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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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Mauern umschlossen die kleine, zweistöckige Klinik und die üppigen Gärten mit den Papayabäumen, dem blühenden Lotus, den in der Sonne glitzernden Springbrunnen und den stillen, in safrangelbe Gewänder gehüllten Buddhastatuen mit den brennenden Räucherstäbchen davor.
    Auch Lisa hatte heute Morgen schon gebetet.
    Allein.
    Für Monk.
    Das Fenster stand offen, die Fensterläden waren zum ersten Mal seit einer Woche nach außen geklappt. Die Quarantäne war beendet. In tiefen Zügen atmete sie den Duft des Jasmins und der Orangenblüten ein. Jenseits der Mauern ging das Dorfleben seinen geruhsamen Gang; sie hörte das gedämpfte Muhen der Ochsen, das Geschnatter zweier älterer Frauen, die am Tor vorbeikamen, die schweren Schritte eines Elefanten, der einen Baumstamm hinter sich her schleppte, und vor allem das ausgelassene Gelächter der Kinder.
    Das Leben ging weiter.
    Um ein Haar wäre mit alldem Schluss gewesen.
    »Wusstest du«, vernahm sie hinter sich eine Stimme, »dass die Sonne durchs Nachthemd scheint, wenn du so vor dem Fenster stehst? Für die Fantasie bleibt da wenig Raum. Nicht dass mich das stören würde.«
    Freudig drehte sie sich um.
    In der Tür lehnte Painter, in der Hand einen in Papier eingewickelten
Strauß gelber Rosen, ihre Lieblingsblumen. Er trug einen Anzug, aber keine Krawatte, und war frisch gewaschen und rasiert. In der Woche in den Tropen hatte er ein wenig Farbe bekommen, die seine blauen Augen und das dunkle Haar umso besser zur Geltung brachte.
    »Ich habe eigentlich erst später mit dir gerechnet«, sagte sie und ging auf ihn zu.
    Er trat ins Zimmer. Anders als gewöhnliche Krankenhauszimmer war dieses hier in Teak eingerichtet. Außerdem gab es darin Blumenvasen und sogar zwei Aquarien mit kleinen orangefarbenen und roten Goldfischen.
    »Das Treffen mit dem kambodschanischen Premierminister wurde auf nächste Woche verschoben. Notwendig ist es ohnehin nicht mehr. Die Quarantäne wird in den nächsten Tagen aufgehoben werden.«
    Lisa nickte. Mit landwirtschaftlichen Streuflugzeugen hatte man über den umliegenden Gebieten Desinfektionsmittel ausgebracht. Die Tempel von Angkor Thom waren damit getränkt worden. Im unter Quarantäne gestellten Flüchtlingslager waren einige Krankheitsfälle aufgetreten, doch die Behandlung hatte angeschlagen.
    Das Heilmittel hatte gewirkt.
    Susan war in einem anderen Trakt des Krankenhauses untergebracht. Sie wurde streng bewacht, doch selbst diese Vorsichtmaßnahme war eigentlich unnötig. Um des Heilmittels willen war sie durch die Hölle gegangen. Anschließend hatte man in ihrem Körper nicht mehr die geringsten Spuren des Virus festgestellt - weder die Cis- noch die Trans-Form. Der Krankheitserreger war verschwunden.
    Das Heilmittel aber nicht.
    Es war kein Antikörper und kein Enzym und nicht einmal in den weißen Blutkörperchen zu finden. Es war eine Bakterie. Dasselbe Cyanobakterium, das sie hatte leuchten lassen.
    Beim zweiten Kontakt mit dem Gift hatte sich das Bakterium abermals von Grund auf verändert, und sein Entwicklungszyklus war vollkommen umgemodelt worden. Wie die Milchsäurebakterien, die im Joghurt zu finden sind, produzierte dieses Bakterium nach Einnahme oder Impfung gesundheitsfördernde Stoffe, welche
die vom Judas-Stamm modifizierten toxischen Bakterien vernichteten und das Virus abbauten, ohne dass irgendwelche Spuren davon zurückgeblieben wären.
    Die Nebenwirkungen des Heilmittels waren den Symptomen einer leichten Grippe vergleichbar. Hatte man die überstanden, war man vor einer Neuinfektion geschützt. Gesunde konnten mit den Bakterien gegen Ansteckung immunisiert werden, so wie man Kinder gegen Kinderlähmung impft. Vor allem aber war es nicht schwierig, die Bakterien zu vermehren. Proben waren an Laboratorien in aller Welt verschickt worden. Es wurden bereits große Mengen Impfstoff hergestellt, um die bereits in Ausbreitung begriffene Pandemie zu bekämpfen und die Menschheit vor zukünftiger Ansteckung zu schützen.
    Die Gesundheitsorganisationen würden weiterhin wachsam bleiben.
    »Was ist eigentlich mit der Weihnachtsinsel, auf der alles anfing?«, fragte Lisa, die sich auf die Bettkante gesetzt hatte.
    Painter nahm einen verwelkten Blumenstrauß aus einer Vase und stellte die frischen Rosen hinein. »Sieht gut aus. Übrigens habe ich in den Papieren gelesen, die Jessie vor dem Sinken des Kreuzfahrtschiffs von Bord geschafft hat. Daraus geht hervor, dass die Gilde an der Luvseite der Insel eine

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