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Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Titel: Der Junge, der Ripley folgte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Und zur Polizei. Die haben ihr nicht geglaubt. Sie ist alt, nicht mehr ganz richtig im Kopf.« Frank wiegte den Kopf wie unter Qualen und griff nach seinem Koffer auf dem Boden. »Okay – Ihnen hab ich’s erzählt, keinem sonst auf der Welt, und es ist mir egal, was Sie wem sagen. Der Polizei, meine ich, oder sonstwem. Aber ich gehe jetzt besser.«
    »Ach komm schon, wohin denn?«
    »Weiß ich nicht.«
    Tom aber wußte es. Selbst mit dem Paß seines Bruders konnte der Junge Frankreich nicht verlassen. Verstecken konnte er sich nur auf den Feldern. »Du kommst nicht aus Frankreich heraus und im Land auch nicht weit. Hör zu, Frank, wir reden nach dem Essen darüber. Wir haben alle –«
    »Essen?« Als sei das Wort ein Affront.
    Tom trat auf ihn zu. »Ich gebe dir jetzt einen Befehl. Es ist Mittagszeit, du kannst nicht einfach so verschwinden. Das sähe komisch aus. Also reiß dich zusammen, iß anständig, und nachher reden wir.« Tom wollte ihm die Hand darauf geben, doch der Junge wich zurück.
    »Ich verschwinde, solang ich noch kann!«
    Tom packte mit der Linken Franks Schulter, mit der Rechten seine Kehle. »Das tust du nicht. Das tust du nicht! « Er schüttelte ihn kurz am Hals und ließ ihn dann los.
    Entsetzen stand in den weitaufgerissenen Augen des Jungen. Das hatte Tom gewollt. »Komm mit nach unten.« Er wies auf die Tür, der Junge ging voran. Tom schlüpfte kurz in sein Zimmer, denn er wollte den France-Dimanche loswerden. Um ganz sicherzugehen, steckte er ihn hinten in die Ecke des Schranks zwischen die Schuhe. Nicht einmal im Papierkorb sollte Madame Annette die Zeitung sehen.

5
     
    Unten arrangierte Héloïse in einer hohen Vase auf dem Couchtisch einen Strauß gelbroter und weißer Gladiolen. Tom wußte, daß sie die nicht mochte; Madame Annette mußte sie geschnitten haben. Héloïse sah auf und lächelte den beiden zu. Um sich zu entspannen, reckte Tom die Schultern, als müsse er ein Jackett zurechtrücken: Er wollte ruhig und gelassen wirken.
    »Schöner Tag soweit?« fragte er sie auf englisch.
    »Ja. – Wie ich sehe, hat Henri sich blicken lassen.«
    »Nur für das Nötigste, wie immer. Billy ist besser.« Tom winkte Frank, ihm in die Küche zu folgen, denn er meinte, gegrillte Lammkoteletts zu riechen. »Madame Annette, excusez-nous. Vor dem Mittagessen hätte ich gern einen kleinen apéritif. «
    Sie prüfte gerade die Lammkoteletts auf dem Grill über dem Herd. »Aber Monsieur Tomme, das hätten Sie mir sagen sollen! Bonjour, Monsieur! « begrüßte sie Frank.
    Frank erwiderte höflich den Gruß.
    Tom trat an den Barwagen, der nun in der Küche stand, schenkte einen Scotch ein, weder zu groß noch zu klein, und drückte Frank das Glas in die Hand. »Wasser?«
    »Nur einen Schuß.«
    Er ließ aus dem Hahn über der Spüle Wasser hinzulaufen und gab dem Jungen das Glas zurück. »Das entspannt dich, löst aber nicht unbedingt die Zunge«, murmelte Tom. Er mixte sich einen Gin-Tonic, ohne Eis, obwohl Madame Annette es schon aus dem Kühlschrankholen wollte. »Gehen wir zurück«, sagte er zu dem Jungen und nickte in Richtung Wohnzimmer.
    Sie setzten sich mit den Drinks an den Eßtisch, und gleich darauf brachte Madame den ersten Gang, ihre hausgemachte legierte Consommé. Héloïse plapperte vor sich hin, erzählte von ihrer Kreuzfahrt Ende September. Am Vormittag hatte Noëlle angerufen und sie mit weiteren Einzelheiten versorgt.
    »Die Antarktis!« strahlte sie. »Wir brauchen wahrscheinlich – oh, stellt euch nur die Anziehsachen vor: zwei Paar Handschuhe übereinander!«
    Lange Unterhosen, dachte Tom. »Stellen sie zu diesem Preis irgendwo die Zentralheizung an?«
    »Ach, Tomme !« seufzte Héloïse nachsichtig.
    Sie wußte, daß ihm der Preis völlig gleichgültig war. Jacques Plisson würde seiner Tochter die Reise wahrscheinlich spendieren, jetzt, da feststand, daß Tom nicht mitkommen werde.
    Frank fragte auf französisch, wie lange die Kreuzfahrt dauern sollte, wie viele Leute an Bord sein würden. Und Tom stellte fest, wie sehr er die gute Erziehung des Jungen zu schätzen wußte – diese alten Sitten wie Dankesbriefe schreiben, drei Tage nachdem man ein Geschenk bekommen hatte, ob man es (oder die Tante, die es geschickt hatte) nun mochte oder nicht. Ein durchschnittlicher amerikanischer Sechzehnjähriger hätte sich unter solchen Umständen nicht so im Zaum gehabt. Als Madame Annette die Servierplatte zum zweitenmal herumreichte – vier Lammkoteletts lagen noch darauf,

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