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Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Titel: Der Junge, der Ripley folgte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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sagen. Aber ich rufe an, bestimmt.« Er legte auf, irgendwie unzufrieden, weil er lieber sicher wäre, daß die Entführer des Jungen Thurlow heute noch einmal anrufen würden.
    Eric kam aus der Diele herein. Er klebte gerade einen Brief zu und wirkte entschlossen. »Erfolg gehabt? Was gibt’s Neues aus Paris?«
    Erics Furchtlosigkeit war ansteckend; Tom wurde gelassener. In wenigen Minuten würden sie aus der Wohnung gehen und zwei Millionen Dollar unbewacht zurücklassen. »Ich habe ein Treffen ausgemacht: heute abend im Hump zwischen elf und Mitternacht. Die Kidnapper sollen nach Joey fragen.«
    »Das Geld nehmen Sie nicht mit?«
    »Nein.«
    »Und was dann?«
    »Ich werde improvisieren. Hat Max ein Auto?«
    »Nein – beide haben keins.« Eric zog sein dunkelblaues Jackett zurecht und lächelte Tom an: »Ich bringe Sie zum Taxi, wenn Sie heute abend verkleidet losziehen.«
    »Wollen Sie mitkommen?«
    »Weiß ich noch nicht.« Eric wiegte den Kopf hin und her. »Tom, fühlen Sie sich wie zu Hause. Aber bitte zweimal zuschließen, wenn Sie gehen, ja?«
    »Das werde ich, ganz sicher.«
    »Soll ich Ihnen zeigen, wo der Koffer im Schrank steht?«
    Tom lächelte. »Nein.«
    »Wiedersehen, mein Lieber. Gegen sechs bin ich zurück, denk ich.«
    Kurz darauf ging auch Tom und schloß zweimal ab, wie Eric ihn gebeten hatte.
    Die Niebuhrstraße wirkte friedlich, so wie immer; niemand zu sehen, der herumlungerte oder ihn besonders beachtete. Tom ging links in die Leibnizstraße und dann am Ku’damm wieder links. Hier waren Geschäfte, Bücher- und Plattenläden, Imbißwagen auf dem Bürgersteig, Leben und Menschen – ein kleiner Junge lief vorbei, einen großen Pappkarton unter dem Arm, eine junge Frau versuchte, Kaugummi vom Stiefelabsatz zu kratzen, ohne es anfassen zu müssen. Tom lächelte. Er kaufte eine Morgenpost, warf einen kurzen Blick hinein und fand wie erwartet nichts über die Entführung.
    Vor einer Schaufensterauslage voll hochwertiger Aktenkoffer, Handtaschen und Portemonnaies blieb er stehen, ging hinein und kaufte eine dunkelblaue Wildlederhandtasche mit Schulterriemen, die Héloïse gefallen müßte. Zweihundertfünfunddreißig Mark. Möglicherweise hatte er sie als Rückversicherung gekauft, daß er nach Hause zurückkehren und sie seiner Frau überreichen würde, was nicht ganz logisch war. An einem Schnellimbiß kaufte er zwei Päckchen Roth-Händle. Praktisch, dachte er, daß sie auch Zigaretten und Streichhölzer verkauften, nicht nur Bier und Fast food. Ein Bier? Nein. Tom schlenderte zurück zu Erics Haus.
    Dort hielt er einer Frau die Tür auf, die mit einem leeren Einkaufsroller herauskam. Sie dankte ihm, würdigte ihn aber kaum eines Blickes.
    Nur widerwillig betrat er Erics totenstille Wohnung und fragte sich einen Moment lang, ob jemand im Schlafzimmer lauerte. Absurd. Trotzdem ging er ins Schlafzimmer (alles ruhig und ordentlich, das Bett war gemacht) und öffnete den Schrank. Der braune Koffer stand hinten, davor ein größerer Koffer, vor dem Schuhe aufgereiht waren. Er hob den kleineren Koffer an, spürte das vertraute Gewicht.
    Im Wohnzimmer blieb Tom vor einer von Erics Waldlandschaften stehen und starrte das Bild an. Er haßte es: ein kapitaler Hirsch, die Augen blutunterlaufen und entsetzt aufgerissen, unter schwarzblauen Sturmwolken. Wurde er von Hunden gehetzt? Falls ja, Tom sah keine. Vergeblich suchte er das Bild nach einem Gewehrlauf ab, der von irgendwo auf das Tier zielte. Vielleicht hatte auch der Hirsch den Maler gehaßt.
    Das Telefon klingelte. Tom schrak hoch. Ob die Entführer Erics Nummer herausgefunden hatten? Natürlich nicht. Sollte er drangehen, die Stimme verstellen? Tom hob ab und meldete sich unverstellt: »Hallo?«
    »Hallo, Tom. Hier ist Peter«, sagte Peter ruhig.
    Tom lächelte. »Hallo, Peter. Eric ist nicht hier. Kommt gegen sechs zurück, hat er gesagt.«
    »War auch nicht weiter wichtig. Alles in Ordnung? Haben Sie gut geschlafen?«
    »Ja, danke. – Peter, hätten Sie heute abend Zeit, sagen wir ab halb elf, elf? Dauert nicht lange.«
    »Hmm, ja. Bin nur mit einem Cousin zum Essen verabredet. Was steht denn an?«
    »Ich gehe in den Hump. Kann sein, daß Max mitkommt. Ich bitte Sie noch einmal um Ihre Fahrerdienste, doch heute wird es wohl nicht so gefährlich werden. – Na ja«, setzte er hastig hinzu, »hoffentlich wenigstens. Aber sonst wäre das mein Problem, nicht Ihres.«
    Peter sagte, er könne zwischen halb elf und elf bei Eric vorbeikommen.
    Im

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