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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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rasch. Das Gespräch war abgeschlossen. Tokei-ihto begann seinen Pemmikan aus der Schale zu löffeln. Nach langer Stille knüpfte Chef de Loup an die erste Mitteilung des Dakota an. »Häuptling Tokei-ihto hat nun mehr ›Geheimniseisen‹ als Krieger, das wird ihm neuen Ruhm bringen. Siebzig Flinten hat er uns abgenommen, einige den zehn weißen Jägern, und wieviel wird ihm noch Monito bringen, der geheimnisvolle Mann?«
    »Monito«, wiederholte der Häuptling, ohne seine Überraschung darüber, daß Chef de Loup von dem erwarteten Besuch wußte, zu verraten.
    »Unsere Augen werden Monito sehen, er kommt in dieses Zelt. Wie denkt Chef de Loup darüber? Darf seine Zunge schweigen?«
    Der Delaware verstand die Frage des Dakota völlig. Chef de Loup diente den Weißen. Tokei-ihto hatte vor, in seinem Zelt einen wahrscheinlich recht bedeutenden Waffenschmuggel abzuhandeln, von dem seine Feinde natürlich nichts erfahren durften.
    »Die Zunge Chef de Loups schweigt über alles, was in diesem Zelt hier gesprochen wurde und je gesprochen werden wird. Tobias und Chef de Loup sind zwei verschiedene Menschen. Keiner spricht mit dem anderen.«
    »Gut, so mag Chef de Loup Monito in meinem Zelt sehen.«
    Tschetansapa erschien im Zelteingang.
    »Unser Späher Tatokano ist gekommen«, meldete er. »Will Tokei-ihto ihn sprechen? Er hat von Monito zu berichten!« Der Häuptling drückte seine Zustimmung aus, und Schwarzfalke verschwand wieder. Bald darauf kam ein junger Bursche.
    »Monito kann morgen nacht einziehen«, berichtete er.
    »Er hat fünfzehn Mann und dreißig Maultiere bei sich. Er ist groß von Gestalt, vor seinem Gesicht hängt ein Leder, das nur zwei Löcher hat, durch die seine Augen hindurchschauen. Einer seiner Männer, der sehr klein ist, ist mit einem zweiten Mann vorausgeritten, um unsere Zelte schneller zu erreichen. Dieser kleine Mann und sein Begleiter können schon heute nacht bei uns anlangen.«
    »Sobald die beiden Vorboten des Monito kommen, werden sie zu mir geführt. Die Fremden brauchen nicht zu merken, daß nur so wenige Krieger bei unseren Zelten sind. Sie kennen euch noch nicht; ein jeder kann sich öfter zeigen, um sie zu täuschen.«
    Der jugendliche Späher entfernte sich, um die Befehle des Häuptlings weiterzugeben. Tokei-ihto blieb am Feuer sitzen, um auf seine angekündigten Gäste zu warten. Uinonah bereitete schon eine neue Mahlzeit vor.
    Chef de Loup döste auf seinem Lager vor sich hin, dachte über die Meldung nach, die der Späher gebracht hatte, und vertrieb sich die Wartezeit, indem er die Beutestücke des Häuptlings, die an den Zeltstangen hingen, wieder durchmusterte. Ein besonderer Anziehungspunkt für die Phantasie des jagdgierigen Delawaren war das Grizzlybärenfell. Tokei-ihto bemerkte, wie der Blick des Gastes an diesem Beutestück hing.
    »Dieser Bär muß ein mächtiges Tier gewesen sein, wie es mir noch nie begegnet ist!« erklärte der Delaware aus seinen Gedanken heraus.
    »Der größte Bär von allen, die auch ich je gesehen habe!« bestätigte der Häuptling. »Ich war ein Knabe, als er in die Nähe unserer Zelte kam, vor zwölf Wintern. Mattotaupa hat ihn erlegt. Er war ein besserer Jäger, als er je wieder gesehen wurde.«
    »Bis auf Tokei-ihto, den Häuptling beim Stamm derDakota.« Der Häuptling lächelte sonderbar.
    »Ich weiß nicht. Noch haben meine Arme keinen Grizzly erwürgt.«
    »Erwürgt?«
    »Ja, erwürgt.« Der Häuptling wiederholte diese Worte und schien sich selbst nicht schlüssig, ob er weitersprechen solle. Chef de Loup wagte es nicht, ihn darum zu bitten, aber er hatte den Kopf gehoben und sah unverwandt nach dem Dakota am Feuer.
    »Ich würde lachen«, bemerkte er, »wenn weiße Männer sagen wollten, daß ein Grizzly erwürgt worden sei. Aber Tokeiihto lügt nicht.«
    »Chef de Loup kennt die Watschitschun auch!« stimmte der Häuptling dem Seitenhieb des Delawaren zu. »Sie lügen gern und viel.«
    »Das tun sie.«
    »Sie lügen und verraten; sie haben meinen Vater betrogen, und ich denke, sie werden ihr Wort brechen und mich in ihrem Fort gefangennehmen, wenn ich dorthin gehe.«
    »Du mußt dich an Samuel Smith halten«, riet der Kundschafter.
    »Ja, er scheint aufrichtig, obwohl er die Dakota haßt. Dem hinterlistigen Roach durchschoß er die Hand.« Der Häuptling sammelte nach der Abschweifung, die eine für ihn sehr wichtige Frage im Vorbeigehen berührt hatte, die Gedanken wieder zu der Erinnerung an die Bärenjagd.
    »Mattotaupa hat

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