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Der Junge mit den blauen Haaren

Der Junge mit den blauen Haaren

Titel: Der Junge mit den blauen Haaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Loesel
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Vorstellung davon Ekel erregend. „Aber“, fährt sie fort, „mehr ist, auch und ganz besonders im Hinblick auf Ihr jugendliches Alter, nicht gestattet.“
„Aber … wir haben niemals …“
Mrs. McMillan hat gerade vor, einen erneuten Schwall Ungeheuerlichkeiten über uns auszuschütten, als Miss Viola das Wort beansprucht.
„Ophelia … bitte, einen Moment!“ Ophelia??? „ Viola, Liebes, hast du neue Erkenntnisse gewonnen?“ Liebes??? Jetzt drückt meine Miene denselben Ekel aus, den ich zuvor auf Mrs. McMillans Gesicht wahrgenommen habe . Da bin ich mir sicher.
Die Vorstellung, dieser alte Kampfdrache tausche romantische Zärtlichkeiten mit der wunderschönen Miss Viola aus, ist dermaßen grotesk, dass ich für einen Augenblick vergesse, warum ich tatsächlich hier sitze.
Miss Viola wiegt bedächtig ihren Kopf, während sie Kay und mir ein aufmunterndes Augenzwinkern schenkt.
Immerhin bin ich aufgrund dieser Geste wieder im Hier und Jetzt.
„Das habe ich in der Tat, Ophelia“, sagt sie und lächelt die Direktorin an.
„Dürfen wir wissen, wer uns hier in die Pfanne hauen will?“, fragt Kay dazwischen.
Mrs. McMillan schüttelt den Kopf, doch Miss Viola ist anderer Ansicht.
„Es ist euer gutes Recht“, sagt sie und sieht Mrs. McMillan dabei an.
„Lassen Sie mich raten“, sagt Kay wütend, „Miriam.“
Die verschlossene Miene unserer Direktorin spricht Bände.
„Dieses Miststück“, wispere ich.
„Was haben Sie zu den Vorwürfen zu sagen?“, schreit Mrs. McMillan plötzlich und ich zucke zusammen.
„Sie sind schlicht und ergreifend erstunken und erlogen“, brüllt Kay wütend zurück.
„Kay, bitte!“, flüstere ich und drücke seine Hand. Dann wende ich mich an die Direktorin.
„Ich weiß, dass hier Aussage gegen Aussage steht. Um meine, also unsere Unschuld zu beweisen, Mrs. McMillan, bin ich allerdings bereit, mich gynäkologisch untersuchen lassen. Das Ergebnis sollte Kay und mich von den Vorwürfen befreien.“
Woher ich die Kraft nehme, diesen Vorschlag zu unterbreiten, kann ich nur erraten. Immerhin hat diese Sparte der medizinischen Ausbildung etwas sehr Intimes.
Gynäkologen …
Ich zittere, wenn ich an die beiden Male denke, die ich gezwungen war, eine solche Untersuchung anlässlich meines halbjährlichen Check ups über mich ergehen zu lassen.
Aber nichts desto trotz.
Was ist schon mein Unwohlsein gegen den Vorwurf, dessen sich Kay erwehren muss? Meine Gefühle für ihn sind so tief, dass ich es nicht ertragen kann, ihn so zu sehen.
Verletzt … wegen mir!
Kay läuft puterrot an … Mrs. McMillan ebenfalls … Miss Violas Mundwinkel zucken.
„Ich … also, ich denke, das wird nicht nötig sein, Kim.“
Die Direktorin hat ihre Contenance schnell wieder gefunden.
„Nun, denn, Sie können gehen!“, sagt sie und hat es plötzlich sehr eilig, uns loszuwerden.
„Was?“ Kay springt auf. „Das ist jetzt nicht Ihr Ernst, oder? Sie wagen es, uns eine solche Ungeheuerlichkeit zu unterstellen und dann schicken Sie uns auf unser Zimmer wie unmündige Kinder?“
Ich sinke in mich zusammen, während ich einen kurzen Blick auf Miss Viola erhasche. Sie sieht unglaublich stolz aus … stolz auf Kay. Was zur Hölle …? „ Ich glaube Ihnen, was wollen Sie denn noch? Soll ich mich etwa bei Ihnen entschuldigen?“
Mrs. McMillans Stimme wird schrill.
„Nein“, höhnt Kay, „aber wie wäre es, diejenige hier her zu zitieren, die diese Lügen in die Welt gesetzt hat?“
„Bitte nicht!“, wimmere ich und mir wird schlecht.
Sofort kniet Kay vor mir und hebt mein Kinn an. „Kleines“, bittet er, „das Miststück hat dir schon so viel angetan …“
„Wie bitte?“ Jetzt schaltet sich auch Miss Viola wieder in die Unterhaltung ein. „Was genau hat Miriam getan?“
Ich weiß nicht, woher ich die Gewissheit nehme, aber ich bin sicher, Miss Viola weiß sehr genau, was Miriam alles getan hat.
Es sieht so aus, als wolle sie die Gelegenheit nutzen, die sich geradezu aufdrängt, damit auch unsere Direktorin von all den Attacken erfährt.
Kay übernimmt diese Aufgabe nur allzu bereitwillig und lässt nicht die kleinste Kleinigkeit aus.
Angefangen bei der Sache mit dem Schokopudding, über die Juckpulver-Attacke, bis hin zu seinen jetzt niedlich-rosafarbenen Unterhosen.
Ich brauche keinen Spiegel, um zu wissen, dass meine Wangen dieselbe Färbung angenommen haben.
Mrs. McMillan und Miss Viola werfen sich einen langen Blick zu.
„Möchten Sie, dass sie bestraft wird?“
Die Direktorin richtet die

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