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Der Joker

Titel: Der Joker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak Alexandra Ernst
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könnte sich hinhocken und das Blut von meiner rechten Wange und meinen Lippen schlürfen.
    Ich stehe auf und stelle mich auf die Füße. Der Boden ist kühl und meine Fußsohlen genießen die Linderung. Meine Laken kleben vor Schweiß. Ich lehne mich an die Wand im Flur. Etwas von dem Schweiß auf meinem Körper fließt bis zu meinem Fußknöchel hinunter und rollt in die kleine Kuhle darunter.
    Ich fühle mich nicht schlecht.
    Ein Lachen entschlüpft meinem Mund, als ich auf die Uhr schaue, ins Bad gehe und mich kalt dusche. Das Eiswasser setzt meine Kratzer und Blutergüsse in Flammen, aber es fühlt sich gut an. Es ist fast vier Uhr morgens und ich habe keine Angst mehr. Nachdem ich ein Paar alte Jeans übergestreift habe, gehe ich wieder in mein Schlafzimmer zu den beiden Assen. Ich ziehe die Schublade heraus und lege mir die Karten auf die Hand. Das gelbe Licht des Zimmers kauert neben mir, während ich mir glücklich die Geschichten dieser Karten ins Gedächtnis rufe. Ich bin tief berührt, als ich an Milla und an die Edgar Street denke, und ich wünsche Sophie ein wunderbares Leben. Ich lache über Vater
O’Reilly, die Henry Street und den Tag der offenen Kirche. Dann denke ich an Angie Carusso, für die ich gerne mehr getan hätte. Und an diese verdammten Rose-Brüder.
    Was kommt wohl als Nächstes? , frage ich mich.
    Ich glaube, es wird Herz sein.
    Ich warte.
    Auf den Tag und auf das nächste Ass.
     
     
    Diesmal kann ich es kaum erwarten.
    Ich will die Karte sofort haben. Keine Geheimnisse. Keine Rätsel. Gebt mir nur die Adressen. Gebt mir die Namen und schickt mich dorthin. Das ist es, was ich will.
    Meine einzige Sorge ist, dass jedes Mal, wenn ich mir wünsche, etwas sollte in eine bestimmte Richtung laufen, die Sache unter Garantie die entgegengesetzte Richtung einschlägt und mich mit etwas völlig Unbekanntem konfrontiert.
    Ich will, dass Keith und Daryl noch einmal durch meine Tür kommen. Ich will, dass sie mir die nächste Karte bringen und wieder über den Türsteher herziehen, weil er stinkt und Flöhe hat. Ich lasse sogar die Tür unverschlossen, damit sie mein Haus diesmal betreten können wie zivilisierte Menschen.
    Aber ich weiß, dass sie nicht kommen.
     
     
    Ich ziehe mein Buch hervor und gehe ins Wohnzimmer. Ich nehme die Asse mit und halte sie fest, während ich lese.
    Als ich wieder aufwache, liege ich auf dem Boden, und die beiden Karten liegen neben meiner linken Hand. Es ist schon zehn Uhr und es ist heiß und jemand hämmert an meine Tür.

    Sie sind es , denke ich.
    »Keith?«, rufe ich und rappele mich auf. »Daryl? Seid ihr das?«
    »Wer zum Teufel ist Keith?«
    Ich schaue auf und sehe Marv über mir stehen. Ich reibe mir die Augen.
    »Was machst du denn hier?«, frage ich ihn.
    »Spricht man so mit seinen Freunden?« Jetzt erst kann er mein Gesicht richtig sehen und auch die schwarzen und gelben Balken über meinen Rippen. Ich kann seine Gedanken lesen. Mein Gott! , denkt er, aber er spricht es nicht aus. Er beantwortet stattdessen eine ganz andere Frage. Das ist so typisch für Marv! Einfach frustrierend! Statt mir zu sagen, was er hier will, erklärt er mir, wie er hereingekommen ist. »Die Tür war nicht verschlossen und der Türsteher hat mich ausnahmsweise mal vorbeigelassen.«
    »Siehst du? Ich habe dir doch gesagt, dass er ein netter Kerl ist.«
    Ich gehe mit Marv im Schlepptau in die Küche. Jetzt fragt er mich nach meinem lädierten Zustand.
    »Was hast du denn angestellt, Ed?«
    Ich schalte den Wasserkocher an. »Kaffee?«
    Ja, bitte.
    Wie erwartet, ist der Türsteher gerade in die Küche gekommen.
    »Gerne«, sagt Marv.
    Während wir unseren Kaffee trinken, erzähle ich Marv, was passiert ist. »Nur ein paar Kids. Denen hat mein Aussehen nicht gefallen und sie haben mich von hinten angegriffen.«
    »Hast du auch ein paar Treffer gelandet?«

    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Weil sie zu sechst waren, Marv.«
    Er schüttelt den Kopf. »Herrgott noch mal, wohin soll das noch führen?« Er beschließt, sich wieder etwas Vernünftigem zuzuwenden. »Glaubst du, dass du in der Lage bist, heute Nachmittag zu spielen?«
    Der Knochenbrecher.
    Natürlich.
    Heute ist der große Tag.
    »Ja, Marv.« Ich spreche klar und deutlich, damit keine Missverständnisse entstehen. »Ich bin dabei.« Plötzlich habe ich richtig Lust auf das Spiel. Obwohl ich ein körperliches Wrack bin, fühle ich mich stärker als je zuvor, und mir gefällt sogar die Vorstellung, dass ich noch ein paar

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