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Der junge Goedeschal - Roman

Der junge Goedeschal - Roman

Titel: Der junge Goedeschal - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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schon. Noch ziehen grünschwadig irgendwo in ihm Dämpfe, aber bedenken … Ja, es geschah. Sie ist ausgetan und fortgewiesen, diese Kleine, deren selten entblößter Blick zu leisem Erschauern die Brust und Tieferes lockte. Ich schrieb ihr, das weiß ich, anlässlich …«
    Kai wühlte die Schulter zur Seite. Die Knie emporgerissen, spürte er tief zu den Zehen ein gläsern klingelndes Rieseln, anzuhören wie zager Splitterschlag zweier Eiszapfen in fuchtelnden Jungensfäusten.
    »Ich schrieb ihr, matte Zeichen. Nie mehr werde ich dort in der Stube sitzen, auf das Gas lauschen und das Hingleiten beruhigter Reden. Dies Auge hebt sich anderen zu. Ihrer  Freundschaftstreue dankten zum Beschluss Worte, die da  und dort beißend ihrer süßen Umhüllung entschlüpften und sich gegen sie kehrten. Ich nun, der ich ihre Herzhaut  ritzte, fühle in mir schwächendes Versickern eigenen Blutes,  Aufgang lippiger Risse und Dunkel, so sehr Dunkel …«
    Er sah starr zur Decke, auf der ein ungewisser Schein bebte, seine Hände suchten. »Wieder bin ich allein. Jener Abend weit entrückt, da Arne mich fortzog, auf der Straße die Blasse, dann die Geneigte, und – oh! – der Sonntag am Feuer, grau flattert der Zettel; und nun an den Schluss gesetzt dieser Nachmittag heute im Park; – welch rascher Anstieg, wie nah das Ziel! Nur ein wenig Mut noch! Ein wenig Zugriff! Vertrauen! – Nichts! Sie entglitt. Unstarkem entglitt der Moment zur Umkehr. Was denkt nun sie?«
    Er horchte, beschwor ihr Gesicht: nichts. Blasses, Verblasstes wollte sich ballen, trieb um: nichts. Er formte die Hände. »So … die Pulse an ihre Schläfen gedrückt, dass das Klopfen der Adern ihres sein konnte wie meins, ihr Gesichtnah, schräg erhoben, der Mund aufbrechend über den feucht glänzenden Zähnen – ah …!«
    Es war fort.
    »Ich werde es nie können … Aber du, du, Ilse, warum tatest du es nicht? Ahntest du wirklich nicht das Ziel meiner Bitten? Sag!«
    Alles schien so leichter, wenn sie wusste, – selbst Rückkehr in dieses Haus, das die nachtmahrgleiche Verkrampfung seines Ich gesehen.
    Er verschob das Hemd, betastete die Brust, seine Hand hörte Herzschlag auf Herzschlag, unbeteiligt gehämmert. »Liebe du … weißt du denn nicht …?«
    Nein, sie wusste nicht. Auch nicht von fern hatte ihr Antlitz der grün verzerrende Glanz jener Fackel überhuscht, die der Feind in listig verkrampfter Faust trug. »Ich allein bin sein Knecht, sein Spielding; ein Zuckebold, der an Strippchen tanzt, heute zu Rausch und Taumel verlockt, aber die morgen nach der Erfüllung langende Hand unbegreiflich zurückgezerrt. Finde ich nie die Waffe, die ihn bekämpft, und, mit ihr, der Eigenheit Lösung?«
    Fort war auch dies. Ein rascher Schauer, plötzlichem Hagelschlag gleich, überprallte den Leib. Faltiges Zucken schepperte ihn, hier und da, an der Außenkante. Kleine, blödsinnig glucksende Kehllaute pufften aus seinen Lippen, und während er die Lider presste und Finger abwehrend verkrampfte, sah er sich doch zum andern Mal jener Wand gesellt, deren abgestandener Duft neu plötzlich und breit seine Nase füllte; die Knie verbogen und einsinkend; doch gegenüber wusste er nun ihn, der durch die Mantelfalten sein Gesicht gesehen, den Glänzenden, Spiegel und Feind, Spiegelfeind.
    Und ein Unverzeihlichstes schien es jetzt dem harngedüngten Boden dieser Erniedrigung zu entschießen, dasseiner, jener sein Gesicht gesehen, das unverzeihliche Gesicht der Schmach.
    Nie waren die in jenem Glase gefangenen Erinnerungen zu verlöschen, nie zu leugnen oder vergessbar, was geschehen. Die dann und wann im Toddunkel blitzschnell erschaute Gestalt des Feindes, verkrampfter Klumpen, wandelte sich nun klar in das graustaubige Glas eines Spiegels, im Rahmen einer rot gekehlten Leiste, aufbewahrt von jenen Schleifröcken, die ihn verjagt hatten – bis in diesen Ekel hinein.
    Da erhitzte er Drohungen in sich. Die Zähne gepresst, stieß er Empörung, Fluch ihnen allen, den Zerstörern.
    »Die Mutter … aber auch jene Breite redete kaum: ›o Mutti!‹ – das alles?«
    Aufschnellend saß er, über die Tür raspelte eine Hand, im Drückerschloss knackte es. »Sie kommt! Um Verzeihung! Alles gut … alles gut …«
    Das Dunkel blieb, sosehr die brennenden Augen sich mühten. Aber ein Knittern schien an der Tür zu sein, und nun wehte es her: Laues von Atem.
    Er fiel zurück. »Sie …? Wer wird es sein … Mama …? Mama …?!«
    Still. Das Blut sang im Ohrloch. Schwoll

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