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Der junge Goedeschal - Roman

Der junge Goedeschal - Roman

Titel: Der junge Goedeschal - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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zu tun.«
    Doch Franke beharrt und Arne, Arne hört ihm zu. »Eine Fünf darf er mir geben. Auch Karzer wegen Abschreiben. Aber er hat mich nicht zu beschimpfen! Ich sage es meinem alten Herrn. Was meinst du, Schütt?«
    Arne antwortet, sie sprechen beide, Schütt und Franke, ein Langes über die Schwere der Beleidigung, über die Art der zu erhebenden Einwände. An die Mauer gelehnt, verfolgt Kai mutlos das Wandern der Zeiger, gleich ist die Pause vorüber, und von Arne hat er nicht mehr als ein »Jaja«. Er sucht Arnes Blick einzufangen. Und dann denkt er daran, dass er diesmal nicht nur eine genügende, nein, eine gute Mathematikarbeit schreiben muss, sonst bleibt er zu Ostern sitzen, und dass er nichts weiß.
    »Arne …«
    Aber noch immer hört Arne nicht, und nun fühlt man immer tiefer die Entmutigung, ein schweißtreibendes Entwürdigtsein durch das Hier-Warten, Hier-Betteln, Hier-noch-immer-Stehen. Wie wäre Empörung schön, aber Empörung kann man sich nicht leisten, denn man muss ja die Lösungen der Arbeit bekommen.
    Bis wirklich die Glocke anschlägt, bis er dann in der Klassentür abgerissen, schmerzend die Zusage erhält: »Um zwölf. Verlass dich drauf. Punkt zwölf. Ich verspreche es dir.«
    Dann geht man wieder auf seinen Platz, und nun kann man wieder wünschen, dass bald Mittag ist, denn – nicht wahr? – nun hat man ja alles in der Hand, man hat sich gesorgt, bekümmert, aber dann das Schwere aus dem Weg geräumt und sich’s teuer genug verdient, leicht zu sein.

15
    Kai schiebt sein Heft von sich. Es freut ihn, diese Gleichungen zu lesen, diese a 2 und b 2 , diese Wurzelzeichen als fremde und ganz neue Dinge zu betrachten, die sich haben eindrängen wollen und die ihn nun doch gar nichts angehen.
    Während er seinen Blick sichernd über den wolligen, tief gesenkten Kopf Professor Bäckers gleiten lässt, blättert er weiter in seiner Kladde, fühlt das glatte Zurückgleiten der Seiten und liest das Gedicht, sein Gedicht, das er im Sieg über diese Stunden für Ilse geschrieben. Mathematikarbeit, aber nein, stattdessen ein Gedicht für Ilse! Dieses in »Jettchen Gebert« hineingelegte Blatt eines Tages findend, wird sie im halb verbotenen Überfliegen glauben, es sei durch Zufall im Buche.
    Kai reißt ein Blatt aus seinem Heft, er schreibt die Zeilen ab, und ehe er sie knifft und in den Roman schiebt, liest er noch einmal die letzten Worte:
    »Niemand verstand das stumme Flehen meiner Augen,
    Und in dem Zittern der verkrampften Hände
    Erkannten sie nur die empfangene Spende …
    Das ist mein Leid bei diesem Erdenwandeln.«
    »Ja, dies ist alles und doch nicht zu viel. Abgesondert von allen mit traurigen Augen beiseitestehend, kann ich doch nicht – hier wird sie es fühlen – zu den andern treten, der ich  so viel mehr bin als sie. Die Melancholie dieser Zeilen wird sie verführen, weich zu sein bei mir, und am Ende werde ich, den Kopf in ihrem Schoß, ausruhen können, meine Sorgen in ihre Hände hineinwachsen sehen und, nun ganz erleichtert, mich vor ihr neigen und ihre Hand küssen dürfen.«
    Er sah vor sich. Wacher werdend, ließ er den Blick durch die Klasse gehen, und die Belebtheit der andern, ihr Zurechtrücken, ihr Blättern in Büchern ließ ihn leicht erschreckend zusammenfahren. Aber, da er nun begriff, als er sah, dass sie fertig waren, als die hastig hervorgezogene Uhr ein Viertel auf eins zeigte, hallte der Schreck, wie auf Messingplatten gehämmert, stärker, ein betäubender Lärm brach in ihm aus, er schrak zurück, sein Kopf strudelte, Wasser schien endlos zu stürzen.
    Noch hoffend, schon verzweifelt, flüsterte er zum Nachbar: »Bist du schon fertig?«
    »Längst! Du nicht? Ist doch blödsinnig einfach!«
    Kai warf den Kopf herum, sah nach Arne: der blätterte in einem Buche. »Natürlich hat er sie nicht geschickt! Wieder vergessen! Hat gedacht, ich bekäme die Lösungen allein heraus. Aber ich habe doch sein Versprechen …«
    Er fühlte das Näherkommen der Gefahr, noch saß Bäcker mit gesenktem Kopf, aber wie lange noch, dann hörte er das Rascheln, das Rücken, das Atmen, sah auf und begriff.
    »Nein, ich muss mich zusammennehmen. Noch ist nichts verloren.«
    Er zitterte. »Wie ist es? Die Kubikwurzel aus …«
    Er schob die Kladde zurück. »Ich habe keine Zeit. Ich muss gleich ins Reine schreiben.«
    Blättern in der Logarithmentafel. »Ich finde nichts.« Dann, die Hände sinken lassend: »Nein, es geht nicht. Ich bin verloren. Ich kann nichts tun. Mag

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