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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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wesentlich reservierter als in New York, aber sie war nicht so eingeschüchtert oder offen feindselig wie in Boston. Dazu war wohl auch die britische Position mit 7.000 Mann und einer Flotte, die die Insel von allen Seiten beherrschte, zu stark.
    Am 15. Dezember 1776 lief die Albion mit dem Konvoi nach New York aus. Diesmal übernahm Kapitän Butterdish das Auslaufmanöver, und alles klappte befriedigend, wenn natürlich auch längst nicht so gut wie auf der Shannon, wie David registrierte.
    New York empfing sie unverändert. Die Straßen waren eher noch belebter. Neben den britischen und hessischen Uniformen waren jetzt auch die bunten Röcke amerikanischer Freiwilligenregimenter zu sehen, die King's American, die New York Volunteers, das Loyal American Regiment, DeLancey's Brigade und andere.
    Viele Loyalisten waren aus umliegenden Provinzen nach New York geströmt und unterzeichneten eine ›Erklärung der untrennbaren Verbindung zum Mutterland‹ und andere Dokumente ihrer Treue zum König, die Gouverneur William Tyron eifrig sammelte. Allenthalben hörte David Äußerungen der Hoffnung, daß die Rebellion im nächsten Jahr niedergeworfen werde.
    Lord Battesham stürzte sich voll in das gesellschaftliche Leben. Mit den jüngeren Leutnants und einigen Midshipmen besuchte er die ›Fencing and Dancing Academy‹ in der Little Dock Street und ließ sich die Modetänze der Saison, Kotillon und französische Volkstänze, vorführen.
    David wurde an die Tänze mit Susan erinnert und sehnte sich nach einem Brief. Seine Lordschaft wollte gleich Kurse für alle arrangieren, aber David bat um Dispens, da er intensiv für das Examen als Steuermannsmaat lernen müsse. Er erwarte es um den 21. Dezember.
    Der Tag des Examens rückte für David viel zu schnell heran. Er fühlte sich unzulänglich vorbereitet, aber Mr. Patton sprach ihm Mut zu, es sei ja kein Examen als Master. In seiner guten Uniform meldete sich David auf dem Flaggschiff, wo sechs andere Kandidaten ebenfalls warteten.
    Die Prüfungen dauerten jeweils etwa eine halbe Stunde, und von den ersten drei Kandidaten war einer durchgefallen. David kam als vierter dran, betrat die Kammer des Masters voller Aufregung, wurde dann aber ruhiger, als er zunächst über seine Dienstzeiten und Fahrten berichten mußte.
    Der Master des Flaggschiffs war ein schmaler, kleiner Mann, der die Haare im alten Stil weißgepudert, gelockt und mit dem Nackenzopf trug. Er brummte anerkennend bei Erwähnung der Shannon, war interessiert an den Segeleigenschaften des Schoners Cerberus und den navigatorischen Problemen der Delaware Bay, hatte auch über David in der Royal Gazette gelesen und ein Gespräch mit Mr. Patton geführt.
    Es war eine überaus wohlwollende Prüfung. Nachdem David die Funktionsweise des Sextanten erläutert, die Messung des Abstandes zu anderen Schiffen beschrieben und die Bedeutung der Trimmung für die Segeleigenschaften eines Schiffes erklärt hatte, gratulierte ihm der Master zum bestandenen Examen.
    Bevor sich David bedanken konnte, klopfte es an der Tür, und ein Zivilist betrat nach Aufforderung die Kammer, grüßte und übergab einen versiegelten Umschlag. David sah ihn verdutzt an, denn das war einer der Männer aus dem Wirtshaus. Der Stimme nach war es der, der nach der Nachrichtenübermittlung gefragt hatte.
    »Danke, Mr. Leather«, sagte der Master und unterschrieb eine Empfangsbestätigung.
    Als der Mann verschwunden war, fragte der Master David: »Warum starren Sie so verwundert? Haben Sie nicht geglaubt, daß Sie bestehen würden?«
    David faßte sich: »Ich habe es sehr gehofft, Sir, und danke ergebenst für Ihre Nachsicht. Ich war nur einen Augenblick verwundert, weil mir der Herr so bekannt erschien.«
    »Das kann schon sein«, erwiderte der Master, »Mr. Leather ist Schreiber im Stab des Admirals.«
    Lord Battesham schien alles, was Schiff und Besatzung an Positivem widerfuhr, seiner Wirksamkeit zuzuschreiben und als Anlaß für eine Einladung zu sehen. Davids Examen als Steuermannsmaat sollte mit einem Besuch im Royal Theatre gefeiert werden, das gerade heute eine Veranstaltung zugunsten geflohener Loyalisten gab. Mr. Patton, der Master, sollte nicht übergangen werden, der Leutnant der Seesoldaten und der Dritte Offizier wurden ebenfalls eingeladen.
    Das Theater in der John Street erweckte von außen eher den Eindruck eines Schuppens, war innen aber festlich erleuchtet und ausgestattet. Man spielte zwei Stücke nacheinander, und zwischen den Akten

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