- Der Jünger des Teufels
Schlafen.«
»Warum nicht?«
Stone strich sich über die Hose und schaute mir in die
Augen.
»Weil ich Cooper angerufen habe. Er ist unterwegs hierher.
Ich nehme an, er wird Sie ins Krankenhaus fahren wollen.«
»Warum haben Sie ihn angerufen?«
Stone zwinkerte mir zu. »Wir alle brauchen Freunde, die uns
Trost spenden. Bis dahin, Moran.«
»Danke, Vance. «
»He, passen Sie auf, sonst bringen Sie mir demnächst noch Kaffee
an den Schreibtisch«, erwiderte Stone.
»Ich glaube, das bin ich Ihnen schuldig. Zwei Stücke
Zucker?«
»Sechs, aber nicht umrühren.« Stone tippte sich mit
spöttischer Miene gegen die Stirn und ging davon.
Es war drei Tage später, als Josh mich im Cottage besuchte.
Die ganze Zeit hatte ich versucht, mich zu entspannen und das Erlebte zu
verarbeiten. Ich hatte Frank besucht und fragte mich, wann ich den Mut
aufbringen würde, auch Brogan zu besuchen. Soviel ich gehörte hatte, war ihr
Zustand nicht mehr kritisch. Sie war zehn Stunden lang operiert worden und
hatte den Eingriff nur um Haaresbereite überstanden. Vorläufig würde sie das Krankenhaus
nicht verlassen können. Die Schusswunde würde wahrscheinlich heilen, aber ich
fragte mich, ob das auch auf ihre kranke Seele zutraf. Ich hatte meine Zweifel.
War es überhaupt möglich, den Verlust seines einzigen Kindes zu überwinden? Ich
konnte nur für sie beten.
Frank war auf dem Weg der Besserung und meckerte schon herum,
weil er keine Lust mehr hatte, im Krankenhaus zu liegen. Als ich nach einem
Besuch bei ihm nach Hause kam, hatte Paul eine Nachricht auf meinem
Anrufbeantworter hinterlassen. Ich wunderte mich darüber, aber diesmal
entschuldigte er sich bei mir. »Ich habe gehört, was passiert ist, Kate. Ich
hoffe, es geht dir gut. Tut mir leid, dass ich mich so dumm benommen habe. Ich habe
deinen Rat befolgt. Seit ein paar Tagen mache ich in einer Klinik in Phoenix
eine Therapie. Es war falsch, mich von dir zu trennen, und ich habe die
Entscheidung so sehr bedauert, dass ich die Nerven verloren habe. Ich werde
versuchen, darüber hinwegzukommen, und hoffe, dass wir eines Tages Freunde sein
können.«
Am selben Nachmittag kam ein Strauß Blumen von Paul mit einer
Karte: »Ich werde nicht mehr versuchen, dich zurückzugewinnen. Ich wollte dir
nur für die schöne Zeit danken, die wir miteinander hatten.«
Als ich die Worte las, stiegen mir Tränen in die Augen. Ich
war sicher, dass Pauls wahrer Charakter bald wieder durchschlagen und dass er
mir Kummer bereiten würde, doch in diesem Augenblick war ich gerührt.
An jenem Abend lud Josh mich im Starlights Bistro an der Bucht
zum Essen ein. Anschließend fuhren wir nach Hause und küssten und umarmten uns
in seinem alten BMW. Ich kam mir vor wie eine Siebzehnjährige. Als ich ihn ins
Haus bat, schenkte ich uns beiden Rotwein ein, und kurz nach Mitternacht gingen
wir ins Schlafzimmer und liebten uns.
Es war anders als mit David. Anders, aber schön. Keine
leisen Töne von Norah Jones im Hintergrund, kein Wind in der Bucht, sondern
eine stille, sternklare Nacht. Statt Norah Jones hörte ich Josh flüstern, wie
gerne er mich kennen lernen wollte, und wie schön es für ihn gewesen sei, mich
zu lieben. Ich sagte ihm dasselbe. Unser Sex war leidenschaftlich und zärtlich
zugleich gewesen, voller Lust, voller Liebe und voller Versprechen.
Ich mochte diesen Burschen. Ich mochte ihn mehr, als ich
sagen konnte. Er hatte Recht gehabt: Wir alle sind verletzte Wesen mit
gequälten Seelen. Und es gibt Wunden, die niemals heilen.
Ich wusste auch, dass er in einem anderen Punkt Recht
gehabt hatte: Hoffen und Träumen sind alles, was uns am Leben hält.
Nachdem wir uns geliebt hatten, schlief Josh ein. Noch
lange betrachtete ich ihn im Schlaf und malte die Umrisse seines hübschen
Gesichts nach, das vom silbernen Mondlicht beschienen wurde, das ins Zimmer
fiel. Schließlich verließ ich das Schlafzimmer, zog mich an und trat hinaus auf
den Rasen.
Es war kalt, als ich auf den Hafen schaute. Und dann tat
ich das, wovor ich mich gefürchtet, was ich jedoch versprochen hatte. Ich zog
Davids Ring vom Finger. Meine Augen wurden feucht, als ich mich anschickte, ihn
in die dunkle Nacht zu werfen. In meiner Fantasie hörte ich schon das leise
Platschen und stellte mir vor, wie sich Kreise im Wasser bildeten und ich die Worte
sprach, die ich sagen wollte: Es ist vorbei.
Doch irgendetwas hielt mich zurück. Ich war noch nicht
bereit, David vollkommen loszulassen. Als ich den Ring wieder an den
Weitere Kostenlose Bücher