Der Junge mit den blauen Haaren
Kappe.“
Kay grinst mich an und reckt heimlich einen Daumen in die Höhe.
Ich freue mich, als hätte ich im Lotto gewonnen.
Miss Viola fragt nicht einmal nach dem Grund unserer Verspätung. Sie freut sich aufrichtig, uns zu sehen und bittet Rheena und Tiger, uns mit in die jeweiligen Umkleideräume mitzunehmen und uns alles zu zeigen.
Rheena deutet auf das nachträglich hinzugefügte Fach.
„Hier sind deine Klamotten drin. Du kannst dein Fach abschließen, aber dann wird deine Wäsche auch nicht gewaschen. Da wir aber sowieso nichts von Bedeutung in diesen Fächern unterbringen, lassen wir alle unsere Türen unverriegelt, damit Mrs. Pennyfox ungehindert die Sachen einsammeln kann.“
„Weiß sie denn, wem welche Klamotten gehören?“
„Guck mal rein!“, fordert Rheena mich auf. „Da stehen überall unsere Namen drin.“
Jetzt sehe ich die kleinen Aufkleber mit dem Logo des Internats und meinem Namen darunter.
Ich tue es Rheena gleich und ziehe mich bis auf die Unterwäsche aus, bevor ich in Sporthose und Shirt schlüpfe.
„Süße Dessous.“
„Ähm … öh …“
„Hey“, kichert Rheena, die in einfacher Baumwoll-Unterwäsche vor mir steht, „ich finde die Teile gnadenlos heiß.“
Meine Wangen wohl auch.
„Meine Mom erlaubt mir leider nur diesen einfachen langweiligen Kram“, muffelt sie und ich hoffe, dass sie das Thema einfach fallen lässt, bevor ich ihr erklären müsste, dass ich keine Mom habe, die mir irgendetwas verbieten kann … und dass meine Klamotten, einschließlich meiner Unterwäsche von einer weiblichen Angestellten meines Vaters besorgt werden – auch wenn ich die mir unbekannte Karina für ihren guten Geschmack knutschen könnte.
Diese Offenbarung ginge definitiv über meine Kraft.
„Wo bleibt ihr denn?“, höre ich in diesem Moment Tiger grölen und schlüpfe hektisch in meine Turnschuhe.
„Wir kommen schon“, flötet Rheena und verdreht grinsend ihre Augen.
Gerettet! Du hast was gut bei mir, Tiger!
Mein kurzes Aufatmen endet in dem Augenblick, als ich ihrer ansichtig werde … Miriam!
„Lass dich auf nichts ein!“
Rheena zieht mich einfach mit sich.
„Da seid ihr ja.“ Miss Viola lächelt uns strahlend an und schickt uns dann zum Aufwärmen über die Aschenbahn.
Laufen, oh ja! Beim Laufen kann ich alles um mich herum vergessen.
Zuhause habe ich ein Laufband, aber für meine Zwecke hat es immer gereicht.
Jetzt, an der frischen Luft, schalte ich komplett ab.
Anfangs höre ich noch Rheena neben mir schnaufen, irgendwann höre ich nichts mehr … und dann ist plötzlich Kay neben mir.
„Du bist ganz schön schnell“, sagt er ohne auch nur die geringsten Anzeichen von Atemnot zu zeigen.
Genau wie ich. Ich kann stundenlang laufen, ohne aus der Puste zu kommen … solange es ebenerdig bleibt.
„Wie meinst du das?“, frage ich.
„Na ja, du hast die anderen inzwischen bereits zweimal überrundet.“
„Was?“
Ich bleibe so abrupt stehen, dass Kay, der ein Stückchen hinter mir läuft, prompt in mich hineinrennt.
„Hoppla“, lacht er und hält mich automatisch fest, damit ich nicht schon wieder den Boden küsse.
„Das ist mir gar nicht aufgefallen“, murmele ich, „ich laufe einfach unheimlich gerne. Ich kann dabei abschalten“, gebe ich zu.
Kay nickt verstehend.
„Komm“, sagt er dann, „lass uns weiterlaufen. Da hinten kommt jemand näher, den du sicherlich nicht gerne sehen möchtest.“
Auch ohne mich umzublicken, weiß ich, dass Miriam sich nähert.
Wir setzen uns gemeinsam in Bewegung … und fliehen.
Der Rest des Sportunterrichts vergeht ohne weitere Zwischenfälle, wobei ich den Eindruck habe, dass Miss Viola meinen läuferischen Fähigkeiten sehr viel mehr Interesse zukommen lässt, als ich selbst. Vermutlich täusche ich mich aber auch nur und sehe das alles wieder mal vollkommen falsch.
Schließlich trödele ich nach Unterrichtsende so lange herum, bis ich sicher bin, dass Miriam und die anderen drei Mädels bereits umgezogen sind und die Umkleideräume verlassen haben.
„Sie ist schon weg“, höre ich Rheena und bin wieder erstaunt darüber, dass ich für die meisten hier ein offenes Buch zu sein scheine.
„Hey, das war wirklich nicht schwer zu erraten“, lacht Rheena, die bereits umgezogen ist, „beeil dich, ich warte hier auf dich!“
Ich überlege, ob ich gefahrlos die Gemeinschaftsdusche benutzen soll, oder lieber vor dem Abendessen meine eigene … naja, meine fast-eigene .
„Du kannst ruhig duschen, sie ist wirklich weg“, lacht Rheena und
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