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Der Jünger

Der Jünger

Titel: Der Jünger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Sala
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Schamhaar hatte gerade erst zu wachsen begonnen. Ein Bein war auf unnatürliche Weise verdreht, der rechte Arm lag hinter ihrem Kopf, so als hätte der Angreifer ihn aus dem Weg geschoben, bevor er seine schreckliche Tat vollendete.
    “Himmel”, flüsterte Benjamin, dann ließ er endlich das Tuch fallen und wandte sich ab.
    Seine Hände zitterten und in seinem Magen rumorte es. Er hatte viele Opfer gesehen. Alles konnte er verkraften, nur keine ermordeten Kinder. Das ging ihm jedes Mal zu Herzen. Er hob den Kopf und atmete tief durch. Er hoffte, die kühle Luft würde ihm helfen, sich von dem Schrecken zu erholen. Da bemerkte er, dass sich bereits ein Fernsehteam eingefunden hatte.
    “Verdammte Geier”, fluchte er. Entschlossen marschierte er vorbei an den Beamten von der Spurensuche, an den Streifenpolizisten und einer wartenden Ambulanz, bereit für ein Gefecht mit der Presse. Er umrundete angriffslustig den Wagen, fand aber niemanden, den er hätte anpfeifen können.
    Das Kamerateam war nirgends zu sehen. Abrupt drehte er sich um, weil er erwartete, die Fernsehleute auf dem Parkplatz vorzufinden, um das Opfer zu filmen. Doch er konnte nur die Beamten vom CSI und ein paar Streifenpolizisten entdecken.
    Erst als er sich wieder abwenden wollte, hörte er jemanden weinen. Er lief um die Hecke herum und erstarrte.
    Ben wusste sofort, wer sie war. Jeder hier kannte January DeLena. Aber so hatte er sie noch nie gesehen.
    “Lady, Sie sollten sich hier nicht aufhalten”, erklärte er barsch.
    January zuckte zusammen. Ausgerechnet Benjamin North. Der hatte ihr gerade noch gefehlt. Sie hatte ihn nicht kommen hören, und im Moment war ihr nicht danach zumute, mit irgendjemandem zu reden. Sie hob den Kopf und wischte sich die Tränen weg, bevor sie sich umdrehte.
    Sie wollte sich mit ihm anlegen, auf ihre Rechte pochen, dass sie Informationen über den Tathergang erfahren dürfe – ihre üblichen Argumente zur freien Meinungsäußerung und der Pressefreiheit. Doch als sie anfangen wollte zu sprechen, wurde sie von Wut und Trauer überwältigt.
    “Haben Sie sie gesehen?”, presste January hervor. “Sie ist noch ein Kind.” Während sie mit den Handflächen gegen den Baumstamm schlug, entfuhr ihr ein Schluchzer. “Wo ist Gott, wenn so etwas passiert?” Wütend wirbelte sie herum, das Gesicht tränennass. “Sie sind doch Polizist, sagen Sie's mir!”, schrie sie. “Wo ist Gott?”
    Ben reagierte betroffen auf ihren Wutausbruch, da er ihn nur zu gut nachempfinden konnte. Intuitiv umfasste er ihre Handgelenke und drückte ihren schmalen Körper gegen den Baum, den sie gerade attackiert hatte.
    “Hören Sie auf damit”, sagte er. “Sie haben keinen Grund, auf mich loszugehen. Es könnte Ihnen höchstens eine Gefängnisstrafe einbringen, wenn Sie einen Polizeibeamten angreifen.”
    Sie blickte zu ihm auf. Aber durch den Tränenschleier konnte sie nichts erkennen. “Warum bringen die sie nicht endlich weg? Es ist verdammt kalt im Schnee, und die lassen sie da auf dem Boden liegen wie Müll!”
    Ben fühlte mit ihr. Spontan zog er sie in seine Arme. Sie wollte sich wehren und ihn wegstoßen. Fluchend versuchte sie sich freizukämpfen. Doch während sie vom Allmächtigen bis zum kleinsten Lebewesen alles zum Teufel wünschte, hielt er sie einfach weiterhin fest. Als sie endlich, ermattet von dem Zweikampf, innehielt, wischte er ihr die Tränen mit einem Taschentuch vom Gesicht – dann küsste er sie.
    Das hatte er keinesfalls geplant. Wenn er alle Sinne beisammen gehabt hätte, dann wäre das auch nie passiert. Aber er war über den Verlust dieses jungen Lebens genauso entsetzt wie sie, und im Moment erschien es ihm nur natürlich, jemanden, der die gleiche Trauer empfand wie er, zu trösten.
    January war so überwältigt von dem Geschmack seiner Lippen auf ihrem Mund, dass sie sich nicht rührte. Doch als sie langsam begriff, dass dies hier kein Traum, sondern Realität war, legte sie ihm die Arme um den Nacken und gab sich seinem Kuss haltlos hin, ohne weiter darüber nachzudenken.
    Ganz vage erinnerte sie sich, seinen Mantel aufgeknöpft und ihre Hände unter seinen Pullover geschoben zu haben, um die warme Haut darunter zu spüren, bevor sie beide erschrocken auseinanderfuhren.
    Einen Moment starrten sie sich schweigend und ungläubig an. Dann, ohne ein Wort zu sagen, schnappte sich January ihre Handtasche und verschwand.
    Als Ben schließlich wieder zu sich gekommen war und zum Tatort zurückging, fuhr der

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