Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
Vom Netzwerk:
der Khmer und die Tempel von Angkor gestapelt.
    Im Moment las er gerade zum vierten Mal den Fachartikel aus Science aus dem Jahr 1994, den Gray ausgegraben hatte. Der Artikel befasste sich mit der Beziehung der Sprache zum DNA-Code.
    Faszinierend...
    Eine Bewegung an der offenen Tür ließ ihn aufblicken. »Commander Pierce!«, rief er freudig aus.
    Gray blieb in der Tür stehen, sah auf die Uhr und beugte sich ins Zimmer vor. »Ja, Monsignore.«
    Vigor wunderte sich über die förmliche Ansprache. Gray wirkte gestresst. »Kommen Sie doch einen Moment herein.«
    »Ich habe nicht viel Zeit«, meinte Gray. »Wie geht es Ihnen?«
    »Gut.« Vigor winkte ab. »Ich habe gerade den Artikel gelesen. Ich habe gar nicht gewusst, dass nur drei Prozent unseres Genoms aktiv sind. Siebenundneunzig Prozent werden nicht genutzt. Untersucht man jedoch die Junk-DNA mit einem Kryptographieprogramm auf Sprachmuster, wird man fündig, obwohl man eigentlich annehmen sollte, dass die Gensequenzen eine Zufallsverteilung aufweisen. Erstaunlich.« Vigor nahm die Brille ab. »Gray, wie wäre es wohl, wenn wir diese Sprache verstehen könnten?«
    Gray nickte. »Manche Dinge werden sich vielleicht immer unserem Begreifen entziehen.«
    Vigor legte die Stirn in Falten. »Also, da bin ich anderer Ansicht. Gott hat uns unser großes Gehirn geschenkt, damit wir es benutzen. Es ist unsere Bestimmung, Fragen zu stellen, zu forsehen
und uns um ein besseres Verständnis des Universums zu bemühen, was die Innen- und die Außenwelt einschließt.«
    Grays Blick wanderte wieder zu seiner Armbanduhr; er stand unter Zeitdruck, wollte aber nicht unhöflich sein.
    Vigor beschloss, den jungen Mann nicht länger auf die Folter zu spannen. »Ich fasse mich kurz. Sie werden sich bestimmt noch erinnern, dass ich in dem Tonnengewölbe unter dem Bayon-Tempel gemeint habe, bei der Engelschrift - die möglicherweise die Schriftform der unbekannten genetischen Sprache darstellt - könnte es sich um eine Botschaft Gottes handeln, die in den ungenutzten siebenundneunzig Prozent unseres Genoms verborgen ist. Was wäre, wenn diese DNA gar kein evolutionärer Abfall ist? Vielleicht haben wir ja einen Blick auf unser innerstes Wesen erhascht.«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Vielleicht hat uns Susans Transformation einen Hinweis auf die korrekte Übersetzung der Engelschrift gegeben.«
    Angesichts der skeptischen Miene des Commanders hob Vigor beschwichtigend die Hand. »Heute Morgen habe ich mit Lisa gesprochen. Sie glaubt, beim Kontakt mit direkter Sonneneinstrahlung seien die normalerweise schlummernden Regionen von Susans Gehirn durch die von den Bakterien freigesetzte Energie aktiviert worden. Ich finde es interessant, dass nur ein kleiner Teil unseres genetischen Codes aktiv ist, während wir gleichzeitig nur einen kleinen Teil unseres Gehirns nutzen. Finden Sie das nicht ebenfalls eigenartig?«
    Gray hob unverbindlich die Schultern. »Ja, schon.«
    »Und wenn die Engelschrift nun das ganze Potenzial ausformuliert, das in uns schlummert und nur darauf wartet, aufgeweckt zu werden?«, fuhr Vigor fort. »Der Genesis zufolge hat Gott uns nach seinem Bilde geschaffen. Was wäre, wenn dieses Bild, versteckt in den schlummernden Regionen unseres Gehirns und verborgen in der Engelsprache unserer Junk-DNA, erst noch ausgeformt werden muss? Vielleicht stellt die im Dunkeln leuchtende Schrift an den Wänden der Kammer des Bayon-Tempels einen frühen Versuch dar, dieses Potenzial zu verstehen. Sie haben selbst darauf hingewiesen, dass sie unvollständig ist und dass Teile fehlen.«

    »Das stimmt«, räumte Gray ein. »Sie werfen da interessante Fragen auf, denen man sicherlich nachgehen sollte, aber ich bin mir nicht sicher, ob wir die ganze Wahrheit jemals herausfinden werden. Bei Susan hat sich der Normalzustand wiederhergestellt, und Painter hat mir berichtet, ein Ausgrabungsteam habe das Gewölbe unter dem Tempel freigelegt. Einige Wände waren unbeschädigt, doch Nassers Säurebombe hat die Oberflächen verätzt. Von der Schrift ist nichts mehr übrig.«
    Vigor sank ein wenig in sich zusammen. »Wie bedauerlich. Trotzdem gibt es etwas, was in der Höhle gefehlt hat, und ich frage mich, was das zu bedeuten hat.«
    »Was meinen Sie?«
    »Die Schildkröte«, antwortete Vigor. »Sie haben vermutet, in der Höhle sei ein tiefes Geheimnis verborgen, sozusagen die Entsprechung von Vishnus Inkarnation.«
    »Vielleicht war damit der Judas-Stamm gemeint. Der leuchtende See. Sie

Weitere Kostenlose Bücher