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Der Junge mit dem Herz aus Holz

Der Junge mit dem Herz aus Holz

Titel: Der Junge mit dem Herz aus Holz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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nicht rot war, sondern ein Farbton, bei dem jedes andere Rot garantiert knallrot anlaufen würde, weil es sich so schämte, dass es selbst so langweilig aussah. Und die verschiedenen Buchstabenklötze – also, bei manchen hätte man sagen können, sie seien gelb und blau angemalt, aber wenn sie das gehört hätten, wären sie bestimmt sauer geworden und hätten gesagt, dass so einfache Wörter für ihre Farben eine Beleidigung seien.
    Überhaupt war alles sehr seltsam und für Noahs Augen mehr als ungewohnt, aber am allerspektakulärsten waren die Spielsachen an den Wänden.
    Die Marionetten.
    Dutzende von Marionetten. Nein, nicht Dutzende – Hunderte. Vielleicht waren es noch viel mehr, mehr als ein Mensch an einem Tag zählen konnte, selbst wenn er einen der zahlreichen bunten Abakusse aus Holz verwendete, die auf der Theke gleich neben Noah standen. Die Marionetten waren ganz verschieden: verschieden groß, verschieden lang, verschieden dick, verschieden breit, sie hatten verschiedene Farben und Formen, aber alle miteinander waren sie aus Holz geschnitzt und mit so leuchtenden Farben angemalt, dass sie voller Leben und Energie schienen und man das Gefühl hatte, sie könnten jeden Moment tatsächlich lebendig werden.
    Sie sehen gar nicht aus wie Marionetten
, dachte Noah.
Dafür sind sie viel zu echt.
    In langen Reihen hingen sie an den Wänden. Hinten war immer ein Draht angebracht, mit dem sie befestigt waren. Es gab nicht nur Marionetten von Menschen, sondern auch welche von Tieren und Fahrzeugen und von allen möglichen anderen Dingen, mit denen man gar nicht rechnete. Und alle hatten überall Fäden, damit sich die einzelnen Teile bewegen konnten.
    »Wie ungewöhnlich«, murmelte Noah leise. Und er hatte irgendwie das komische Gefühl, dass die Augen der Marionetten jede seiner Bewegungen genau verfolgten und aufpassten, ob er auch nichts in die Hand nahm und kaputtmachte oder ob er mit einem Spielzeug in der Hosentasche davonlaufen wollte, obwohl es ihm gar nicht gehörte.
    Etwas Ähnliches war ihm nämlich vor ein paar Monaten passiert, als seine Mutter ihn mitgenommen hatte zu einem ihrer neuen Überraschungsausflüge. Mit diesen Ausflügen hatte sie angefangen, weil sie angeblich unbedingt noch mehr mit ihm gemeinsam machen wollte, und sie drängte dann immer so, dass Noah richtig verwirrt war. Bei diesem Ausflug nun war eine Packung mit Zauberkarten auf rätselhafte Weise in seine Tasche gewandert, während sie durch den Laden gingen. Wie es passiert war, konnte man nicht sagen, weil Noah sie garantiert nicht klauen wollte. Er konnte sich nicht einmal erinnern, dass er sie im Regal gesehen hatte. Aber als sie aus dem Laden gingen, kam ein ziemlich großer, ziemlich dicker, ziemlich verschwitzter Mann in einer blassblauen Uniform auf sie zu und forderte sie mit todernster Stimme auf, doch bitte mit ihm mitzukommen.
    »Warum?«, fragte Noahs Mutter. »Was ist das Problem?«
    »Madam«, sagte der Hausdetektiv – ein Wort, bei dem Noah sich fragte, ob sie vielleicht plötzlich umgezogen waren und in Frankreich lebten –, »Madam, ich habe Grund zu der Annahme, dass Ihr kleiner Junge vorhatte, mit einem Gegenstand, der nicht bezahlt wurde, den Laden zu verlassen.«
    Noah schaute den Mann mit einer Mischung aus Entrüstung und Verachtung an. Entrüstung, weil er zwar alles Mögliche war – wirklich alles Mögliche –, aber ein Dieb war er nicht. Und Verachtung, weil ihn nichts so ärgerte, wie wenn Erwachsene ihn als kleinen Jungen bezeichneten, vor allem, wenn er direkt vor ihnen stand.
    »Aber das ist doch lächerlich«, erwiderte seine Mutter mit einem empörten Kopfschütteln. »Mein Sohn würde so was nie tun.«
    »Madam – wenn Sie bitte seine Gesäßtasche überprüfen würden«, sagte der Hausdetektiv, und tatsächlich, als Noah die Hand in seine Tasche steckte, stellte er fest, dass die Zauberkarten irgendwie den Weg dorthin gefunden hatten.
    »Also,
ich
habe sie nicht gestohlen«, rief Noah trotzig und starrte verwirrt auf die Karten, weil das Bild vorne auf der Schachtel – das Pik-Ass – ihm vergnügt zublinzelte.
    »Vielleicht kannst du mir erklären, warum du sie dann bei dir hast?«, fragte der Hausdetektiv mit einem Seufzer.
    »Falls Sie Fragen haben, können Sie sie
mir
stellen«, zischte Noahs Mutter. Sie funkelte den Hausdetektiv böse an, und ihre Stimme wurde vor Ärger ziemlich laut. »Mein Sohn würde niemals eine Packung Spielkarten stehlen. Wir haben Dutzende davon zu

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