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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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nicht an der Rahnock eines Kriegsschiffs baumeln wollen, falls sie uns wieder abfangen«, erwiderte der Amerikaner ruhig. Er hatte einen befehlsgewohnten Ton, anscheinend war er einer der Maate.
    David stand auf. Sie fesselten ihm die Hände auf den Rücken, und er mußte zu den achteren Kammern gehen. Eine Tür wurde geöffnet und mit einem kräftigen Tritt beförderte der Deserteur David in die Kammer.
    David schlug mit dem Schienenbein an einen Holzschemel, stolperte über einen menschlichen Körper und krachte mit der Schulter gegen die Wand. Er stöhnte vor Schmerz und fluchte unterdrückt.
    »Sein Sie das, Massa Winter, Sir?« fragte der Farbige.
    »Ja, Isaak, ich bin es. Wer ist noch hier?«
    Es meldete sich der vierte Mann, ein älterer Matrose, der in Jamaika aus dem Lazarett gekommen war und Tolber hieß.
    »Sie haben mich im Schlaf erwischt, als ich Freiwache hatte. Drei Mann, da hatte ich keine Chance, Sir.«
    »Und wo ist Hansen?« fragte David unruhig.
    »Er liegt hier an der Wand und ist bewußtlos, aber er lebt und, soweit ich mit den Händen auf dem Rücken tasten konnte, hat er keine schwere Verletzung. Sie werden ihn niedergeschlagen haben.«
    So war es, wie sich nach einer halben Stunde herausstellte, als Hansen langsam zu sich kam. Der Deserteur hatte ihn kurz vorher noch vom Ruder angerufen, ob er ein Stück Tabak habe. Als er verneinte, habe er nichts mehr gehört, bis es an einer der Türen klopfte, er sich hinwandte und von hinten einen Schlag auf den Kopf erhielt. Seitdem wisse er nichts mehr.
    »Entweder hat einer der Gefangenen zufällig geklopft«, meinte David, »oder der Kerl hat ein Stück Holz gegen die Tür geworfen, damit du dich umdrehst.«
    Dann hatte der Deserteur die Gefangenen befreit und sich wieder auf die Seite der Rebellen geschlagen.
    David machte sich Vorwürfe, daß er sich schlafen gelegt hatte. Aber das half nun nichts mehr.
    Die Rebellen hatten vergessen, Hansen zu fesseln, und er löste ihre Fesseln. David sagte, sie sollten alle bis auf einen schlafen, damit sie munter seien, wenn sich ihnen eine Chance böte. Er selbst übernähme die erste Wache, Tolber solle ihn nach zwei Stunden ablösen.
    Lärm an Deck weckte David. Es war schon hell. Niemand hatte sich bisher um sie gekümmert.
    Tolber sagte, er habe im Morgengrauen gehört, wie sie auf dem Achterdeck den Rudergänger instruierten, sie wollten sich an der Küste des Golfs von Honduras einige Tage verstecken, bis Shannon und Cerberus nach Jamaika weitergesegelt seien. Dann wollten sie durch die Florida-Straße heimwärts segeln.
    David untersuchte die Kammer, hatte aber wenig Hoffnung, eine Waffe oder ein Werkzeug zu finden, denn seine Leute hatten ja bereits alles durchstöbert. Unter der Koje lagen zwei nagelneue Taue säuberlich aufgeschossen, jedes etwa zwanzig Yard lang. Da hatte wohl der Zweite Maat ein Privatgeschäft vor.
    Hansen meldete, daß er noch sein Bootsmesser habe. Er trage es nicht am Gürtel, sondern in einer am Hosenbein befestigten Lederscheide.
    »Steck es über der Tür in die Wand, so daß es flach anliegt. Dort werden sie am wenigsten suchen. Vielleicht hilft es uns einmal.«
    David hatte wenig Hoffnung, es könne unbemerkt bleiben, daß sie nicht mehr gefesselt waren. Aber sie sollten die Hände auf dem Rücken halten und sehen, was sich ergebe. Und jetzt müsse man wohl an die Tür klopfen, denn wenn man ihnen auch nichts zu essen gebe, auf die Schiffstoilette müßten sie schon noch.
    Aber die Rebellen ließen ihnen keine Chance. Wenn sie die Tür öffneten, standen zwei Mann mit Musketen bereit. Sie hatten nicht nur die Waffen des Enterkommandos, sondern auch ihre eigenen aus der Waffenkiste.
    Das soll mir eine Lehre sein, dachte David. Bei meiner nächsten Prise lasse ich alle überflüssigen Waffen von Bord schaffen oder notfalls ins Wasser werfen. Eigenartigerweise kümmerten sich die Kerle zunächst gar nicht darum, daß sie ungefesselt waren. Sie führten sie zum Bug, damit sie ihre Notdurft verrichten konnten, und stellten ihnen etwas Brot und Wasser in die Kammer.
    Am nächsten Morgen lief der Schoner in eine einsame Küstenbucht ein, in der die Rebellen ihn verstecken wollten. Sie hörten, wie ein Boot zu Wasser gelassen wurde, wie es zurückkehrte und Wasserfässer zum Füllen lud.
    An ihrem Tagesablauf änderte sich nichts. Hin und wieder bekamen sie Brot und Wasser, einmal auch etwas Käse. Zweimal täglich wurden sie zu den Schiffstoiletten am Bug geführt. Die übrige

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