Der junge Seewolf
in den Strom einliefen, litten die Infanteristen sehr unter Seekrankheit. Im Strom spürten sie dann die Kälte um so mehr. Wenn das Deck einmal frei war von Regen-, Schnee- oder Graupelschauern, dann trieben die Sergeanten die Truppe an Deck und übten mit ihr Ladedrill und Griffe.
Ein junger Leutnant hatte sich mit David etwas angefreundet und führte ihn in die Kunst des Florettfechtens ein.
»Aber Jonathan«, hatte David nach kurzer Zeit gesagt, »was soll ich mit diesen kunstvollen Stellungen und Volten. Wenn es zum Enterkampf kommt, gibt es bei uns nur Hieb und Stich, so schnell und so kräftig wie möglich.«
»Lieber David«, belehrte ihn sein Freund, »bevor du Admiral wirst, könntest du ja einmal ein Duell mit dem Degen ausfechten müssen. Spaß beiseite, glaube nur nicht, daß ich im Nahkampf herumhopse wie ein florentinischer Fechtmeister. Aber je besser du alle Möglichkeiten von Säbel, Degen, Florett kennst, desto geschulter sind Hand und Auge, und du kannst auch im groben Kampf geschickter reagieren.«
David ließ sich überzeugen und übte, wenn das Wetter es erlaubte. Oft genug rief ihn Leutnant Finchams mürrische Stimme weg zu irgendwelchen Arbeiten.
Sie passierten die Insel Verte, sandten einige Tage später bei Kamouraska ein Boot an Land und erfuhren, daß die Isis, ein Fünfzig-Kanonen-Schiff, die Fregatte Surprise und die Sloop Martin zwei Tage vor ihnen den Fluß hinauf gesegelt wären. Sofort setzten sie die mühselige Fahrt fort.
Immer erbitterter wurde der Kampf mit treibenden Eisschollen und widrigen Winden. Manchen Tag mußten sie Eis von Rahen und Blöcken abschlagen, um segeln zu können.
Aber am 8. Mai lief die Niger mit ihren drei Transportern nach schwieriger Durchfahrt durch die Traverse in den Hafen von Quebec ein. Die Bastionen, Isis und die anderen Schiffe erwiderten ihren Salut. Die Stadt war beflaggt und im Freudentaumel. Vor zwei Tagen war die Belagerung durchbrochen worden.
David beobachtete die Ausschiffung der Truppen und sah hinauf zu den Höhen über der Stadt, die der legendäre General Wolfe vor sechzehn Jahren um den Preis seines Lebens den Franzosen entrissen hatte. Wieder dröhnte Salut, und David sah zu seinem Erstaunen, wie ein mächtiger Ostindiensegler in den Hafen einlief. Leutnant Pringle brachte die Lord Howe mit Nachschub aus England. Die Stadt war geschäftig wie ein Bienenstock. Die Soldaten, kaum ausgeschifft, wurden Richtung Montreal in Marsch gesetzt. Und dann folgte auch schon der Befehl für die Abteilung der Shannon, sich bei Leutnant William Twiss in Drummonds Werft zu melden.
Twiss war ein energischer Ingenieuroffizier, der Mr. Hamond ihre Aufgaben erklärte.
»Mit den bereits gelandeten und den angekündigten Verstärkungen müssen wir Montreal zurückerobern und die Rebellen aus Kanada verjagen. Der Transportweg für die Armee ist der Sankt-Lorenz-Strom. Surprise und Martin sind bereits flußaufwärts unterwegs, um Rebellenschiffe zu verjagen oder an den Ufern flüchtende Truppen zu beschießen. Das Eis wird die Fahrt der beiden Schiffe in den nächsten Wochen noch behindern. Für den Armeetransport ergibt sich durch die Stromschnellen vor Trois Rivières ein großes Problem. Die Schiffe können die Untiefen nur überwinden, wenn sie entladen sind. Truppen und Material müssen also am Ufer in Richtung auf Trois Rivières transportiert werden. Auf dieser Strecke münden Nebenflüsse in den Sankt Lorenz. Die Brücken werden die Rebellen zerstört haben. Wir müssen dafür sorgen, daß die Truppen übersetzen und ihrerseits die Fahrt der Schiffe über die Untiefen sichern können. Das Übersetzen kann mit Flößen und Seilzügen oder mit Prähmen geschehen. Sie werden an einem Fluß alles dafür vorbereiten. In drei Tagen gehen wir mit anderen Abteilungen flußaufwärts. Sie erhalten ein Langboot und einen Flußfrachter und müssen sich von der Werft alles geben lassen, was man braucht, um Prähme und Fähren zu bauen. Wenn Sie Zeit zum Schlafen finden, ist für sie in den Georgs-Baracken in der Nähe Platz. Mich finden Sie immer hier.« Und schon wandte sich Twiss dem nächsten Problem zu.
Hamond beriet sich mit David, und sie kamen überein, daß Hansen mit drei Mann die zugewiesenen Boote inspizieren, aufklaren und Mängel feststellen sollte. Sie würden mit den Handwerkern Listen des Materials anfertigen, das sie für die Aufgaben brauchten.
Sie kamen tatsächlich kaum zum Schlafen. Um das Handwerkszeug zu erhalten, mußten sie
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