Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Judas-Schrein

Der Judas-Schrein

Titel: Der Judas-Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
Vom Netzwerk:
die Worte ins Bewusstsein. Der Hund wurde genauso zerfetzt wie Basedov. Wo lagen die Parallelen? Körner sah den rotbraunen Setter mit dem verfilzten Fell vor sich, wie er an Sabine Krajniks Sterbeort in der Bar an der Wand hochsprang. Basedov war ebenfalls in diese Bar gegangen. War er demselben Hinweis auf der Spur gewesen wie der Köter? Es sah verdammt danach aus! Ihn fror. Obwohl er eine Flanellhose und einen Rollkragenpullover trug - trockene Kleidung, die ihm die Wirtin zur Verfügung gestellt hatte - zitterte er am ganzen Leib.
    Seine nassen Klamotten hingen im Heizraum des Braunen Fünfenders.
    Während Sabriski den Brustkorb des Toten aufsägte und Philipp die zerfetzten Kleider mit Lupe und Pinzette untersuchte, stellte sich Berger an Körners Seite. Er musterte sie. »Wie geht es Ihnen?«
    Bergers Stimme klang staubtrocken, ihr Gesicht war vollkommen weiß, selbst die Lippen waren farblos. »Mir schlägt jeder Anblick einer Leiche auf die Nerven.« Den Blick auf die obduzierten Kinder gerichtet, wurde ihre Stimme leiser. »Die Exhumierung hat sich im Ort herumgesprochen. Der Mord an den Geschwistern steht in unmittelbarem Zusammenhang mit Sabines Tod. Wir haben neue Beweise, und ich könnte mir denken, unser Täter sitzt wie auf Nadeln. Zudem haben wir Basedovs Leiche früher gefunden als es der Täter erwarten konnte.«
    »Bald geht es ihm an den Kragen!« Noch ahnte Körner nicht, worauf sie hinauswollte.
    »Jeder weiß, dass eine Autopsie die Ermittler einen Schritt näher zum Mörder bringt«, fuhr Berger fort. »Es würde mich nicht wundern, wenn der Täter nervös und neugierig wird und versucht, sich nach dem Stand der Ermittlungen zu erkundigen …« Sie verstummte.
    Die Tür zur Aufbahrungshalle flog auf, und Bürgermeister Weißmann trat mit polternden Schritten in die Mitte des Raums. Das Wasser lief ihm über die Hutkrempe und den Regenmantel. »Hier stinkt es fürchterlich.« Er stand in einer Lache und blickte von einem zum anderen. Auf dem Marmorpodest blieb sein Blick hängen. »Ihr Kollege«, stellte er ungerührt fest.
    »Was wollen Sie?«, fragte Körner.
    Weißmann beachtete ihn kaum. Immer noch starrte er auf den nackten Leichnam. »Sieht aus, als sei er von einem Tier angefallen worden. Eine Menge tollwütiger Hunde streunen in der Gegend herum. Besser Sie entfernen sich nachts nicht so weit aus dem Ort.«
    Körner blieb die Spucke weg. Wollte ihn der Bürgermeister verarschen? Er wollte etwas entgegnen, spürte jedoch Bergers Hand auf seinem Unterarm.
    Die Kriminalpsychologin fragte mit ruhiger Stimme: »Können die tollwütigen Hunde in Ihrem Ort Bodenluken öffnen und ihre Opfer in Keller hinabzerren?«
    Weißmann schwieg dazu. Er fixierte Körner. »Kann ich Sie unter vier Augen sprechen?«
    »Gehen wir vor die Tür.«
     
    Sie standen draußen unter dem Schutz des Dachvorsprungs und blickten über den Acker, auf dem noch immer der Traktor mit dem rostigen Anhänger stand. Dahinter wälzte sich die Flut der Trier auf den Ort zu. Schwere Gewitterwolken tauchten die Wälder und umliegenden Berge in ein dunkles Grau.
    »Sie haben vorhin auf dem Hauptplatz ja eine tolle Show abgezogen! Die neue Bekleidung steht Ihnen hervorragend.«
    Körner sah an sich hinunter. Der ausgewaschene Pullover, die viel zu kurze Flanellhose und die abgetragenen Schuhe gehörten Waltraud Stoißers Bruder. Sie hatte die Klamotten in der Abstellkammer für ihn ausgegraben, nachdem er Basedov von der Diskothek quer über den Hauptplatz bis in die Schankstube des Braunen Fünfenders getragen hatte. Dort war er triefend nass zusammengebrochen. Körner verschränkte die Arme vor der Brust. »Was wollen Sie?«
    »Sie wissen mittlerweile bestimmt, dass Sie sich im Hochwasser-Katastrophengebiet befinden. Die Meteorologen sagen weiterhin trübes und regnerisches Wetter voraus. Wir stehen jetzt gerade mal sechs Tage unter Wasser und müssen damit rechnen, dass es noch sechs weitere Tage dauern wird. An ein Aufatmen ist nicht zu denken. Der Gemeinderat hat eine Evakuierung diskutiert.«
    Körner horchte auf. »Bekommen Sie es mit der Angst zu tun?«
    »Die Schadenfreude strahlt Ihnen förmlich aus den Augen«, stellte der Bürgermeister trocken fest. »Aber ich muss Sie enttäuschen. Sie hocken genauso fest wie wir, und eine Evakuierung auf dem Wasserweg ist leider unmöglich. Die Boote bleiben flussabwärts wegen der Rekordwasserstände an den wenigen verbliebenen Brücken hängen. Das Wasser der Trier hat sich zu

Weitere Kostenlose Bücher