Der Jünger
Übertragungswagen gerade davon.
“Das kann nicht wahr sein”, murmelte er. Dann lief er zu seinem Einsatzteam zurück, um die Arbeit zu beenden.
Jemand hupte. Erschrocken zuckte January zusammen, als die Hupe sie in die Gegenwart zurückholte. Nervös umfasste sie das Lenkrad noch fester, als Ben aus dem Scheinwerferlicht trat. Sie sah ihm hinterher, mit seinem regennassen Haar und den leicht hängenden Schultern, und fragte sich, wo er gewesen war, als sie ihn angerufen hatten. Hatte er in den Armen einer anderen Frau gelegen, oder verbrachte er die Nächte allein? Während sie ihn beobachtete, gestand sie sich seufzend ein, dass sie dieses Geheimnis wohl niemals lüften würde.
Schließlich war die Straße frei und sie konnte nach Hause fahren. Als sie auf dem Parkplatz vor ihrem Apartmenthaus ankam, waren alle Stellplätze vor dem Gebäude besetzt. Also musste sie nach hinten weiterfahren, was sie hasste, weil die Straßenbeleuchtung dort so spärlich war. Der einzige freie Platz, den sie finden konnte, befand sich neben einem überquellenden Müllcontainer. Sie unterdrückte einen Fluch.
Nachdem sie den Wagen abgestellt hatte, stieg sie aus und rümpfte wegen des Gestanks die Nase. Schnell rannte sie zur Hintertür ihres Apartmenthauses. Bei diesem wenig schönen Anblick wurde ihr klar, dass der Parkplatz hier in dieser vornehmen Gegend nicht anders roch als in dem Viertel, das Marjorie Culver ihr Zuhause nannte. Doch zum Glück endeten die Gemeinsamkeiten damit auch schon.
January öffnete die Tür mit dem Hausschlüssel und seufzte erleichtert auf, als das Sicherheitsschloss hinter ihr hörbar einschnappte.
Der breite, gut beleuchtete Flur führte direkt zu den Fahrstühlen in der Eingangshalle. Der Pizzaduft, der aus einer Wohnung drang, erinnerte January daran, wie hungrig sie war. Leider hatte sie vergessen, sich unterwegs etwas zu essen zu besorgen.
In ihrer Wohnung angekommen, schloss sie die Tür hinter sich ab und begann, sich auf dem Weg zu ihrem Badezimmer auszuziehen. Eine Spur von nassen Kleidungsstücken pflasterte ihren Weg. Trotz der milden Junitemperaturen war sie vom Regen vollkommen durchgefroren. Die warmen Wasserstrahlen von der Dusche fühlten sich an wie Samt auf ihrer Haut. Sie blieb so lange unter der Brause stehen, bis ihr warm wurde. Dann stieg sie aus der Duschkabine und trocknete sich schnell ab. Als sie damit fertig war, begann sie erneut zu zittern. Sie kletterte ins Bett, stellte den Wecker und zog die Decke über die Schultern. Innerhalb von Sekunden war sie eingeschlafen.
Benjamin North war bereits seit fünfzehn Jahren Polizist im District of Columbia. Er hatte eine Menge Blut gesehen, und viel konnte ihn nicht mehr erschüttern. Dennoch gab es die seltenen Momente, so wie heute Nacht, in denen er sich mit jeder Faser wünschte, in Montana auf der Familien-Ranch geblieben zu sein, so wie sein Vater es gewollt hatte. Heute Nacht hätte er sich lieber mit bloßen Händen einem Puma gestellt, als den Eltern der jungen Frau, die sie neben dem Highway tot aufgefunden hatten, zu erklären, dass ihre Tochter zu Tode geprügelt worden war, bevor man sie verbrannt hatte. Und auch das wussten sie nur, weil der Junge, der sie begleitet hatte, noch lebte und davon berichten konnte.
Er blickte noch einmal zum Tatort zurück, wobei er versuchte, seine Mimik zu kontrollieren und seine Gefühle zu unterdrücken. Niemand musste wissen, wie nahe ihm dieses Schicksal ging. Der Leichenbeschauer war gekommen und hatte mitgenommen, was von Molly O'Hara übrig geblieben war. Der Rettungswagen war mir Blaulicht bereits auf dem Weg ins Krankenhaus, um Mollys Freund noch rechtzeitig in die Notaufnahme zu bringen, nachdem dieser bereits auf der regennassen Durchfahrtsstraße fast verblutet wäre.
Ben erschauerte. Wütend fuhr er sich mit den Fingern durchs Haar, um die nassen Strähnen aus dem Gesicht zu kämmen, während er sich nach seinem Partner Rick Meeks umblickte. Meeks befragte immer noch die beiden Passanten, die den Notarzt alarmiert hatten. Als Rick aufsah, winkte Ben ihn zu sich herüber. Kurz darauf kam er durch den Regen zu ihrem Wagen gerannt.
“Was ist?”, fragte er.
“Wir haben das Mädchen identifiziert”, erwiderte Ben. “Die Eltern des Jungen wurden benachrichtigt. Sie sind auf dem Weg ins Krankenhaus.”
“Hat das Mädchen irgendwelche Angehörigen?”
Ben nickte. “Mutter und Vater leben ungefähr dreißig Minuten von hier entfernt. Wir werden sie gleich noch
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