie aus wie Brüder.
    Ich stelle mir vor, was Daniel sagt.
    »Komm, Gav, du schaffst das. Ich bringe dich heim und kümmere mich um dich.«
    An meinen Händen ist Blut und auch auf der Straße neben dem Gebüsch. Einen Augenblick lang hoffe ich, dass die beiden begreifen, was sie tun - und was sie damit beweisen.
    Ich möchte es ihnen gerne sagen, aber ich weiß, dass ich die Botschaft nur überbringe. Ich darf sie weder deuten noch erklären. Das müssen sie schon selbst tun.
    Ich kann nur hoffen, dass sie dazu in der Lage sind.
    Ich gehe nach Hause, wo fließendes Wasser und der Türsteher auf mich warten.

K
    Jeder hat sein Kreuz zu tragen
    Ich muss schon sagen, ich bin sehr zufrieden mit mir. Drei Namen waren in den großen Fels auf dem Berg der Brüder eingeritzt, und ich bin mir ganz sicher, dass ich alles erledigt habe, was von mir erwartet wurde.
    Ich gehe mit dem Türsteher zum Fluss und dann flussaufwärts am Wasser entlang, dorthin, wo die Namen stehen. Dem Türsteher fällt der Aufstieg ziemlich schwer und ich schaue ihn leicht genervt an. »Du musstest ja unbedingt mitkommen. Ich hab dir doch gesagt, dass es nicht leicht wird, aber du wolltest ja nicht hören.«
    Ich warte hier auf dich , erwidert er.
    Ich tätschele ihn, als er sich hinlegt, und gehe dann weiter am Fluss entlang.
    Als ich die hohen Felsen erklimme, fühle ich den Stolz in mir anschwellen. Es ist ein großartiges Gefühl, als Sieger hierher zurückzukehren,

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