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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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lieb gewesen. Daß die Zeit so unbeschwert nicht war, hatte er vergessen.
    Der nächste Tag war einer der üblichen Arbeitstage, auf die kein Kapitän, kein Erster Leutnant und kein Bootsmannsmaat im Hafen verzichten möchte. Alle Vorräte wurden aufgefüllt, dann folgten die Reparaturen und schließlich das Reinigen und Putzen mit dem Höhepunkt der großen Musterung. Das war auf der Cerberus nicht anders als auf der Shannon.
    Der Schoner hatte Mannschaftsersatz bekommen: drei Seeleute von der Shannon und zwei aus dem Bestand des Hafenkommandanten. Haddington inspizierte Mannschaft und Schiff sorgfältig, konnte aber mit dem, was er sah, zufrieden sein. Am Abend konnten sie alle an Land bis zu Beginn der Hundewache. David hatte keine Lust, kroch in seine Hängematte, wurde wach, als die Landgänger unter Deck stapften, schimpfte und schlief wieder ein.
    Am nächsten Tag lief die Fregatte mit dem Schoner in der Morgenbrise aus. David sah sehnsüchtig zu den schönen Stränden, dehnte sich in der frischen und doch nicht kalten Luft und wandte seine Gedanken dem Dienst zu. Die See hatte sie wieder. Und das schien unverzichtbar auf jeden Hafenaufenthalt zu folgen: Geschütz- und Segeldrill, bis alle schweißnaß und erschöpft waren.
    Haddington war mit der Zielgenauigkeit der Backbordbatterie noch nicht zufrieden und ließ Scharfschießen auf treibende Kisten üben. Als die Nacht wieder fast übergangslos hereinbrach, lag die Nordspitze der Andros Insel achteraus, und sie segelten in die Florida-Straße.
    Die beiden mittleren Februarwochen waren für ihre Prisenkasse so ertragreich wie niemals zwei Wochen zuvor. Viele amerikanische Schiffe hatten sich in Matanzas, Havanna und anderen kubanischen Häfen mit spanischen Waren eingedeckt und wollten nun auf dem kürzesten, wenn auch wegen der Florida-Riffs nicht leichtesten Weg zu den Heimathäfen gelangen.
    Shannon und Cerberus trieben sich täglich ein bis zwei Prisen zu. Von kleineren und wertlosen Schiffen ließ Brisbane die Ladung, wenn sie wertvoll war, auf die größeren umladen und schickte Konvois von drei bis vier Prisen nach Kingston.
    Die Besatzungen der Handelsschiffe wurden zum Teil in ihren Beibooten an die Küste geschickt, zum Teil mußten sie helfen, die Prisen zu segeln. Nutzlose Schiffe wurden versenkt.
    So willkommen Brisbane einerseits die Prisen waren, so schwierig wurde es andererseits für ihn, die Prisenbesatzungen zusammenzustellen. Auf einer der drei oder vier Prisen wurden meist Bewaffnung und Besatzung konzentriert, und die anderen mußten in Lee segeln, um bei einem Befreiungsversuch unter Kontrolle zu sein. Und nur der Kommandant der einen Prise konnte navigieren und den Konvoi durch die Yukatan-Straße nach Jamaika führen.
    Aber selbst unter diesen Bedingungen hatte die Shannon Ende der zweiten Woche neunzig Mann fortgeschickt, und auch die Cerberus hatte Mr. Hamond und zwei Mann opfern müssen.
    In der Yukatan-Straße hielt die Cerberus eine Brigg an, und David mußte mit fünf Mann hinüberpullen. Alle waren am Abend wie ausgedörrt. Die Brigg war aus Rhode Island und hatte Zucker und Rum geladen. David befahl zwei Mann, unter Deck alles zu untersuchen, während er die Papiere durchsah und ein anderer Matrose die Besatzung an Deck kontrollierte.
    Im Vordeck hörte David nach einer Weile einen Schrei und Gepolter. Er lief nach vorn, die Pistole in der linken, das Entermesser in der rechten Hand. Die Tür des Backbord-Laderaums stand offen, hinter ihr lag ein Matrose mit gespaltenem Schädel.
    »Was ist hier los?« rief David.
    Im Laderaum stand der Deserteur, nahm noch einen großen Schluck aus der Rumflasche, die er an den Mund gesetzt hatte, und antwortete: »Der hatte sich hier versteckt, da hab' ich ihn erledigt.«
    Der andere Matrose von der Cerberus setzte seine Rumflasche nicht mal ab.
    »Du hast mich mit ›Sir‹ anzureden, Kerl«, sagte David so energisch, wie er konnte. »Stellt sofort die Rumflaschen weg und geht an Deck!«
    Der Deserteur grinste verächtlich und setzte die Flasche wieder an den Hals. David trat einen Schritt vor und schlug sie ihm mit dem Entermesser aus den Händen. Sofort trat er wieder zurück und nahm die Pistole in die rechte Hand.
    Der Deserteur duckte sich und griff nach seinem Entermesser. »Könnte ja sein, daß der Rebell Sie hier erschlagen hat und wir ihn töten mußten.«
    Auch der andere griff nach seinem Entermesser.
    »Versucht es nur.« David bemühte sich, ganz ruhig und bestimmt zu

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