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Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Titel: Der Junge, der Ripley folgte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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darunter Pyjama statt Pulli und Hose trüge. Er prüfte die Ärmellänge und sagte: »Perfekt.«
    Frank zog den Kopf ein und wandte sich ab.
    Behutsam legte Tom den Morgenmantel ab und breitete ihn über das Bett. Die Seide raschelte vornehm, sie hatte dieselbe Farbe wie das Auto der Berliner Entführer, dunkelrot. Tom mochte die Farbe nicht mehr, doch wenn er beim Rot des Mantels an Dubonnet dachte, konnte er den Wagen vielleicht vergessen.

18
     
    Auf dem Flug nach Paris fiel Tom das Haar des Jungen auf: Es war so lang geworden, daß es ihm über die Wange fiel und das Muttermal bedeckte. Seit Mitte August war Frank nicht mehr beim Friseur gewesen – damals hatte Tom ihm geraten, es wachsen zu lassen. Zwischen zwölf und ein Uhr mittags würde er Thurlow und Johnny Pierson im Lutetia den Jungen übergeben. Am Abend zuvor, bei Minot, hatte er Frank eingeschärft, sich um einen echten Paß zu kümmern – für den Fall, daß Thurlow nicht daran gedacht haben sollte, den echten Paß aus Maine mitzubringen oder die Mutter zu bitten, ihn nachzuschicken.
    »Sehen Sie?« Frank zeigte ihm eine Seite der Hochglanzbroschüre, die die Stewardessen an alle Passagiere verteilt hatten. »Da waren wir.«
    Tom las den kurzen Artikel über das Romy Haag und seine Transvestitenshow. »Über den Hump schreiben sie sicher nichts. Das ist ein Touristenmagazin!« Tom lachte und streckte die Beine aus, soweit der Sitz vor ihm das zuließ. Fliegen wurde immer unbequemer. Er könnte erste Klasse reisen, wenn auch wohl nicht ohne schlechtes Gewissen wegen der hohen Zuschläge, zumal europäische Flüge ohnehin überteuert waren. Außerdem wäre es ihm peinlich, in der ersten Klasse gesehen zu werden. Aber warum? Immer wenn er ein Flugzeug betrat und durch die geräumigere, luxuriöse erste Klasse, wo schon vor dem Start die Sektkorken knallten, zu seinem Platz gehen mußte, wäre er den dort Sitzenden am liebsten auf die Füße getreten.
    Tom freute sich nicht gerade auf das Treffen im Lutetia. Deshalb schlug er vor, diesmal den Zug vom Flughafen zum Gare du Nord zu nehmen und erst von dort aus ein Taxi. Am Gare du Nord mußten sie nach einem Wagen anstehen; für Ordnung in der Schlange sorgten nicht weniger als drei Polizisten mit weißen Gamaschen und umgeschnallten Pistolen an den Hüften. Dann fuhren sie zum Hotel. Frank starrte aus dem Fenster, schweigsam und angespannt. Ob er sein Auftreten plante, fragte sich Tom, und wenn ja, was war zu erwarten? Eine Rührmichnichtan-Attitüde gegenüber Thurlow? Eine verlegene Erklärung für seinen Bruder Johnny? Oder gar Trotz? Und: Würde er sich weigern, Europa zu verlassen?
    »Ich glaube, Sie werden meinen Bruder ganz in Ordnung finden«, sagte Frank nervös.
    Tom nickte. Er wollte, daß der Junge sicher zu Hause ankam, daß er sein Leben weiterführte, was bestimmt College bedeutete, und daß er dem Unvermeidlichen ins Gesicht sah, damit leben lernte. Sechzehnjährige Kinder, zumindest aus einer Familie wie den Piersons, konnten nicht weglaufen und allein mit dem Leben fertig werden, wie das ein Junge aus den Slums unter Umständen tun könnte oder ein Jugendlicher aus einer derart zerrütteten Familie, daß vielleicht selbst das Leben auf der Straße besser war. Das Taxi hielt vor dem Hôtel Lutetia.
    »Ich habe Francs«, sagte der Junge.
    Tom ließ ihn bezahlen. Der Portier trug ihre beiden Koffer hinein, doch in der eher protzigen Halle sagte Tom zu ihm: »Ich bleibe hier nicht. Könnten Sie meinen Koffer aufbewahren, eine halbe Stunde etwa?«
    Auch Frank wollte sein Gepäck abgeben. Kurz darauf kam ein Page mit zwei Gepäckscheinen, die Tom einsteckte. Der Junge kehrte vom Empfangstresen zurück und meinte, Thurlow sei mit seinem Bruder weggegangen, werde aber in knapp einer Stunde zurückerwartet.
    Erstaunlich, daß sie nicht im Hotel waren, dachte Tom. Er sah auf seine Uhr: 12:07. »Vielleicht sind sie zum Essen? Ich gehe ins nächste Café und rufe zu Hause an. Willst du mitkommen?«
    »Klar!« sagte Frank und ging voraus. Draußen auf dem Gehweg schlurfte er mit hängendem Kopf neben ihm her.
    »Kopf hoch!« sagte Tom.
    Frank gehorchte sofort.
    »Bestellst du mir einen Kaffee, Frank?« Sie betraten ein tabac, Tom ging die Wendeltreppe zu den toilettes-téléphones hinunter, steckte zwei Franc in den Schlitz, weil er nicht unterbrochen werden wollte, nur weil er ein paar Sekunden zu spät Geld nachwarf, und wählte die Nummer von Belle Ombre. Madame Annette meldete sich.
    »Aah!«

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