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Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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schaute auf den Karton hinunter, in dem die Platten in ihren einfachen Papierhüllen lagen.
    »Ich wollte einige austauschen«, antwortete er.
    »Woher weißt du, welche du tauschen musst?«
    »Tja … die meisten werden ja doch nicht gespielt.«
    »Und woher weißt du, welche am häufigsten gespielt werden?«
    »Jede Platte hat ein Zählwerk«, sagte er und nickte zur Box, die auch vom Typ Würstchenbude war. »Hat Kula dir das nicht erzählt?«
    »Er erzählt nie was.«
    Johnny nahm noch einen Schluck.
    »Es zählt bis vierzig«, sagte er, als er das Glas vom Mund nahm. »Dann hört es auf.« Er erhob sich. »Aber es gibt nicht viele Platten, die innerhalb eines Monats vierzig Mal gespielt werden.«
    »Ich kenne eine«, sagte sie.
    »Ich weiß, welche du meinst«, sagte er.
     
    Er entfernte Tell Me When von The Applejacks, Make Love To Me von John Leyton, Bits And Pieces von The Dave Clark Five, On My Mind von Mike Berry, Dead Man’s Curve von Jan & Dean und noch ein paar. Bobby Bare ließ er, Gotta Travel On. Bobby Bare würde es immer geben. Er hatte einige Juni-Neuerscheinungen mitgebracht, Long Tall Sally und Ain’t She Sweet von den Beatles, Here I Go Again von den Hollies, Roy Orbinsons It’s Over. Seine Bestellung der Nummer zwei von der Sommer-Hitliste war noch nicht angekommen: Someone, Someone von Brian Poole & The Tremeloes. Eine neue Band, die Hep Stars, hatte im Juni ihre erste Single aufgenommen. Ein Aufsteller der Hauptstadt hatte davon erzählt. Kana Kapila, die Coveraufnahme eines Songs von The Continental Cousins Repertoir. Johnny hatte die Platte bestellt, sie jedoch nicht bekommen. Die Hep Stars werden groß, hatte der Junge gesagt.
    Er wechselte zwei Stifte und startete einen Probelauf mit Tennessee Waltz, Nummer eins in den vergangenen fünf Wochen und vermutlich noch einige Wochen länger.
    »Die willst du doch hoffentlich nicht rausnehmen?!«, sagte Ulla, nachdem Alma Cogan zehn Sekunden gesungen hatte.
    »Nein, nein. Die steht doch auf Platz eins.« Er lauschte dem Nadeldruck. »Aber die Platte selber muss ich austauschen.«
    »Bengt sagt, die Jugendlichen spielen sie jeden Abend.«
    »Das seh ich«, sagte er und betrachtete die mechanische Rolle, die den Walzer von Tennessee rot markierte, mehr als vierzig Mal gespielt.
    »Ich mag sie«, sagte Ulla.
    Er nickte.
    »Wovon handelt der Text?«, fragte Ulla. »Ich kann ja kein Englisch.«
    »Ich hab noch nicht genau hingehört«, sagte Johnny, »und ein Sprachgenie bin ich auch nicht.«
    »Dann hör jetzt mal zu.«
    Er hörte zu. Einige Wörter hatte er schon vorher aufgeschnappt. Alma Cogan hatte einen Geliebten, dann hatte sie keinen Geliebten mehr. Es war die uralte Geschichte. Er übersetzte es Ulla.
    »Warum gibt es nie ein glückliches Ende?«, fragte sie. »In Wirklichkeit gibt es das doch.«
    »Wie bei dir und Kula?«, sagte Johnny.
    »Bengt ist ein guter Mann«, antwortete sie. »Seit drei Jahren hat er nichts mehr getrunken. Wusstest du das?«
    »Ich wusste, dass er schon lange nicht mehr trinkt.«
    »Drei Jahre«, sagte Ulla und sah wieder durch die Jalousienspalten hinaus, die Sonne rieselte herein und ließ ihr Gesicht jünger wirken.
    Sie summte ein Stück aus Alma Cogans Walzer und wandte sich vom Fenster ab.
    »Sie klingt nicht wie diese jungen Dinger, die heutzutage Popmusik singen.«
    »Nee.«
    »Ich muss mir hier ja so manches anhören.«
    »Dafür entschuldige ich mich, Ulla.«
    »Wie die eine, die hat eine Stimme wie ein richtiges Gör«, sagte Ulla, die seinen Kommentar nicht gehört zu haben schien.
    »Wer?«
    »Weiß nicht. Ein Gör. Es geht um einen Lutscher, soweit ich verstanden habe. Ich hab’s gehört, weil ich in diesem Sommer ein bisschen mehr hier gearbeitet habe. Lolli irgendwas. Lolli.«
    »My Boy Lollipop«, sagte Johnny.
    »Ja, die!«
    »Millie«, sagte er. »Sie heißt Millie.«
    »Ein richtiges Gör.«
     
    Johnny kochte Kaffee und setzte sich mit einem Katalog der Atlas Music Company an den Tisch. Das Fenster stand offen. Die Wochen waren vergangen. Von draußen roch es trocken. In Blomstrands Werkstatt schweißte jemand. Hinter den großen Fenstern flammte es unnatürlich blau, elektrisch. Er hörte keinen Laut.
    Dann sah er jemanden aus der Werkstatt kommen und die Schutzbrille abnehmen. Es war Bosse Kula, ein Halbstarker, der kein eigenes Auto besaß. Bosse war Kulas und Ullas Sohn. Die anderen ließen ihn mitfahren, wenn er ihnen bei den Reparaturen half. Er war ein guter Mechaniker. Aber ein

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