Der Junge mit den blauen Haaren
ich eben … ähm …“ Sie sucht verzweifelt nach einem Namen. „… ja, also, wie ich Greg mag, zum Beispiel.“ Ach ja, Greg ... und was ist mit ... „Und Tiger?“, rutscht mir heraus, bevor ich meinen Lippen Einhalt gebieten kann.
„Ach was soll’s“, lacht Rheena und sieht mich aufrichtig an, „ich bin in Tiger verknallt.“
„Und Tiger?“
Rheena seufzt. „Er mag mich auch. Nein, das ist nicht wahr. Ehrlich gesagt, wir sind zusammen. Also, heimlich. Bitte, verrate es niemandem, ja?“
Oh Gott! Langsam verstehe ich das alles hier.
„Willst du damit etwa andeuten, dass ihr beide alles verheimlicht, damit Miriam nicht auf die Idee kommt …“
Mir fehlt die Luft, um meinen Verdacht weiter in Worte fassen zu können. Doch Rheena nickt.
„Das Aas hat niemals Interesse an Tiger gezeigt, aber ich bin sicher, wenn sie auch nur ahnt, dass er und ich zusammen sind …“
„Ich sage kein Wort. Ehrlich!“
„Ich weiß“, sagt Rheena einfach.
Und ich weiß, dass das tatsächlich so ist.
„Möchtest du meine Freundin sein?“, höre ich mich zu meinem größten Erstaunen fragen.
„Ja, Kim. Schrecklich gerne!“
Ein kleines Lächeln erscheint auf Rheenas Gesicht, als sie meine Frage ohne zu zögern beantwortet. Dann erheben wir uns und nehmen uns erneut fest in die Arme.
17)
M ehr als zwei Wochen sind inzwischen vergangen und ich habe mich ganz gut eingelebt auf Castillian. Denke ich zumindest.
Kay ist nicht mehr meine einzige Anlaufstation, aber immer noch die Wichtigste.
Und er hat mir ein Geschenk gemacht. Eines, das ich selbstverständlich zunächst einmal rundheraus abgelehnt habe: ein Handy!
„Das geht auf gar keinen Fall“, sage ich fest und drücke ihm das knallrote Teil in die Hand, „das kann ich nicht annehmen. No way!“
Wenn mein alter Herr mich nicht an der kurzen Leine hielte, würde ich es Kay ja abkaufen. Aber die paar Dollar, die ich habe, reichen bestimmt nicht aus, um das futuristisch anmutende Gerät auch nur teilweise bezahlen zu können.
„Bitte“, sagt er und seine blauen Augen bohren sich in meine, „wenn du mein Geschenk nicht annimmst, sieh es als Leihgabe.“
Noch immer schüttele ich meinen Kopf.
„Kim“, Kay holt tief Luft, „ich, also …“ Er rauft sich die Haare. „Ich vertraue unserem E-Mail-Verkehr hier nicht“, gibt er schließlich zu, „was, wenn sich hier irgendjemand rein hackt?“
Ich schlucke heftig. Natürlich haben weder Kay noch ich irgendetwas Schlimmes oder Geheimes via E-Mail geschrieben. Aber mir ist klar, was er meint. Einiges davon könnte Fragen aufwerfen, die weitere Fragen nach sich ziehen würden.
Meine Entschlossenheit weicht Unsicherheit.
„Und stell dir vor, wenn Rheena dich um deine Handynummer bittet und du ihr sagen musst, dass du gar kein Handy besitzt“, fährt Kay unerbittlich fort, „denkst du nicht auch, das würde mehr Fragen hervorbringen? Fragen, die du nicht wirklich beantworten willst.“
Kay hat gewonnen! Kein Jugendlicher ist heute noch Handy-los!
„Gut“, sage ich schließlich und gebe mich geschlagen, „aber wirklich nur geliehen!“
Kay hebt zwei Finger seiner rechten Hand. „Ich schwöre“, grinst er und dann beginnt er damit, mir die wichtigste Funktion auf dem Handy zu erklären: Das Tippen von SMS!
Nach einem mehr oder weniger ereignisreichen Tag, Miriam ist verdächtig ruhig, verabschiede ich mich vor meiner Zimmertüre von Kay.
Er sieht mich aufmerksam an.
„Dir geht es besser jetzt, hm?“
„Ja, tut es“, gestehe ich leise.
„Die Gespräche mit Rheena tun dir gut“, stellt er fest.
Widerwillig nicke ich. Ich kann zwar nicht sagen, woran es liegt, aber vielleicht ist es ja die Tatsache, dass sie ein Mädchen ist. Und meine allererste Freundin.
„Hast du ihr …“
„Nein … nein“, antworte ich heftig auf Kays nicht zu Ende gestellte Frage, „das kann ich nicht. Ich kann es nicht erklären, Kay“, stammele ich leise, „aber das, was ich dir erzählt habe, bitte …“
Er nimmt mich in den Arm. „Das bleibt unter uns, Kleines. Ich versprech’s!“
Wortlos gibt er mir zu verstehen, dass auch dies ein Grund ist, weshalb er mir das Handy sozusagen aufgedrängt hat.
Aufatmend lasse ich zu, dass er mich enger an sich zieht. Dann hebt er mein Kinn an und ich sehe ihm in die Augen … diese tiefen Ozeane, die es mir sofort angetan haben.
„Schlaf gut, Kim“, sagt er leise und streichelt mit seinem Daumen über meine plötzlich erhitzte Wange, „träum' was Schönes!“
„Du auch“, stoße ich
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