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Der junge Goedeschal - Roman

Der junge Goedeschal - Roman

Titel: Der junge Goedeschal - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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weg.«
    »Aaaaah!«
    Die Lider sinken, das Unterkinn wird frei, spaltet den Mund. In das Kissen wiegt die Hinterkopfform. Die Schultern spannen den Bogen, stoßen den starrenden Pfeil aus dem Zentrum des Leibes, bis er springt, speit, wirft … Er rüttelt den Leib, schüttelt kleine Juchzer aus ihm, die Ellbogen hüpfen auf, lässige Tauben. Die Zehen krampfen zum Kreis. Und der Leib wird lang, lang, dehnt sich endlos über die Welt hin – – – »dehnt sich endlos, de’ si’ lo’ … de’ si’ lo … Daisy … Liebste …«
    Und die Ruhe kommt gegangen, das Verfallen, das Schrumpeln, Rückkehr zu den Laken. Einsingen. Und einschwarzer Schleier nach dem andern weht über das Hirn, die Säume streicheln seiden die Schläfen; nun sinkt es über das Gesicht, noch einmal stößt Kai den Mund auf, nach Luft, himmelwärts, nein! Schlafengehen, Schlafengehen.

51
    Knarrend klaffte ein Türspalt, ward weit – jenseits der Diele funkte blau und rot, sonnenbestrahlt, die Fensterverglasung der Treppe. Herein schob sich Schütt, farbig gekrönt; mit der ins Schloss seufzenden Tür ergraute sein Antlitz; doch bot er näher tretend Kai Hand und Gruß und warf, plötzlich im Lehnstuhl viele Bauchfalten aufbreitend, die Erklärung eines Bedauerns, dass der Freund Kai so wenig nur noch zu sehen.
    Dann wartete er, schiefen Gesichts, blass und rotblond blinzelnd.
    Kai fühlte ablehnenden Unwillen. Indem er die Hände, deren einen Strich seitlich geschwungenes Endglied bedrückte, zwischen knitternde Buchseiten schob, spürte er wachsend in sich das Schweigen, es knödelte im Hals und setzte auf die Augenhaut brennende Wüsten.
    So brummte er schwach und schob einen auffordernden Blick gegen Schütt.
    »Du schweigst, rara avis? Aber dein Schweigen sagt, dass deine Abkehr nicht zufällig. Etwas ist da, also? Und?«
    Halb anerkennend hob Kai die Achsel, seine Hände flatterten leicht auf und hockten sich beschämt ins weiß knitternde Nest.
    »Bin ich Zahnschlosser«, markierte Arne Empörung, »rede nun du!«
    »Ach …«
    Aber im Ach zitterte so viel tränengereizte Schwäche. Arne ermunterte klatschend das eigene Knie, und Kai stärkte sich zu einem knurrenden: »Bockmist!«
    Auf den fragenden Blick: »Es lohnt ’s Reden nicht … wirklich nicht … nun, ja denn, wenn du durchaus willst … also …«
    Und stand grell flammend über der Erkenntnis, dass er hatte pratteln wollen: Königtum verlieren, einsamkeitsverjagt in die sühnenden Hände häschriger Lehrer und Richter sich selbst liefernd. Röte überspülte das Gesicht, schon stand er, drehte die Hände umeinander, der nahe Absturz besaugte ihn schwächend, aber er warf den Leib zurück und klirrte ein schrilles: »Nichts …!«, während Arne noch immer aus der Flamme des Streichholzes flackernde Schwelung seiner Zigarette puffte.
    »Nichts …? Aber was ist das, Kai, da war etwas? Und du willst nicht reden, zum Freunde?«
    Die Berufung des Wesensmeilenentfernten auf diesen Titel … Achselzucken …
    »Wie?!!!!«
    Arne schoss auf. Knarrend rieb der verstoßene Stuhl die Schrankwand. »Wie?!!!!«
    Zuckendes Gewitter durchwarf faltig Schütts Gesicht. Das Fette der Wangen schwappte zurück und blößte einen kleinen, schwarzen und kochenden Blick aus Blau.
    »Du zuckst zur Freundesberufung die Achsel?!!!«
    Wie kleckerte weichlich Eifer: »Aber nein, mein Arne! Nicht dazu. Sondern die Geschichte, so unlohnend …«
    »Erzähle doch …«, noch grollte Donner in dem. Und nun ganz weich in Fleisch und Skelett breitete Kai das rettende Lügengewebe der Entfremdung mit Ilse, den Herauswurf;indem Arne Rauch paffelte und den geschliffenen Nagel gegen das Fensterglas stieß.
    Aber im Reden fühlte der Schurke am höchsten sich landesverwiesen des vom Gefährten entfremdeten Königtums nächtlicher Schmach, fand im Prüfen des Verquollenen drüben nichts so weich redender Betriebsamkeit wert und – sabbelte weicher.
    Da die Tür hinter dem sich elegant verbeugenden Entdeckten, der das Anhören so intimer Gespräche weltmännischzynisch bedauerte, zufiel und Heimweg, Erna, Paradies der Schmach, wohl Rede begehrend, aber nicht zu bereden, im Dunkel blieb, erwog Arne: »In all dem keine Not solcher Freundesflucht. Eher Beratung …«
    »Wozu …?«
    Da röchelte Arne, schulschillerpathetisch: »Racha …!« Schwellte die Brust und warf die Hände, torkelnd im Zugriff spitznäglig gekrallter Hälse durch die Luft.
    Dann, matter säuselnd: »Das ließest du dir bieten, etwa? Von

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