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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Weg von Jochanan Ben Sakkai zu Justus von Tiberias. Josef fühlte sich bedrückt.

    Der Großdoktor hatte vieles und Übles gehört von der Ehe des Josef. Er ließ Mara, die Tochter des Lakisch, zu sich kommen und sprach mit ihr. Er roch das Parfüm ihrer Sandalen. Sie sagte: »Wenn ich bete, dann ziehe ich immer diese Sandalen an. Ich will in gutem Geruch vor Gott treten.« Sie kannte viele Gebete auswendig; es war nicht erlaubt, Gebete aufzuzeichnen, sie mußten vom Herzen kommen, und man mußte sie im Herzen tragen. Zutraulich sprach sie zu ihm: »Ich habe gehört, von der Erde bis zum Himmel sind fünfhundert Jahre, und von einem Himmel bis zum andern sind wieder fünfhundert Jahre, und die Dicke jedes Himmels sind fünfhundert Jahre. Und dennoch: ich stelle mich hinter eine Säule der Synagoge und flüstere, und es ist, wie wenn ich Jahve ins Ohr flüstere. Ist es vermessen und Sünde, mein Doktor und Herr, wenn ich glaube, daß Jahve mir so nahe ist wie das Ohr dem Mund?« Jochanan Ben Sakkai hörte interessiert auf die Gedanken, die sie hinter ihrer niedrigen Kinderstirn bewegte, und diskutierte ernsthaft mit ihr wie mit einem der Doktoren der Quadernhalle. Als sie wegging, legte er ihr die milde, welke Hand auf den Scheitel und segnete sie mit dem alten Spruch: Jahve mache dich wie Rahel und Lea.
      Er hörte, daß Josef, sowie er den Einspruch Vespasians nicht mehr fürchten müsse, sich von Mara scheiden lassen wolle. Es war nicht schwer, sich scheiden zu lassen. In der Schrift hieß es klar und einfach: »Wenn jemandes Weib nicht Gunst findet vor seinen Augen, weil er etwas Schändliches an ihr entdeckt hat, dann mag er einen Scheidebrief schreiben und sie aus seinem Hause schicken.« Jochanan sagte: »Zwei Dinge gibt es, man hört ihren Schall mit Ohren nicht eine Meile, und doch geht ihr Klang von einem Ende der Welt zum andern. Das ist, wenn ein Baum niederbricht, den man fällt, solange er Frucht trägt, und das ist, wenn eine Frau seufzt, die ihr Mann wegschickt, und sie liebt ihn.« Josef sagte eigensinnig: »Habe ich nicht Schändliches an ihr gefunden?« Jochanan sagte: »Sie haben nicht Schändliches gefunden: das Schändliche war, bevor Sie sie nahmen. Prüfen Sie sich, Doktor Josef. Ich werde nicht den Zeugen machen, wenn Sie dieser Frau den Scheidebrief ausstellen.«

    Die Beziehungen Vespasians zu Kaiser Galba waren nicht ganz so einfach, wie er sie der Prinzessin Berenike dargestellt hatte. Titus war nicht nur aus Gründen der Huldigung nach Rom gefahren, sondern vor allem, um die ihm noch fehlenden hohen Staatsstellen zu erlangen. Der letzte Zweck lag noch höher. Des Vespasian Bruder, der steife, mürrische Sabin, hatte angedeutet, es sei nicht ausgeschlossen, daß der alte, kinderlose Kaiser, um sich die Armeen des Ostens zu verbinden, den Sohn des Vespasian an Kindes Statt annehmen werde. Dieser Brief hatte den schwierigen Verhandlungen zwischen Vespasian und Mucian ein vorläufiges Ende bereitet. Großmütig hatte immer wieder der eine dem andern versichert, er denke nicht daran, die Macht zu erobern; wenn einer in der Lage sei, dies zu tun, dann sei jeweils der andere dieser eine. In Wahrheit wußten beide genau, daß keiner sich stark genug fühlte für den Kampf mit dem andern, und so hatte jetzt der Brief des Sabin ihnen einen willkommenen Ausweg gezeigt.
      Allein noch im hohen Winter kam eine Nachricht, die allen diesen Plänen ein Ende machte. Gestützt auf die römische Garde und auf den Senat, hatte einer die Herrschaft an sich gerissen, den der Osten nicht in seine Rechnung gezogen hatte: Otho, der erste Mann der Poppäa. Der alte Kaiser war ermordet, dieser junge Kaiser hatte Mut, Begabung, Ansehen, viele Sympathien. Ob Titus seine Reise fortsetzen und dem neuen Herrn huldigen oder ob er zurückkehren werde, wußte man nicht. Hier im Osten jedenfalls fühlte man sich nicht soweit, sich mit einiger Aussicht gegen den jungen Kaiser aufzulehnen, und wer auch sollte der Erwählte des Ostens sein? Die Erledigung des alten Galba war zu schnell gekommen, man hatte sich noch nicht geeinigt; sowohl Vespasian wie Mucian vereidigten ihre Truppen auf den neuen Kaiser Otho.
      An den Bestand dieser neuen Herrschaft indes glaubte niemand. Otho konnte sich auf die italienischen Truppen verlassen, aber er hatte keine Fühlung mit den Armeen der Provinzen. Der Thron dieses jungen Kaisers stand nicht fester als der des alten.
      Die Prinzessin Berenike bekam täglich ausführlichen

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