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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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krampfhaft, sich gegenseitig mit Scherzen aufzuheitern. Henry vergaß den Schmerz am schnellsten und forderte David auf, ihm ja einen Mohrenturban oder einen Negerspeer mitzubringen, wenn er in Afrika sei.
    Ein schneller Besuch noch in der Schule, Mr. Potters ernste Wünsche und Ermahnungen, Bills Umarmung – wie ich dich beneide! – die ihm etwas Mut machte, und Mr. Bells Abschiedsgeschenk, eine kunstvoll kopierte Karte der westafrikanischen Küste.
    Später war er dankbar, daß alles in dieser rasenden Hetze ablief, die den Abschiedsschmerz hinderte, ihn zu überwältigen. John wuchtete die Seekiste auf die Kutsche, die Kinder, Tante Sally, die Dienstboten drängten sich in seine Umarmungen, Tränen benetzten seine Wangen, bis der Onkel ihn zur Kutsche führte. Noch einmal rumpelten sie durch die engen Straßen der Stadt nach Sally Port.
    »David, ich weiß, du wirst ein guter Seemann und Offizier werden«, munterte ihn der Onkel auf. »Wir haben großes Zutrauen, daß du mit allem fertig wirst, auch wenn es zu Anfang etwas ungewohnt und schwer ist. Denk an deinen Vater, wieviel Erfolg er in seinem Leben hatte, denk an deine Mutter, die dich so liebte. Und vergiß auch uns nicht. Und vor allem: Bleib dir selbst treu!«
    Was immer der Onkel noch sagen wollte, der Wagen hielt an der Anlegestelle, und unter den Bootsführern, die sich dienstfertig zur Kutsche bewegten, erkannte Mr. Barwell einen alten Bekannten, den er heranwinkte.
    »Bring den jungen Herrn und seine Seekiste gut zur Shannon, Jonathan. Ich zahle die Fahrt, und erleichtere mir den Jungen nicht noch um Trinkgeld.«
    »Wird alles besorgt, gnädiger Herr.« Jonathan griff die Kiste wie eine Hutschachtel und stapfte zum Boot voraus.
    David und der Onkel folgten und trennten sich mit einer letzten Umarmung.
    Der Bootsführer pullte die Jolle vom Anlegeplatz frei und setzte dann das Segel, mit dem der frische Südwestwind sie nach Spithead führte. David winkte dem Onkel, bis dessen Gesicht mit der Menge verschmolz. Er blickte zurück, sah den Runden Turm, sah Southsea Castle, die hinter ihnen zurückblieben. Und vor ihnen wuchsen Masten und Rümpfe der Kriegsschiffe empor, die hier auf Reede lagen.
    »Dort die zweite von Backbord ist die Shannon, ein feines Schiff!«
    David fixierte das Schiff, das nun seine Heimat werden sollte. Es lag graziös und doch kraftvoll auf dem Wasser. Sie näherten sich schnell.
    »Ich geb' die Seekiste zur Fallreepspforte herein, junger Herr. Und fragen Sie, ob Sie an Bord kommen dürfen. Das macht einen guten Eindruck für einen Anfänger.«
    Jonathan holte das Segel ein, legte das Ruder herum und brachte sie ans Fallreep. Von der Bordwand starrten neugierige Gesichter herunter. David griff krampfhaft nach den Tauen und sprang auf die hölzernen Stufen. Schnell stieg er hoch, bevor die Wellen ihn durchnässen konnten.
    Als sein Gesicht über die Bordwand ragte und er eine Gestalt mit Dreispitz, weißem Revers und Manschetten sah, fiel ihm die alte Formel ein: »Bitte an Bord kommen zu dürfen, Sir.«

Konvoi nach Gibraltar
    In der Kajüte des Kapitäns blieb David wenig Zeit zum Umherschauen. Der Kapitän war vor dem Auslaufen in Zeitnot, um all die Papiere zu unterzeichnen, die mit dem Boot des Hafenadmirals an Land mußten.
    Er schaute kurz auf, beauftragte seinen Schreiber: »Bitten Sie Mr. Grant zu mir!« Dann wandte er sich zu David: »Sind alle Ihre Sachen an Bord?« Als David nickte, erfolgte die erste Belehrung: »Wenn Sie einem Vorgesetzten an Bord mit Ja antworten wollen, dann richten Sie sich auf und sagen laut und deutlich: ›Aye, aye, Sir.‹ Befolgen Sie die Befehle, die Ihnen gegeben werden, und Sie werden hilfsbereite Vorgesetzte finden. Verstanden?«
    »Aye, aye, Sir.«
    Der Kapitän wandte sich schon einem eintretenden Offizier zu: »Ah, Mr. Grant. Das ist David Winter, unser neuer Junger Gentleman. Bitte veranlassen Sie, daß er und seine Sachen ins Cockpit gebracht werden. Wen schlagen Sie zur Einweisung für die erste Woche vor?«
    »Mr. Haddington, Sir.«
    »Einverstanden! Bitte tragen Sie Mr. Winter in die Schiffsrolle ein, eingestuft als Boy. Nach einer Woche weisen Sie ihm dann die Stationen zu, die Ihnen passend erscheinen.«
    »Aye, aye, Sir.«
    Der Kapitän machte eine Handbewegung, die Dank und Entlassung bedeuten konnte, und David folgte Mr. Grant aus der Kabine.
    Der Erste Offizier war ein schmaler, hagerer Mann, dessen dunkle Augen immer auf der Suche nach irgendwelcher Unordnung an Deck zu

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