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Der junge Goedeschal - Roman

Der junge Goedeschal - Roman

Titel: Der junge Goedeschal - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Denunzierende ist!
    Die an diese Feststellung geknüpfte Debatte ergab das Ergebnis, dass drei der Herren sich gegen Verfolgung der Angelegenheit und für alsbaldige Vernichtung des Schreibensaussprachen, die übrigen fünf aber für Verhandlung mit dem Schüler Goedeschal auf Grundlage des beigefügten Schriftstücks eintraten. Dem Majoritätsbeschluss wurde also entsprochen und dieses umso mehr, als der die Religion als Lehrfach innehabende Kollege, Herr cand. theol. Richter, darauf aufmerksam machte, dass der Brief sozusagen einen Hilfeschrei des denunzierten Denunziators darstelle, dem zu entsprechen nicht nur völlig zum Beruf des pflichtbewussten Pädagogen gehöre, sondern auch ernsteste Pflicht eines jeden wahren Christen sei. Wurde demgegenüber, besonders vom Ordinarius der Obersekunda, Herrn Professor Scheide, darauf aufmerksam gemacht, dass bei heutiger Stellung von Lehrer und Schüler eine segensreiche Einwirkung bei Behandlung so diffiziler Fragen dem Lehrer schlechterdings nicht möglich sei, dass Derartiges vielmehr vollkommen dem Elternhaus überlassen werden müsse, und erachtete es Herr Professor Scheide bei dieser Gelegenheit als geboten, erneut für einen von ihm bereits in pädagogischen Fachblättern erhobenen Vorschlag einzutreten, nämlich, den von einem Hohen Kultusministerium für Oberprima angesetzten Aufklärungsunterricht bereits in Unter-, spätestens aber in Obersekunda stattfinden zu lassen, so wurde dem gegenüber m. E. mit Recht geltend gemacht, dass eben grade die Einzelheit dieses Falles beweist, dass es sich hier um eine besonders stürmische und frühe Sexual-Entwicklung handelt, deren Seltenheit eben nicht zu Folgerungen verleiten darf, die für die Mehrzahl der Schüler verderblich wären; dass ferner sehr wohl das ernste Wort des Pädagogen genügend sei, den jungen Mann von seinen Verirrungen auf den rechten Weg zurückzuleiten.
    Es wurde also zur Verhandlung mit Ihrem Sohne Kai Goedeschal, Schüler der Obersekunda, geschritten. Leiderwar das Ergebnis der Verhandlung nicht das Erwartete. Der Ton des anonymen Briefes, besonders aber der Umstand, dass der Schüler über Namen und Art seines Vergehens nicht im mindesten unterrichtet zu sein schien, berechtigten zu der Erwartung, dass eine gewisse Schwäche und, ich möchte dies selbst angesichts eines derartigen Vergehens, wenn auch mit allem Vorbehalt, sagen, eine nicht geringe Naivität erleichternd wirken würden. Diese Erwartung wurde leider getäuscht. Nach einheitlich gebilligtem Plan sollte der Schüler durch die Fiktion, wir, seine Lehrer, seien überzeugt, dass ein gewisser Mitschüler von ihm aus Feindschaft und Rachsucht diese Verdächtigungen ausgestoßen habe, dazu gebracht werden, sich selbst aus Wahrheitsliebe als Schreiber dieses Briefes zu bekennen. Seine Haltung war zwar zu Beginn der Verhandlungen eine zweifelsfrei verwirrte, die eben erwähnte Fiktion wurde ohne weiteres von ihm angenommen; dann aber traten Bedenken in ihm unsere Gutgläubigkeit ebendieser Fiktion gegenüber betreffend auf und, als wir bereits nach dreiviertelstündigem Verhandeln schon aus seiner tiefen Ermattung und Abgespanntheit ein freimütiges Bekenntnis erhoffen durften, dem auf der Stelle von Herrn cand. theol. Richter die eingehende Ermahnung angefügt worden wäre, geschah zwar dieses Geständnis, jedoch mit einer solchen Eruptivität, mit einer so großen, rätselhaften, anscheinend gegen uns, seine Lehrer, gerichteten Empörung, dabei so reuelos, so über jede Einzelheit dieser schweren Sünde der jungen Männer unterrichtet, dass uns zu irgendwelchen Ermahnungen Gelegenheit nicht gegeben wurde, vielmehr zu allen andern Bedenken nun noch das trat, dass der Schüler mit einer ungemeinen Listigkeit in seinem Schreiben eine Unwissenheit inbetreffs dieser Fragen vorgetäuscht hat, die als weiterhin erschwerend angesehen werden muss.
    Der Schüler Kai Goedeschal verteidigte sich in keiner Weise, mit einer beinahe zynischen, nahezu triumphierenden Offenheit bekannte er sich zu seinem Vergehen und verließ dann so plötzlich das Zimmer, verweigerte, dem Rückruf sein Ohr zu leihen, dass das von uns zu Sagende leider ungesagt bleiben musste.
    Eingehender nachfolgender Besprechung Ergebnis war dann, dass man beschloss, diese Angelegenheit nicht wieder aufzunehmen, sondern davon Ihnen, sehr verehrter Herr Staatsrat Goedeschal, mit Angabe aller getanenen Schritte Mitteilung zu machen; was hiermit geschehen ist.
    Hatte der

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