Der Junge mit den blauen Haaren
ich die Schultern.
„Dan wollte mehr … verstehst du?“ Auweia! Jetzt verstehe ich. „ Und Sandy wollte das nicht“, konstatiere ich und Rheena nickt.
„Tja, aber Miriam wollte …“ Diese Schlampe! „ Aber dass Dan … ähm …“
Mir fehlen die Worte, aber Rheena hat damit keine Probleme.
„Nur mit seinem Schwanz gedacht hat?“ Sie lacht hart auf. „Tun das nicht alle Jungs?“
„Ich weiß es nicht“, gestehe ich, „ich kenne nicht sehr viele.“
Zum Glück ist Rheena zu sehr mit ihren dunklen Erinnerungen beschäftigt und geht nicht auf meine letzten Worte ein. Das letzte, das ich jetzt will, ist, einen Seelenstriptease vor Rheena hinzulegen. Ich bin froh, dass sie mir das gesagt hat, aber noch bin ich nicht bereit, ihr alles von mir zu verraten. Kay ist der Einzige, der so gut wie alles weiß. Nicht alles … „ Was geschah dann?“
Natürlich kann das noch nicht alles gewesen sein. Das ist selbst mit klar.
„Sandy schnitt sich die Pulsadern auf.“
Ich kann den Schreckenslaut nicht unterdrücken und schlage die Hand so fest vor meinen Mund, dass es wehtut.
„Ist sie … ist sie …?“
„Sie konnte gerettet werden“, erlöst mich Rheena, „aber sie war danach nie wieder dieselbe. Ihre Eltern nahmen sie schließlich von Castillian. Soweit ich weiß, ist sie noch immer in psychiatrischer Behandlung.“
„Soweit du weißt? Hast du denn keinen Kontakt mehr zu ihr? Sie ist doch deine beste Freundin.“
Rheena schüttelt ihren Kopf. Ich kann ihren Anblick beinahe nicht mehr ertragen, so sehr verzerrt der Kummer ihr hübsches bleiches Gesicht.
„Sandy wollte nichts mehr zu tun haben mit allem, was sie in irgendeiner Weise an Castillian erinnert. Und dazu gehöre nun mal auch ich.“ Sie sagt es so, als habe sie diese Tatsache akzeptiert, aber ich kaufe es ihr nicht ab.
Rheena ist zutiefst verletzt.
„Ich würde meine beste Freundin niemals verstoßen, auch wenn mir so schlimme Dinge passieren würden. Ich glaube, eine Freundin ist tausendmal besser, als jeder Seelenklempner.“
„Glaubst du?“ Rheena sieht mich mit einem zaghaften Lächeln an.
„Ja“, sage ich fest, „ganz sicher.“
Sie drückt meine Hand.
„Danke, dass du mir das erzählt hast, Rheena“, sage ich.
„Ich musste es einfach, Kim. Ich möchte nicht, dass dir dasselbe passiert.“
„Kay und ich sind nicht zusammen“, wiederhole ich meine Worte vom Beginn unseres Gespräches, „also ist die Gefahr, dass ich etwas Unbesonnenes tue, relativ gering.“
„Unterschätze deine Gefühle nicht, Kim“, rät mir Rheena und ich bin wieder einmal erstaunt über die Weisheit in ihren Worten. „Auch wenn ihr nicht offiziell zusammen seid, sieht selbst ein Blinder, dass ihr euch zueinander hingezogen fühlt. Und für Miriam ist das schon Grund genug, einen Keil zwischen euch zu treiben.“
„Nochmals danke für deine Offenheit“, sage ich und im nächsten Augenblick umarmt mich Rheena ganz fest. Zögernd erwidere ich ihre Umarmung.
Einen Moment lang halten wir uns schweigend fest.
„Ist Dan … also, ist Dan mit Miriam zusammen jetzt?“, frage ich und weiß nicht, ob ich es überhaupt wissen will. Eigentlich scheint er mir kein so übler Typ zu sein.
„Nein“, antwortet Rheena seufzend, „doch seit damals glaubt Dan, Buße tun zu müssen.“
„Was?“ Mein Entsetzen steht mir wohl ins Gesicht geschrieben, denn Rheena nickt traurig.
“Ja“, bestätigt sie nochmals, „Dan gibt sich die Schuld an allem. Und, verdammt nochmal, ist er ja auch der Urheber des ganzen Dramas.“ Rheena wird für einen Moment zornig. Dann beruhigt sie sich wieder. „Aber das heißt noch lange nicht, dass er für jetzt und alle Zeiten für Miriams Boshaftigkeiten den Kopf hinhalten muss, oder?“
Rheena sieht mich zweifelnd an und ich beeile mich, heftig den Kopf zu schütteln.
„Ich glaube“, beantworte ich leise ihre Frage, „also, ich weiß es nicht, da ich ihn ja erst so kurze Zeit kenne, aber ich denke wirklich, er hat genug gelitten, oder?“
„Ja“, gibt Rheena zu, „das hat er wirklich. Und so ein Großkotz, wie er manchmal vorgibt zu sein, ist er gar nicht.“
Aufmerksam betrachte ich das Gesicht des blassen Mädchens, dessen Wangen sich doch tatsächlich blassrosa färben.
„Magst du ihn … also, ich meine …?“
Jetzt lächelt Rheena mich an und schüttelt nachdenklich ihre rabenschwarze Mähne.
„Ich dachte eine Zeit lang, ich würde ihn mehr mögen, wenn du weißt, was ich meine“, kichert sie, „aber ich mag ihn nur so, wie
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